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Protestforschung am Limit

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so etwa mehrfach von einer Gruppe Männer mittleren Alters, die sich als Vertreter derWissensmanufaktur ausgaben.Unabhängig von der Wahrnehmung der Reaktionen auf die Untersuchung fällt auch dieEinschätzung der Stimmung unter den Demonstrierenden seitens der Beobachtenden heterogenaus. Etwa die Hälfte drückte Verwunderung über die überraschend ruhige und friedlicheAtmosphäre aus; ein Teil sprach von einer Art Volksfeststimmung. Die andere Hälfte berichtetehingegen hauptsächlich von Anspannung, Aggressivität sowie ausländer- und medienfeindlichenParolen. Übereinstimmend wurde dagegen auf die Diszipliniertheit und Heterogenität derDemonstrierenden verwiesen. Der größere Teil hat auch herausgestellt, sich auf derDemonstration fehl <strong>am</strong> Platz gefühlt zu haben, weil das Artikulieren anderer politischerAnsichten, als die der Pegida-Demonstrierenden, nicht toleriert wurde. Die Rolle des Forscherswurde deshalb als eine Art Erleichterung wahrgenommen, als gutes Gefühl, nicht zurDemonstration zu gehören und sich dementsprechend nicht der Erwartungshaltung beugen zumüssen und auf die Reden so zu reagieren, wie die Mehrheit der Pegida-AnhängerInnen. Wichtigerwies sich hierbei auch das Auftreten als Te<strong>am</strong>, das vor dem Hintergrund der teilweise alsaggressiv wahrgenommenen Stimmung den HelferInnen das nötige Gefühl von Sicherheitvermittelte, um sich auf die jeweilige Aufgabe zu konzentrieren. Das also ursprünglich zurAbsicherung der Objektivität und Qualität eingeführte Prinzip, mindestens zu zweitzus<strong>am</strong>menzuarbeiten, hatte im Nachhinein eine zentrale Bedeutung für die Erhebung desempirischen Datenmaterials.12 Problemdeutungen (Fr<strong>am</strong>ing) von PegidaWelche Deutungsmuster legen politisch aktive Menschen ihrem Handeln zu Grunde? In derneueren Bewegungsforschung werden diese Muster werden als Fr<strong>am</strong>es bezeichnet. Dieseberuhen auf spezifischen Werten, Überzeugungen bzw. Meinungen, welche die Anhänger einersozialen Bewegung über ihr gemeins<strong>am</strong>es Handeln als geteilten Standpunkt entwickeln 29 . EineErforschung des Fr<strong>am</strong>ing von sozialen Bewegungen ist nicht nur von Bedeutung, um Wissenüber die Lebenswelten, Absichten und Beweggründe der Aktivisten zu erlangen. Sie gibt darüberhinaus wichtige Hinweise auf das Mobilisierungspotential einer sozialen Bewegung, indemderen Fr<strong>am</strong>es zur breiten gesellschaftlichen Wirklichkeit und ihren Diskursen in Beziehunggesetzt werden. Folgende zentrale Fragen werden mit der Fr<strong>am</strong>ing-Analyse gestellt:Welche Probleme werden von der Bewegung und ihren AnhängerInnen identifiziert undwelche Ursachen werden diesen zugeschrieben?Welche Problemlösungen werden von der Bewegung vorgeschlagen oder forciert?Welche Handlungsmotivationen und direkten Handlungsoptionen werden von denBewegungsanhängerInnen zum Ausdruck gebracht?29 Benford, R.D. & Snow, D.A., (2000) Fr<strong>am</strong>ing Processes and Social Movements: An Overview and Assessment. AnnualReview of Sociology, 26, 611-39. G<strong>am</strong>son, W. A., (1992) Talking Politics. C<strong>am</strong>bridge University Press, New York. Snow,D. A. ,(2004). Fr<strong>am</strong>ing Processes, Ideology, and Discursive Fields. In: Snow, D.A., Soule, S.A. & Kriesi, H. (eds.) TheBlackwell Companion to Social Movements. Blackwell Publishing, Oxford, pp. 380-412. Snow, D. A., and Benford, R.D.(1988) Ideology, Fr<strong>am</strong>e Resonance, and Participant Mobilization. International Social Movement Research 1, 197-217.Tilly, C., 2004. Social Movements, 1768-2004. Paradigm Publishers, Boulder.48

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