11.02.2013 Aufrufe

Jeremias Gotthelf Spinne - GIGERs.COM

Jeremias Gotthelf Spinne - GIGERs.COM

Jeremias Gotthelf Spinne - GIGERs.COM

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Die schwarze <strong>Spinne</strong><br />

schen im Gesicht, unversehrt kroch sie an ihn heran. Flucht, Wider-<br />

stand, alles war eitel. Da ging alles Hoffen aus, und Verzweiflung<br />

füllte das Tal, sass auf den Bergen.<br />

Ein einziges Haus hatte das Untier bis dahin verschont und war nie<br />

in demselben erschienen; es war das Haus, in welchem Christine<br />

gewohnt, aus welchem sie das Kindlein geraubet. Ihren eigenen<br />

Mann hatte sie auf einsamer Weide angefallen, dort fand man seinen<br />

Leichnam grässlich zugerichtet wie keinen andern, seine Züge zer-<br />

rissen in unaussprechlichem Schmerze; an ihm hatte sie ihren<br />

grässlichsten Zorn ausgelassen, das grässlichste Wiedersehn dem<br />

Ehemanne bereitet. Aber wie es zuging, hat niemand gesehen.<br />

Zum Hause war sie noch nicht gekommen; ob sie es bis zuletzt spa-<br />

ren wollte, oder ob sie sich scheute davor, das erriet man nicht. A-<br />

ber nicht weniger als an andern Orten war die Angst eingekehrt.<br />

Das fromme Weibchen war genesen, und es zagte nicht für sich, a-<br />

ber fast sehr um sein treues Bübchen und dessen Schwesterchen<br />

und wachte über sie Tag und Nacht, und die treue Grossmutter teilte<br />

seine Sorgen und Wachen. Und gemeinsam beteten sie zu Gott,<br />

dass er ihnen ihre Augen offen halten möchte zur Wache, dass er sie<br />

erleuchten und stärken möchte zur Rettung der unschuldigen Kind-<br />

lein.<br />

Oft war es ihnen, wenn sie so wachten lange Nächte durch, als sä-<br />

hen sie die <strong>Spinne</strong> glimmen und glitzern in dunkelm Winkel, als<br />

glotze sie zum Fenster herein; dann ward ihre Angst gross, denn sie<br />

wussten keinen Rat, wie vor der <strong>Spinne</strong> die Kindlein schützen, und<br />

um so brünstiger baten sie Gott um seinen Rat und Beistand. Sie<br />

hatten allerlei Waffen zur Hand gelegt, aber wie sie hörten, dass der<br />

Stein seine Schwere, das Beil seine Schärfe verliere, sie wieder bei-<br />

seitegelegt. Da kam es der Mutter immer deutlicher vor, immer le-<br />

bendiger in den Sinn: wenn jemand es wagen würde, die <strong>Spinne</strong> mit<br />

der Hand zu fassen, so vermöchte man sie zu überwältigen. Sie hör-<br />

67

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!