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Protestforschung am Limit

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„Ich habe zu keinem Zeitpunkt einen lächelnden Blick in meine Richtung gesehen [...].Ich habe es nicht geschafft, jemanden anzusprechen“ 11 EinleitungAm 12. Januar 2015 schwärmten 58 ForscherInnen und Studierende, 31 aus Berlin, 27 ausChemnitz, auf den Skatepark in der Dresdener Lingnerallee. Ziel der Aktion war es, mehr überdie Proteste der „Patriotischen Europäer gegen die Isl<strong>am</strong>isierung des Abendlandes“ (Pegida)herauszufinden. Seit Oktober 2014 hatten sich in Dresden immer mehr Menschen unter diesemsperrigen Motto vers<strong>am</strong>melt. Mit den Protesten wuchs auch die Kritik an den völkischen undrassistischen Deutungsmustern, die dort Raum griffen. Wer waren die Demonstrierenden? Wastrieb sie auf die Straße? Wie verbreitet waren die Ressentiments, die in Reden, Sprechchörenund auf Transparenten hör- und sichtbar waren?Um diese Fragen zu beantworten, kombinierten wir zwei sozialwissenschaftliche Methoden:Zum einen beobachteten wir das Geschehen systematisch: Welche Plakate und Symbole wurdenbei der Auftaktkundgebung und dem anschließenden Protestmarsch mitgeführt? WelcheSprechchöre waren zu hören? Was war in den Reden zu hören und wie reagierte das Publikum?Zum anderen initiierten wir mit der Verteilung von Handzetteln während desDemonstrationsmarsches eine Online-Umfrage. Die TeilnehmerInnen wurden dazu aufgefordert,eine Internetadresse aufzurufen und – nach Eingabe eines Sicherheitscodes – einen Fragebogenauszufüllen.Die Pegida-Studie sollte sich in mehrfacher Hinsicht als „<strong>Protestforschung</strong> <strong>am</strong> <strong>Limit</strong>“herausstellen:Ein erstes <strong>Limit</strong> war die extrem knappe Zeit zur Vorbereitung, Durchführung und der hiervorliegenden Auswertung der qualitativen und quantitativen Daten. Der Entschluss zu diesemVorhaben erfolgte in den ersten Tagen des Januar 2015. Die Finanzierung war überraschendschnell und auf unbürokratische Weise geklärt. Bereits <strong>am</strong> Montag, dem 12. Januar, fuhren wiraus Berlin und Chemnitz nach Dresden, um die Beobachtung und die Befragung durchzuführen.Der Termin für die späteste Beantwortung des Online-Fragebogens war der 14. Januar(Mitternacht). Dann begannen Datenbereinigung und erste Auswertungen.Am 28. Januar wurde der vorliegende Bericht verfügbar gemacht. Er enthält vor allemEindrücke, Beobachtungen und Daten, aber noch wenige Kommentierungen undInterpretationen der Daten.Ein zweites <strong>Limit</strong> ergab sich aus der Besonderheit der Pegida-Veranstaltung. Einigen unsererBeobachterInnen, vor allem den 14 Zweierte<strong>am</strong>s aus Berlin, die die TeilnehmerInnen wegenunserer Umfrage ansprachen, begegnete ein Teil der Demonstrierenden ablehnend, aggressiv,vereinzelt auch mit sexistischen und rassistischen Bemerkungen. Hinzu k<strong>am</strong>en ein geradezuphysisches Unwohlsein, teilweise auch Ängste bei ForscherInnen und HelferInnen. Ähnlichkrasse Erfahrungen sind uns im Kontext diverser früherer Befragungen und Beobachtungen auf1 Aus der Reportage des Journalisten Khalid el Kaoutit über die Pegida-Demonstration <strong>am</strong> 12. Januar 2015 („Kein Ortzum Verlieben“, die tageszeitung vom 17./18. Januar 2015, S. 21).5

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