Das Misstrauen in die meisten Institutionen und Akteure (Bundesregierung, Bundestag, Medien)liegt bei den Befragten weit über dem Durchschnitt der Ges<strong>am</strong>tbevölkerung. 16 Dort schenktenden Parteien 66,1% wenig oder kein Vertrauen. Die entsprechenden Werte betragen für denBundestag 54,6%, für die Gerichte 43,7% und für die Polizei 19,3%. Dieser letzte Wert verdientBeachtung, zeigt sich doch bei der Online-Umfrage mit rund 10% ein geringes Misstrauen in diePolizei im Vergleich zur Ges<strong>am</strong>tbevölkerung. Die relativ große Anerkennung der Rolle undArbeit der Polizei im Kontext von Pegida wurde auch durch die Beiträge verschiedenerRednerInnen zum Ausdruck gebracht und spiegelte sich in der Aufforderung derOrganisatorInnen, Anweisungen der Polizei Folge zu leisten. In diesem Zus<strong>am</strong>menhang istzudem auf die Rolle der zahlreichreichen Pegida-OrdnerInnen hinzuweisen, die, in ihremSelbstverständnis, wohl eine Regulierungsfunktion übernehmen, welche die Aufgaben derPolizei ergänzt.Dem enorm hohen Grad an Misstrauen gegenüber etablierten gesellschaftlichen und politischenAkteuren entsprechen skeptische und kritische Einschätzungen bezüglich einer Reihe vonweiteren Fragen. Zentral ist hier zunächst die Einschätzung, ob die Bundesrepublik Deutschlandals ein funktionierendes politisches System wahrgenommen wird und ob die Befragten selbstglauben, auf das Handeln der Regierung Einfluss nehmen zu können.Tabelle 8: Funktionieren des politischen Systems und eigener Einfluss auf Regierung (Angaben in Prozent)Unser politisches System, also die Demokratiein der Bundesrepublik Deutschland, funktioniertgutLeute wie ich haben keinen Einfluss darauf, wasdie Regierung tut.LehnevölligabLehneüberwiegendabStimmeteilszu/teilsnicht zuStimmeüberwiegendzuStimmeganz zu28,4 41,4 24,1 5,2 0,93,4 6,9 20,7 31 37,9Die überragende Mehrzahl der Befragten widerspricht eher oder völlig der Ansicht, daspolitische System der Bundesrepublik funktioniere gut (69,8%). In der Ges<strong>am</strong>tbevölkerung liegtdiese Zahl deutlich unter 50% (laut Leipziger Mitte-Studie 2014). Noch niedriger ist der Anteilder Unzufriedenen gemäß der ALLBUS-Befragung von 2013. Auf einer Skala von 1 (sehrunzufrieden) bis 5 (sehr zufrieden) im Hinblick darauf, „wie die Demokratie derzeit inDeutschland funktioniert“, vergaben 10,4% der Ges<strong>am</strong>tbevölkerung den Wert 1 und weitere16,0% den Wert 2. Dass Protestierende in aller Regel einen größeren Grad an Unzufriedenheitmit dem Funktionieren des politischen Systems aufweisen, liegt in der Natur der Sache undsollte nicht überraschen.Gut zwei Drittel (68,9%) der von uns befragten Pegida-AnhängerInnen meinen zudem, keineoder nur geringe Einflussmöglichkeiten auf das Tun der Regierung zu haben. In dieserEinschätzung weichen die Befragten nicht signifikant vom Durchschnitt der Ges<strong>am</strong>tbevölkerungab (laut Leipziger Mitte-Studie 2012: 77,6%).16 Vgl. World Value Survey Wave 6 2010-2014 Official Aggregate v.20140429. World Values Survey Association(www.worldvaluessurvey.org). Aggregate File Producer: Asep/JDS, Madrid Spain.27
6 Aussagen aus dem Pegida-KontextWir haben auch den Kenntnisstand des 19-Punkte-Progr<strong>am</strong>ms von Pegida sowie dieUnterstützung des Progr<strong>am</strong>ms abgefragt (Tabelle 9). Insges<strong>am</strong>t geben die Befragtenüberwiegend an, das Progr<strong>am</strong>m sehr gut zu kennen (81%). 55% unterstützen es vollkommenund 43% teilweise. Aus Tabelle 9 wird ersichtlich, dass diejenigen, die das Progr<strong>am</strong>m sehr gutkennen, dieses auch stark unterstützen. Paradoxerweise wird es von zwei Personen unterstützt(vollkommen oder teilweise), die angeben, das Progr<strong>am</strong>m nicht zu kennen.Tabelle 9: Das 19-Punkte-Progr<strong>am</strong>m von Pegida … (in absoluten Zahlen)...unterstütze ichvollkommen....unterstütze ichteilweise.Weiß nicht.Ges<strong>am</strong>t...kenne ich überhaupt nicht. 1 1 3 5...kenne ich nur teilweise. 2 14 0 16...kenne ich sehr gut. 63 37 0 100Tabelle 10: Zustimmung zu Aussagen aus dem Pegida-Kontext (Angaben in Prozent)Im Großen und Ganzen ist der Ausdruck„Lügenpresse“ zutreffend.Die deutsche Kultur wird von den AusländernbedrohtGender Mainstre<strong>am</strong>ing“ ist eine zwanghafteGeschlechtsneutralisierung unserer SpracheQuotenregelungen für Frauen <strong>am</strong> Arbeitsplatzsind gerechtMich besorgt eher die wachsende Spaltungzwischen Reichen und Armen und weniger dieFrage von Asylbewerbern und MigrantenStimmeüberhauptnicht zustimmeehernicht zuStimmeeher zuStimmevoll undganz zuWeißnicht0 1,7 41,5 55,9 0,82,6 24,1 48,3 25 02,6 4,3 23,1 54,7 15,431,4 29,7 26,3 9,3 3,413,7 30,8 28,2 20,5 6,8Mit Blick auf die spezifischen Inhalte und möglichen Antriebsmomente von Pegida haben wirfünf Fragen gestellt, die mit sehr eindeutiger Tendenz beantwortet wurden. Dem häufigskandierten Ausdruck „Lügenpresse“ stimmten satte 97,4% der Befragten eher bzw. voll undganz zu. Ein hoher Anteil sah zudem die deutsche Kultur als von Ausländern bedroht (73,3%)und wandte sich gegen die Quotenregelung für Frauen <strong>am</strong> Arbeitsplatz (35,7%). Im Hinblick aufdie öffentlich kontrovers diskutierte Frage, ob bei Pegida, wie es die N<strong>am</strong>ensgebung nahe legt,tatsächlich die Fragen von Asyl und Migration und nicht vielmehr die Sorge um die Spaltungzwischen Arm und Reichen ausschlaggebend sei, tendierten 48,7% zur letzteren Problematik,28