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Jeremias Gotthelf Spinne - GIGERs.COM

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Die schwarze <strong>Spinne</strong><br />

dersehn wusste er es zu verbergen. Sein Haar war schön gelockt,<br />

aber man wusste nicht, war es rot oder falb, im Schatten war es das<br />

schönste Flachshaar, schien aber die Sonne darauf, so hatte kein<br />

Eichhörnchen einen rötern Pelz.<br />

Er quälte wie keiner das Vieh. Dasselbe hasste ihn auch darnach.<br />

Von den Knechten meinte ein jeder, er sei sein Freund, und gegen<br />

jeden wies er die andern auf. Den Meisterweibern war er unter allen<br />

alleine recht, er alleine war oft im obern Hause, dann taten unten<br />

die Mägde wüst; sobald er es merkte, steckte er sein Messer an den<br />

Zapfen und begann sein Drohen, bis die Mägde zum Kreuze kro-<br />

chen.<br />

Doch behielt dieses Spiel auch nicht lange seine Wirkung. Die Mägde<br />

wurden dessen gewohnt und sagten endlich: „Tue es doch, wenn du<br />

darfst, aber du darfst nicht!“<br />

Es nahte Weihnacht, die Heilige Nacht. An das, was dieselbe uns<br />

weihet, dachten sie nicht, ein lustiges Leben hatten sie abgeraten in<br />

derselben. Im Schlosse drunten hauste ein alter Ritter nur, und der<br />

bekümmerte sich wenig mehr ums Zeitliche; ein schelmischer Vogt<br />

verwaltete alles zu seinem Vorteil. Um ein Schelmenstück hatten sie<br />

diesem edlen Ungarwein abgehandelt, neben welchem Lande die<br />

Ritter in grossem Streite lagen; des edlen Weines Kraft und Feuer<br />

kannten sie nicht. Ein fürchterliches Unwetter kam herauf, mit Blitz<br />

und Sturm wie selten sonst um diese Zeit, keinen Hund hätte man<br />

unter dem Ofen hervorgejagt. Zur Kirche zu gehen, hielt es sie nicht<br />

ab, sie wären bei schönem Wetter auch nicht gegangen, hätten den<br />

Meister alleine gehen lassen, aber es hielt andere ab, sie zu besu-<br />

chen; sie blieben allein im alten Hause beim edlen Weine.<br />

Sie begannen den Heiligen Abend mit Fluchen und Tanzen, mit wüs-<br />

tern und ärgern Dingen; dann setzten sie sich zum Mahle, wozu die<br />

Mägde Fleisch gekocht hatten, weissen Brei, und was sie sonst Gu-<br />

tes stehlen konnten. Da ward die Roheit immer grässlicher, sie<br />

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