Jeremias Gotthelf Spinne - GIGERs.COM
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Die schwarze <strong>Spinne</strong><br />
schen im Gesicht, unversehrt kroch sie an ihn heran. Flucht, Wider-<br />
stand, alles war eitel. Da ging alles Hoffen aus, und Verzweiflung<br />
füllte das Tal, sass auf den Bergen.<br />
Ein einziges Haus hatte das Untier bis dahin verschont und war nie<br />
in demselben erschienen; es war das Haus, in welchem Christine<br />
gewohnt, aus welchem sie das Kindlein geraubet. Ihren eigenen<br />
Mann hatte sie auf einsamer Weide angefallen, dort fand man seinen<br />
Leichnam grässlich zugerichtet wie keinen andern, seine Züge zer-<br />
rissen in unaussprechlichem Schmerze; an ihm hatte sie ihren<br />
grässlichsten Zorn ausgelassen, das grässlichste Wiedersehn dem<br />
Ehemanne bereitet. Aber wie es zuging, hat niemand gesehen.<br />
Zum Hause war sie noch nicht gekommen; ob sie es bis zuletzt spa-<br />
ren wollte, oder ob sie sich scheute davor, das erriet man nicht. A-<br />
ber nicht weniger als an andern Orten war die Angst eingekehrt.<br />
Das fromme Weibchen war genesen, und es zagte nicht für sich, a-<br />
ber fast sehr um sein treues Bübchen und dessen Schwesterchen<br />
und wachte über sie Tag und Nacht, und die treue Grossmutter teilte<br />
seine Sorgen und Wachen. Und gemeinsam beteten sie zu Gott,<br />
dass er ihnen ihre Augen offen halten möchte zur Wache, dass er sie<br />
erleuchten und stärken möchte zur Rettung der unschuldigen Kind-<br />
lein.<br />
Oft war es ihnen, wenn sie so wachten lange Nächte durch, als sä-<br />
hen sie die <strong>Spinne</strong> glimmen und glitzern in dunkelm Winkel, als<br />
glotze sie zum Fenster herein; dann ward ihre Angst gross, denn sie<br />
wussten keinen Rat, wie vor der <strong>Spinne</strong> die Kindlein schützen, und<br />
um so brünstiger baten sie Gott um seinen Rat und Beistand. Sie<br />
hatten allerlei Waffen zur Hand gelegt, aber wie sie hörten, dass der<br />
Stein seine Schwere, das Beil seine Schärfe verliere, sie wieder bei-<br />
seitegelegt. Da kam es der Mutter immer deutlicher vor, immer le-<br />
bendiger in den Sinn: wenn jemand es wagen würde, die <strong>Spinne</strong> mit<br />
der Hand zu fassen, so vermöchte man sie zu überwältigen. Sie hör-<br />
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