11.02.2013 Aufrufe

Jeremias Gotthelf Spinne - GIGERs.COM

Jeremias Gotthelf Spinne - GIGERs.COM

Jeremias Gotthelf Spinne - GIGERs.COM

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Die schwarze <strong>Spinne</strong><br />

ging das Stück um, bis einer sagte, er denke, er behalte es, es sei<br />

noch mehr, wo das gewesen sei; ein neues Stück begann die Runde.<br />

Während der Kindhettimann einschenkte und vorlegte und die Gäste<br />

ihm sagten, er hätte heute einen strengen Tag, ging die Hebamme<br />

herum mit dem süssen Tee, stark gewürzt mit Safran und Zimmet,<br />

bot allen an und fragte: wer ihn liebe, solle es nur sagen, er sei für<br />

alle da. Und wer sagte, er sei Liebhaber, dem schenkte sie Tee in<br />

den Wein und sagte: sie liebe ihn auch, man möge den Wein viel<br />

besser ertragen, er mache einem nicht Kopfweh. Man ass und trank.<br />

Aber kaum war der Lärm vorbei, der allemal entsteht, wenn man<br />

hinter neue Gerichte geht, so ward man wieder stille, und ernst<br />

wurden die Gesichter, man merkte wohl, alle Gedanken waren bei<br />

der <strong>Spinne</strong>. Scheu und verstohlen blickten die Augen nach dem Zap-<br />

fen hinter des Grossvaters Rücken, und doch scheute jeder sich,<br />

wieder davon anzufangen.<br />

Da schrie laut auf die Gotte und wäre fast vom Stuhle gefallen. Eine<br />

Fliege war über den Zapfen gelaufen, sie hatte geglaubt, der <strong>Spinne</strong><br />

schwarze Beine gramselten zum Loche heraus, und zitterte vor<br />

Schreck am ganzen Leibe. Kaum ward sie ausgelacht; ihr Schreck<br />

war willkommener Anlass, von neuem von der <strong>Spinne</strong> anzufangen,<br />

denn wenn einmal eine Sache unsere Seele recht berührt hat, so<br />

kommt dieselbe nicht so schnell davon los.<br />

„Aber hör mal, Vetter,“ sagte der ältere Götti, „ist die <strong>Spinne</strong> seither<br />

nie aus dem Loche gekommen, sondern immer darin geblieben seit<br />

so vielen hundert Jahren?“ „Eh,“ sagte die Grossmutter, „es wäre<br />

besser, man schwiege von der ganzen Sache, man hätte ja den gan-<br />

zen Nachmittag davon geredet.“ „Eh, Mutter,“ sagte der Vetter,<br />

„lass deinen Alten reden, er hat uns recht kurze Zeit gemacht, und<br />

vorhalten wird euch das Ding niemand, stammet ihr ja nicht von<br />

Christine ab. Und du bringst unsere Gedanken doch nicht von der<br />

Sache ab, und wenn wir nicht von ihr reden dürfen, so reden wir<br />

auch von nichts anderem, dann gibts keine kurze Zeit mehr. Nun,<br />

72

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!