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Versagensbeschreibung beim Tiefziehen von
Aluminiumfeinblech mit Biegeüberlagerung
Marie-Louise Flörchinger, Mathias Liewald; IFU
Die Ermittlung der Grenzformänderungen
von Leichtbauwerkstoffen ist für
die immer wichtiger werdende Prozesssimulation
in der Blechumformung von
großer Bedeutung. Die versuchstechnischen
Methoden zur Aufnahme von
Grenzformänderungskurven (Forming
Limit Curve, FLC) unterliegen dabei
unterschiedlichen Einflüssen, die sowohl
zu optimistische als auch zu konservative
Bewertungen des simulierten Umformprozesses
hervorrufen können. In diesem
Beitrag wird einer dieser Faktoren, der
Biegeeinfluss, simulativ und experimentell
untersucht. Hierfür wird eine mittels
des konventionellen Nakajima-Versuchs
nach ISO/DIS 12004-2 ermittelte, biegeüberlagerte,
mit einer mittels Kerbzugproben
ermittelte, biegefreie Grenzformänderungskurve
des gleichen Werkstoffs
verglichen. Dies ermöglicht sowohl eine
qualitative als auch eine quantitative
Beurteilung des Einflusses der Biegeüberlagerung
auf die maximal erreichbaren
Grenzformänderungen von Aluminiumfeinblech.
Bei diesem Vergleich wird
ein geringer Unterschied zwischen den
Formänderungsgrenzen im uniaxialen
und ein größerer Unterschied im plane
strain Bereich festgestellt. Dieser Beitrag
stellt eine Methode zur Ermittlung des
Biegeeinflusses bei Aluminiumblechwerkstoffen
dar.
Der Einsatz von Leichtbauwerkstoffen, wie
zum Beispiel hoch- und höherfeste Aluminiumlegierungen,
rückt im Bereich des Karosseriebaus
immer stärker in den Vordergrund.
Die simulative Auslegung des Umformprozesses
bedingt in diesem Zusammenhang eine
detaillierte Werkstoffcharakterisierung, die
aussagekräftige Parameter der Versagensbeschreibung
erfordert. Das Grenzformänderungsdiagramm
wird beispielsweise zur Bewertung
von Umformprozessen verwendet
und dient in der Blechumformung als Versagenskriterium
bei proportionalen Belastungsverhältnissen
[Vol12]. In diesem Diagramm
sind unterschiedliche Kombinationen aus
Hauptformänderung (ϕ 1 ) und Nebenformänderung
(ϕ 2 ) zum Zeitpunkt der Dehnungslokalisierung
eingetragen und zu einer Kurve,
der sogenannten Grenzformänderungskurve
(FLC), verbunden. Die
unterschiedlichen
Dehnpfade sowie
ein Beispiel für eine
Grenzformänderungskurve
sind in Abb. 1
dargestellt.
Derzeit weit verbreitete
Versuchsanordnungen
zur Ermittlung
von Grenzformänderungen
bilden den
im realen Bauteil auftretenden
Spannungs-
Dehnungszustand
aufgrund unterschiedlicher
Faktoren jedoch
nicht hinreichend ab.
Als Einflussfaktor auf
die Lage und Form der
Grenzformänderungskurve
sind neben der Reibung die Blechdicke
[Mer06] sowie Vordehnungen des Materials,
wie zum Beispiel in [Wer12] an Aluminiumblech
untersucht, und die Beanspruchungsart,
insbesondere die Überlagerung durch Biegung
zu nennen. Die experimentell ermittelte FLC
repräsentiert somit häufig nicht die in der
Realität auftretende umformtechnische Versagensgrenze.
In der vorliegenden Untersuchung
wird daher der Einfluss der Biegeüberlagerung
bei Aluminiumfeinblech sowohl
qualitativ als auch quantitativ ermittelt.
Abb. 1: Grenzformänderungsdiagramm mit Dehnpfaden und Grenzformänderungen
nach [Has78] und [Int06]
Biegeüberlagerung in
der Blechumformung
Einfluss des Biegeanteils
auf die Grenzformänderungen
Erste Untersuchungen hinsichtlich des Einflusses
der Biegeüberlagerung auf die Grenzformänderungskurve
sind in [Gho74] und
[Gho74a] zu finden. In diesen Arbeiten wurde
eine Verschiebung der Grenzformänderungen
zu höheren Werten festgestellt, verursacht
durch Biegeüberlagerung im Nakajima- und
Abb. 2: Grenzformänderungskurven des Werkstoffs AA5051, aufgenommen mittels hemisphärischen Ziehstempeln
mit unterschiedlichen Krümmungsradien, nach [Atz10]
ALUMINIUM · 3/2013 69