Jeremias Gotthelf Spinne - GIGERs.COM
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Die schwarze <strong>Spinne</strong><br />
Aber während allen dreien Tagen soll man im ganzen Hause ein selt-<br />
sam Surren gehört haben wie das einer Katze, welcher es behaglich<br />
wird, weil man ihr den Balg streicht. Doch die Katze, von welcher es<br />
kam, konnte man trotz alles Suchens nicht finden; da ward man-<br />
chem unheimlich, und trotz aller Herzlichkeit lief er mitten aus dem<br />
Feste. Nur die Weiber hörten nichts oder achteten sich dessen nicht,<br />
mit dem neuen Hause meinten sie alles gewonnen.<br />
Ja, wer blind ist, sieht auch die Sonne nicht, und taub ist, hört auch<br />
den Donner nicht. Darum freuten die Weiber des neuen Hauses sich,<br />
wurden alle Tage hoffärtiger, dachten an die <strong>Spinne</strong> nicht, sondern<br />
führten im neuen Hause ein üppiges, arbeitsloses Leben mit Putzen<br />
und Essen; kein Mensch konnte es ihnen treffen, und an Gott dach-<br />
ten sie nicht.<br />
Im alten Hause blieb das Gesinde alleine, lebte, wie es wollte, und<br />
wenn Christen dasselbe auch unter seiner Aufsicht haben wollte, so<br />
duldeten die Weiber es nicht und schalten ihn, die Mutter aus Hoch-<br />
mut hauptsächlich, das Weib aus Eifersucht zumeist. Daher war<br />
drunten keine Ordnung und bald auch keine Gottesfurcht, und wo<br />
kein Meister ist, geht es so durchweg. Wenn kein Meister oben am<br />
Tische sitzt, kein Meister im Hause die Ohren spitzt, kein Meister<br />
draussen und drinnen die Zügel hält, so meint sich bald der der<br />
Grösste, welcher am wüstesten tut, und der der Beste, welcher die<br />
ruchlosesten Reden führt.<br />
So ging es zu im Hause drunten, und das sämtliche Gesinde glich<br />
bald einer Rudel Katzen, wenn sie am wüstesten tun. Von Beten<br />
wusste man nichts mehr, hatte darum weder vor Gottes Willen,<br />
noch vor seinen Gaben Respekt. Wie die Hoffart der Meisterweiber<br />
keine Grenzen mehr kannte, so hatte der tierische Übermut des Ge-<br />
sindes keine Schranken mehr. Man schändete ungescheut das Brot,<br />
trieb das Habermus über den Tisch weg mit den Löffeln sich an die<br />
Köpfe, ja, verunreinigte viehisch die Speise, um boshaft den andern<br />
die Lust am Essen zu vertreiben. Sie neckten die Nachbaren, quälten<br />
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