11.02.2013 Aufrufe

Jeremias Gotthelf Spinne - GIGERs.COM

Jeremias Gotthelf Spinne - GIGERs.COM

Jeremias Gotthelf Spinne - GIGERs.COM

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Die schwarze <strong>Spinne</strong><br />

frei, lose klirrte in der Scheide der Dolch. Wie der Falke die geblen-<br />

deten Augen zum Ritter kehrte, seines Winkes gewärtig, prallte er<br />

ab der Faust und schoss in die Luft, die hergesprungenen Hunde<br />

heulten auf und suchten mit dem Schweife zwischen den Beinen das<br />

Weite. Vergebens ritt und rief der Ritter, seine Tiere sah er nicht<br />

wieder. Da ritt er den Menschen zu, wollte Kunde einziehen, sie<br />

stunden ihm, bis er nahekam. Da schrien sie grässlich auf und flo-<br />

hen in Wald und Schlucht, denn auf des Ritters Helm sass schwarz,<br />

in übernatürlicher Grösse die <strong>Spinne</strong> und glotzte giftig und schaden-<br />

froh ins Land. Was er suchte, das trug der Ritter und wusste es<br />

nicht; in glühendem Zorne rief und ritt er den Menschen nach, rief<br />

immer wütender, ritt immer toller, brüllte immer entsetzlicher, bis<br />

er und sein Ross über eine Fluh hinab zu Tale stürzten. Dort fand<br />

man Helm und Leib, und durch den Helm hindurch hatten die Füsse<br />

der <strong>Spinne</strong> sich gebrannt, dem Ritter bis ins Gehirn hinein, den<br />

schrecklichsten Brand ihm dort entzündet, bis er den Tod gefunden.<br />

Da kehrte der Schreck erst recht ein ins Schloss; sie schlossen sich<br />

ein und fühlten sich doch nicht sicher; sie suchten nach geistigen<br />

Waffen, fanden aber lange niemand, der sie zu führen wusste und<br />

zu führen wagte. Endlich liess sich ein ferner Pfaffe locken mit Geld<br />

und Wort; er kam und wollte ausziehen mit heiligem Wasser und<br />

heiligen Sprüchen gegen den bösen Feind. Dazu aber stärkte er sich<br />

nicht mit Gebet und Fasten, sondern er tafelte des Morgens früh mit<br />

den Rittern und zählte die Becher nicht und lebte wohl an Hirsch und<br />

Bär. Dazwischen redete er viel von seinen geistigen Heldentaten und<br />

die Ritter von ihren weltlichen, und die Becher zählte man sich nicht<br />

nach, und die <strong>Spinne</strong> vergass man. Da löschte auf einmal alles Le-<br />

ben aus, die Hände hielten erstarrt Becher oder Gabel, der Mund<br />

blieb offen, stier waren alle Augen auf einen Punkt gerichtet, nur der<br />

von Stoffeln trank den Becher leer und erzählte an einer Heldentat<br />

im Heidenlande. Aber auf seinem Kopfe sass gross die <strong>Spinne</strong> und<br />

glotzte um den Rittertisch, aber der Ritter fühlte sie nicht. Da be-<br />

gann die Glut zu strömen durch Gehirn und Blut, grässlich schrie er<br />

65

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!