11.02.2013 Aufrufe

Jeremias Gotthelf Spinne - GIGERs.COM

Jeremias Gotthelf Spinne - GIGERs.COM

Jeremias Gotthelf Spinne - GIGERs.COM

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Die schwarze <strong>Spinne</strong><br />

die Ritter bauten, so bauten jetzt sie, und, wie früher die Ritter sie<br />

plagten, so schonten sie jetzt weder Gesinde noch Vieh, wenn der<br />

Bauteufel über sie kam. Dieser Wandel war auch über dieses Haus<br />

gekommen, während der alte Reichtum geblieben war.<br />

Fast zweihundert Jahre waren verflossen, seit die <strong>Spinne</strong> im Loche<br />

gefangen sass, da war ein schlau und kräftig Weib hier Meister, sie<br />

war keine Lindauerin, aber doch glich sie Christine in vielen Stücken.<br />

Sie war auch aus der Fremde, der Hoffart, dem Hochmute ergeben,<br />

und hatte einen einzigen Sohn; der Mann war unter ihrer Meister-<br />

schaft gestorben. Dieser Sohn war ein schöner Bube, hatte ein gutes<br />

Gemüt und war freundlich mit Mensch und Vieh; sie hatte ihn auch<br />

gar lieb, aber sie liess es ihn nicht merken. Sie meisterte ihn jeden<br />

Schritt und Tritt, und keiner war ihr recht, den sie ihm nicht erlaubt,<br />

und längst war er erwachsen und durfte nicht zur Kameradschaft<br />

und an keine Kilbi ohne der Mutter Begleit. Als sie ihn endlich alt<br />

genug glaubte, gab sie ihm ein Weib aus ihrer Verwandtschaft, eins<br />

nach ihrem Sinn. Jetzt hatte er zwei Meister statt nur einen, und<br />

beide waren gleich hoffärtig und hochmütig, und weil sie es waren,<br />

so sollte auch Christen es sein, und wenn er freundlich war und de-<br />

mütig, wie es ihm so wohl anstund, so erfuhr er, wer Meister war.<br />

Schon lange war das alte Haus ihnen ein Dorn im Auge, und sie<br />

schämten sich seiner, da die Nachbaren neue Häuser hatten und<br />

doch kaum so reich als sie waren. Die Sage von der <strong>Spinne</strong>, und<br />

was die Grossmutter gesagt, war damals noch in jedermanns Ge-<br />

dächtnis, sonst wäre das alte Haus längst schon eingerissen worden,<br />

aber alle wehrten es ihnen. Sie nahmen aber dieses Wehren immer<br />

mehr für Neid, der ihnen kein neues Haus gönne. Zudem ward es<br />

ihnen immer unheimeliger im alten Hause. Wenn sie hier am Tische<br />

sassen, so war es ihnen, entweder als schnurre hinter ihnen behag-<br />

lich die Katze, oder als ginge leise das Loch auf, und die <strong>Spinne</strong> ziele<br />

nach ihrem Nacken. Ihnen fehlte der Sinn, der das Loch vermachte,<br />

darum fürchteten sie sich immer mehr, das Loch möchte sich öffnen.<br />

76

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!