Jeremias Gotthelf Spinne - GIGERs.COM
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Die schwarze <strong>Spinne</strong><br />
ging das Stück um, bis einer sagte, er denke, er behalte es, es sei<br />
noch mehr, wo das gewesen sei; ein neues Stück begann die Runde.<br />
Während der Kindhettimann einschenkte und vorlegte und die Gäste<br />
ihm sagten, er hätte heute einen strengen Tag, ging die Hebamme<br />
herum mit dem süssen Tee, stark gewürzt mit Safran und Zimmet,<br />
bot allen an und fragte: wer ihn liebe, solle es nur sagen, er sei für<br />
alle da. Und wer sagte, er sei Liebhaber, dem schenkte sie Tee in<br />
den Wein und sagte: sie liebe ihn auch, man möge den Wein viel<br />
besser ertragen, er mache einem nicht Kopfweh. Man ass und trank.<br />
Aber kaum war der Lärm vorbei, der allemal entsteht, wenn man<br />
hinter neue Gerichte geht, so ward man wieder stille, und ernst<br />
wurden die Gesichter, man merkte wohl, alle Gedanken waren bei<br />
der <strong>Spinne</strong>. Scheu und verstohlen blickten die Augen nach dem Zap-<br />
fen hinter des Grossvaters Rücken, und doch scheute jeder sich,<br />
wieder davon anzufangen.<br />
Da schrie laut auf die Gotte und wäre fast vom Stuhle gefallen. Eine<br />
Fliege war über den Zapfen gelaufen, sie hatte geglaubt, der <strong>Spinne</strong><br />
schwarze Beine gramselten zum Loche heraus, und zitterte vor<br />
Schreck am ganzen Leibe. Kaum ward sie ausgelacht; ihr Schreck<br />
war willkommener Anlass, von neuem von der <strong>Spinne</strong> anzufangen,<br />
denn wenn einmal eine Sache unsere Seele recht berührt hat, so<br />
kommt dieselbe nicht so schnell davon los.<br />
„Aber hör mal, Vetter,“ sagte der ältere Götti, „ist die <strong>Spinne</strong> seither<br />
nie aus dem Loche gekommen, sondern immer darin geblieben seit<br />
so vielen hundert Jahren?“ „Eh,“ sagte die Grossmutter, „es wäre<br />
besser, man schwiege von der ganzen Sache, man hätte ja den gan-<br />
zen Nachmittag davon geredet.“ „Eh, Mutter,“ sagte der Vetter,<br />
„lass deinen Alten reden, er hat uns recht kurze Zeit gemacht, und<br />
vorhalten wird euch das Ding niemand, stammet ihr ja nicht von<br />
Christine ab. Und du bringst unsere Gedanken doch nicht von der<br />
Sache ab, und wenn wir nicht von ihr reden dürfen, so reden wir<br />
auch von nichts anderem, dann gibts keine kurze Zeit mehr. Nun,<br />
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