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Protestforschung am Limit

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Männer“) läge der Verdacht des Asylmissbrauchs nahe, da sie im Gegensatz zu F<strong>am</strong>ilien wenigerSchutz benötigten und in ihren Herkunftsländern gebraucht würden. Zudem würde dieseGruppe „hier kaum Perspektive finden“ und zum Integrationsproblem werden. Aufgabe desStaates wäre es, die „echten“ Kriegsflüchtlinge zu identifizieren und zu unterstützen. Für denAuswahlprozess könnten sich die Regierenden an den erfolgreichen Modellen von Kanada oderder Schweiz orientieren. Die staatliche Unterstützung sieht Pegida in einer Intensivierung derBetreuung der AsylbewerberInnen zum Zweck der Integration in die Kultur des Gastlandesrealisiert. Auch sollten die AsylbewerberInnen „dezentral“, also nicht in dicht besiedeltenWohngegenden untergebracht werden, da diese oft nur „menschenunwü rdige“Wohnbedingungen zuließen. Der Bildung von „Parallelgesellschaften“ müsse entgegen getreten,die Straffälligkeit der MigrantInnen, müsse mit bedingungsloser und sofortiger Ausweisung(„Nulltolleranz“) beantwortet werden. Eine besondere Gefahr für die Gesellschaft wird hier demIsl<strong>am</strong> zugeschrieben, da ein Scheitern der Integration von Muslimen aufgrund der „isl<strong>am</strong>ischenIdeologie“ sehr wahrscheinlich sei. Der Isl<strong>am</strong> sei nämlich zunehmend mit Gewalt und derMissachtung der Frauenrechte nach westlichem Wertesystem eng verbunden („intollerante [sic],menschenlebenverachtende und frauenfeindliche Religion“). Tolerierbare Muslime seien nurjene, die sich eindeutig an der „deutschen Kultur“ orientieren und so einem konfliktgeladenen„Multikulti“ entgegenwirken. Dem kulturellen Dialog räumen die befragen DemonstrantInnend<strong>am</strong>it wenig Raum bzw. Erfolgsaussichten ein. Es zeigt sich eine Ausrichtung auf regionale,nationale und westliche Wertesysteme in allen drei Datentypen, insbesondere aber in dervisuellen Dominanz deutscher Symbolik in Form von Flaggen (Deutschland, einzelneBundesländer).Ein weiterer dominanter Deutungsrahmen bezieht sich auf die Kritik an der Regierung bzw. anden etablierten Politikern. Dabei werden weniger einzelne Personen adressiert (mit Ausnahmeeiniger Plakate); vielmehr zielt der Unmut auf die Gruppe der Volksvertreter („Politikerkaste“)als solche. Diagnostiziert wird zunächst deren Untätigkeit („Rat- und Tatenlosigkeit“) in der vonPegida verfochtenen Auslegung der Asylpolitik. Schwerer wiegt die Wahrnehmung derPolitikerInnen als eine vom „Volk“ losgelöste Gruppe von Mächtigen („Arroganz der Politiker“).PolitikerInnen nahezu aller Couleur würden den Anliegen der BürgerInnen keine Beachtungschenken („an Bürger vorbei“). Ganz im Gegenteil, von wirtschaftlichen Interessen geleitet,zeigten die PolitikerInnen hauptsächlich Unverständnis gegenüber den Problemen („Sorgen undNöte“) der BürgerInnen. Die Möglichkeit einer angemessenen Gegenreaktion böte sich denbefragten Pegida-DemonstrantInnen kaum, sehen sie sich doch des demokratischenGrundrechts der freien Meinungsäußerung durch die PolitikerInnen beschnitten: KritischeÄußerungen zur Asylpolitik würden unter dem Vorwand der politischen Inkorrektheitdisqualifiziert und Pegida fälschlicherweise in den Zus<strong>am</strong>menhang mit „Nazis“ gebracht, um dieangesprochenen Themen zu unterdrücken. Insbesondere dieser Eindruck hat ein großesGewicht, um zur Teilnahme an Pegida-Demonstrationen zu motivieren. Weniger gewichtigpräsentiert sich diese Problematik im Kontext der Anliegen, die Pegida insges<strong>am</strong>t zugeschriebenwerden. Die Einführung von Bürgerentscheiden wird als Lösung der beschriebenenUnzulänglichkeiten des politischen Systems gesehen. Interessant ist in dem Zus<strong>am</strong>menhangauch, dass die ImmigrantInnen explizit als Opfer der PolitikerInnen und ihrer verfehlten AsylundEinwanderungspolitik zu verstehen seien. „Legitimen“ MigrantInnen würde aufgrund derverfehlten Politik nicht die notwendige Unterstützung zuteil.Das dritte dominierende Fr<strong>am</strong>e betrifft die Wahrnehmung der Medien als parteiischen Akteur,der in Konzertierung mit der Politik einseitig berichtet oder falsche Informationen („Lügen“)verbreitet. Ganz ähnlich wie bei den PolitkerInnen wird den Medien eine stumpfe Orientierung50

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