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Jeremias Gotthelf Spinne - GIGERs.COM

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Die schwarze <strong>Spinne</strong><br />

te auch von Leuten, die, als der Stein nichts half, mit der Hand sie<br />

zu erdrücken versuchten, allein vergeblich. Ein grässlicher Glut-<br />

strom, der durch Hand und Arm zuckte, tilgte jede Kraft und brachte<br />

den Tod ins Herz. Es kam ihr auch vor, zu erdrücken vermöchte sie<br />

die <strong>Spinne</strong> nicht, aber sie erfassen dürfte sie wohl, und soviel Kraft<br />

würde ihr Gott verleihen, dieselbe irgendwohin zu tun, sie unschäd-<br />

lich zu machen. Sie hatte schon oft gehört, wie kundige Männer<br />

Geister eingesperrt hätten in ein Loch in Felsen oder Holz, welches<br />

sie mit einem Nagel zugeschlagen, und solange den Nagel niemand<br />

ausziehe, müsse der Geist gebannt im Loche sein.<br />

Gleiches zu versuchen, drängte der Geist sie immer mehr. Sie bohr-<br />

te ein Loch in das Bystal (Fensterpfosten), das ihr am nächsten lag<br />

zur rechten Hand, wenn sie bei der Wiege sass, rüstete einen Zap-<br />

fen, der scharf ins Loch passte, weihte ihn mit geheiligtem Wasser,<br />

legte einen Hammer zurecht und betete nun Tag und Nacht zu Gott<br />

um Kraft zur Tat. Aber manchmal war das Fleisch stärker als der<br />

Geist, und schwerer Schlaf drückte ihr die Augen zu, dann sah sie<br />

im Traume die <strong>Spinne</strong>, glotzend auf ihres Bübchens goldenen Lo-<br />

cken, dann fuhr sie aus dem Traume, fuhr nach des Bübchens Lo-<br />

cken. Dort war aber keine <strong>Spinne</strong>, ein Lächeln sass auf seinem Ge-<br />

sichtchen, wie Kindlein lächeln, wenn sie ihren Engel im Traume se-<br />

hen; der Mutter aber glitzerten in allen Ecken der <strong>Spinne</strong> giftige Au-<br />

gen, und auf lange wich der Schlaf von ihr.<br />

So hatte sie auch einmal nach strengem Wachen der Schlaf über-<br />

wältigt, und dicht umnachtete er sie. Da war es ihr, als stürze der<br />

fromme Priester, der in der Rettung ihres Kindleins gestorben, her-<br />

bei aus weiten Räumen und rufe aus der Ferne her: „Weib, wache<br />

auf, der Feind ist da!“ Dreimal rief er so, und erst beim dritten Mal<br />

rang sie sich los aus des Schlafes engen Banden; aber wie sie die<br />

schweren Augenlider mühsam hob, sah sie langsam, giftgeschwollen<br />

die <strong>Spinne</strong> schreiten übers Bettlein hinauf, dem Gesichte ihres Büb-<br />

chens zu. Da dachte sie an Gott und griff mit rascher Hand die Spin-<br />

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