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Jeremias Gotthelf Spinne - GIGERs.COM

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Die schwarze <strong>Spinne</strong><br />

Priester einen guten Spruch und hob die heiligen Waffen, und die<br />

<strong>Spinne</strong> schrak zusammen, kroch langbeinig vom schwarzen Gesich-<br />

te, verlor sich in zischendem Grase. Darauf ging der Pfarrer vollends<br />

heim, stellte das Allerheiligste an seinen Ort, und während wilde<br />

Schmerzen den Leib zum Tode rissen, harrte in süssem Frieden sei-<br />

ne Seele ihres Gottes, für den sie recht gestritten in kühnem Got-<br />

teskampfe, und lange liess Gott sie nicht harren.<br />

Aber solch süsser Friede, der still des Herren harrt, war hinten im<br />

Tale, war oben auf den Bergen nicht.<br />

Von dem Augenblicke an, als Christine mit dem geraubten Kinde den<br />

Berg hinuntergefahren war dem Teufel zu, war heilloser Schreck in<br />

alle Herzen gefahren. Während dem fürchterlichen Ungewitter beb-<br />

ten die Menschen in den Schrecken des Todes, denn ihre Herzen<br />

wussten wohl, wenn Gottes Hand vernichtend über sie komme, so<br />

sei es mehr als wohlverdient. Als das Gewitter vorüber war, lief die<br />

Kunde von Haus zu Haus, wie der Pfarrer das Kindlein zurückge-<br />

bracht und getauft, aber kein Hans, keine Christine gesehen wor-<br />

den.<br />

Der grauende Morgen fand lauter bleiche Gesichter, und die schöne<br />

Sonne färbte sie nicht, denn alle wussten wohl, dass nun erst das<br />

Schrecklichste kommen werde. Da hörte man, dass mit schwarzen<br />

Beulen der Pfarrer gestorben, man fand Hans mit schrecklichem Ge-<br />

sichte, und von der grässlichen <strong>Spinne</strong>, in die Christine verwandelt<br />

worden, hörte man seltsam verwirrte Worte.<br />

Es war ein schöner Erntetag, aber keine Hand rührte sich zur Arbeit;<br />

die Leute liefen zusammen, wie man es pflegt am Tage nach dem<br />

Tage, an welchem ein grosses Unglück begegnet ist. Sie fühlten erst<br />

jetzt in ihren bebenden Seelen so recht, was es heisse, von irdischer<br />

Not und Plage mit einer unsterblichen Seele sich loskaufen zu wol-<br />

len, fühlten, dass ein Gott im Himmel sei, der alles Unrecht, das ar-<br />

men Kindern, die sich nicht wehren können, angetan wird, fürchter-<br />

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