You also want an ePaper? Increase the reach of your titles
YUMPU automatically turns print PDFs into web optimized ePapers that Google loves.
„Kartoffelsalat verstehe ich nicht!“
ANTM-Gewinnerin Taibeh Ahmadi im Interview
Von Ivana Cucujkic-Panić, Foto: Soza Jan
LEHRERINNEN
Ehrlich, anständig, von reinlichem Charakter
– das bedeutet ,Taibeh‘ auf Arabisch.
Einen treffenderen Namen hätten
die Eltern der Gewinnerin von Austria’s
Next Topmodel 2019 nicht geben können.
Das biber trifft beim Foto-Shooting
auf eine schüchterne, sehr zurückhaltende
23-Jährige, die ihre Worte aufrichtig
wählt und nur zögerlich ausspricht.
Dabei wollen wir nur ein Interview mit
dem Model-Shootingstar Österreichs
führen. Mehr über sie erfahren. Ihre
Hobbies, Persönliches. Was Journalisten
eben so fragen.
Doch genau darauf hat Taibeh
Ahmadi nur wenig Lust. Zu viele Informationen
gäbe es schon über sie und ihr
Leben. Die mehrwöchigen Dreharbeiten
zur Puls4-Show ‚Austrias Next Topmodel‘,
die im November über Österreichs
Bildschirme lief, waren sehr lehrreich,
aber auch anstrengend und teilweise
belastend. Das ganze Land wisse nun,
dass sie vor vier Jahren von Afghanistan
nach Österreich geflohen ist, ihre Familie
in der Heimat zurücklassen musste.
Das im Iran geborene Model möchte
ihre Vergangenheit hinter sich lassen
und nach vorne sehen. In ihre Zukunft
als Model. Natürlich juckt es uns in den
Fingern, nachzubohren. Biber respektiert
den Wunsch natürlich und wird die
quotensteigernde Flüchtlingsstory nicht
weiter penetrieren. Dazu spuckt Google
eh genug aus. Apropos Ausspucken:
Das würde Taibeh mit Kartoffelsalat,
einer kulinarische Unart, mit der sich die
Neo-Wienerin so gar nicht anfreunden
kann….
BIBER: Taibeh, was ist denn so schlimm
an Kartoffelsalat?
TAIBEH: Das ist doch kein Salat. Da ist ja
kein Gemüse drin. Es sind Kartoffeln. Das
verstehe ich einfach nicht. Leberkäse
und Wurst mag ich auch nicht.
Was fehlt dir an der österreichischen
Küche?
Mir fehlt die Vielfalt an Lebensmitteln
aus meiner Heimat, die Süßigkeiten. Am
meisten vermisse ich die frischgepressten
Säfte wie Mangosaft oder Wassermelonensaft.
Als du nach Wien gekommen bist, gab
es etwas, das dich an der Stadt überrascht
hat?
Die Stadt Wien kümmert sich um Arme
und Obdachlose. Das ist in meiner Heimat
nicht so. In Österreich gibt es keine
Kinder, die auf der Straße leben müssen.
Das hat mich überrascht.
Was ist für dich typisch Wien?
Auf jeden Fall die Laune der Wiener, die
sich mit dem Wetter ändert. Wenn die
Sonne scheint, sind alle happy. Wenn es
regnet oder schneit, sind die Leute sehr
grantig und gar nicht gut gelaunt. Das
hat leider abgefärbt. Da bin ich auch eine
typische Wienerin.
Ist Wien deine neue Heimat?
Ich würde schon sagen, dass Wien mittlerweile
mein Zuhause ist.
Was macht es zu deinem Zuhause?
Das Heimweh. Nach den Dreharbeiten in
Monaco konnte ich es kaum erwarten, in
Wien zu landen und durch die Stadt zu
spazieren. Zum Donaukanal zu gehen,
wo die jungen Leute sitzen, trinken, sich
unterhalten. Es erinnert mich sehr an
meine alte Heimat.
Erinnert dich Wien an deine alte Heimat?
Ja, sehr. Ich treffe oft auf dieselbe Kultur
und Mentalität. Dadurch fühle ich mich
frei hier.
Auch nach deinem Sieg bei Austrias Next
Topmodel und der Öffentlichkeit, in der
du nun stehen wirst?
Ich werde total oft auf der Straße
erkannt, die Leute wollen Fotos mit mir
machen. Ich bekomme viele Komplimente.
Das freut mich sehr. Aber die
Menschen wollen auch viel von mir
erfahren. Das ist mir dann zu viel.
Was wollen die Leute wissen?
Viele fragen mich, welche Religion ich
habe, wo ich wohne, was ich arbeite.
Woher mein Freund kommt, oder was
er arbeitet, werde ich auch gefragt. Das
belastet mich. Ich bekomme da viele
Nachrichten dazu auf Social Media.
Wie geht es dir damit?
Taibeh: Ich finde das sehr komisch und
belastend. Es ist einfach zu privat. In
der Sendung wurde genug über mein
Privatleben geredet, was mir passiert
ist, meine Flüchtlingsgeschichte. Ich hab
das zwar selber erzählt, aber irgendwann
war das zu viel. Jetzt wissen alle,
wo und wann ich geboren bin, wo ich
gelebt habe, was mit meiner Familie ist.
Das hab ich alles selber preisgegeben.
Und jetzt möchte ich einfach nicht mehr
darüber reden. Ich möchte hier jetzt
eine Grenze ziehen und in die Zukunft
schauen. Das Fluchtthema ist für mich
abgeschlossen.
Alles klar. Was würdest du als Model
niemals machen?
Nackt-Shootings!
Dein großes Ziel als Model?
Mein Traum wäre, auf der Londoner
Fashion Week zu laufen!
Wir drücken dir die Daumen dafür. Danke,
dass du trotzdem mit uns geplaudert
hast!
Christoph Liebentritt
AUFGEPASST!
Durchs Reden kommen die Leute
zusammen – egal wo sie herkommen.
Aus diesem Grund möchte biber Sie
zusammen mit AsylwerberInnen an
Ihrer Schule besuchen!
Dort werden SchülerInnen und
die geflüchteten Menschen in lockerer
Atmosphäre über Flucht, Krieg und das
Leben in Österreich diskutieren.
Damit sollen Vorurteile abgebaut und
Gemeinsamkeiten aufgezeigt werden.
Wenn Sie mit Ihrer
Klasse teilnehmen
möchten, bitte eine
kurze E-Mail an
rajkovic@dasbiber.at
Das Angebot gilt für alle AHS,
HAK, NMS-Schulen in Wien! Die
Besuche sollen von März bis
Juni 2020 stattfinden.
56 / FASHION /