05.01.2013 Views

Music Therapy Today - World Federation of Music Therapy

Music Therapy Today - World Federation of Music Therapy

Music Therapy Today - World Federation of Music Therapy

SHOW MORE
SHOW LESS

Create successful ePaper yourself

Turn your PDF publications into a flip-book with our unique Google optimized e-Paper software.

Holbein, U. (2006) Glitzernd...pulsierend...eine endlose Zeit lang - Wie verändert sich Musik unter Drogeneinfluß?<br />

<strong>Music</strong> <strong>Therapy</strong> <strong>Today</strong> (Online) Vol.VII (2) 375-412. available at http://musictherapyworld.net<br />

C (hinterlegt mit echtem Walgesang): Nichts gegens Gedudel, womit die<br />

Dumpfis in ihrer versalzenen Suppe schwimmen, zwecks Feierabend-<br />

Entgrenzung und bei bereithängenden Handtüchern, aber irgendwie saß<br />

ich fest in meiner Chefetage und Oberschicht --<br />

B: -- allwo auch Haschischkonsument Walter Benjamin residierte, der<br />

am 29. September 1928 in Marseille notierte:<br />

D (hinterlegt mit fernem Golden-Twentie-Jazz und Kneipenlärm): Die<br />

Musik, die inzwischen immer wieder aufklang und abnahm, nannte ich<br />

die strohernen Ruten des Jazz. Ich habe vergessen, mit welcher Begründung<br />

ich mir gestattete, ihren Takt mit dem Fuß zu markieren. Das geht<br />

gegen meine Erziehung, und es geschah nicht ohne eine inwendige<br />

Auseinandersetzung.<br />

B: Also wahrlich kein Früh-Hippie, aber bereits ein Rübergezogener,<br />

halbwegs Mitstampfender, dessen Idealismus und Snobismus in Bezug<br />

auf richtige französische Akzentuierung auch im bekifften Zustand nicht<br />

all-versöhnlich hinwegschmelzen mochte, wohl aufgrund viel zu geringer<br />

Dosis.<br />

D: Es gab Zeiten, in denen die Intensität der akustischen Eindrücke alle<br />

anderen verdrängte. Vor allem in der kleinen Hafenbar ging mit einmal<br />

alles, und zwar im Lärm von Stimmen, nicht von Straßen, unter. An<br />

diesem Stimmenlärm war nun das Eigentümlichste, daß er ganz und gar<br />

nach Dialekt klang. Die Marseiller sprachen mir plötzlich sozusagen<br />

nicht gut genug französisch.<br />

C: Und mir war die psychedelische Musik nicht psychedelisch genug.<br />

Ich wollte herausfinden, was mit Johann Sebastian Bach geschieht,<br />

sobald er mit LSD in Berührung kommt. Zwar hatte mir schon ein Psychonaut<br />

vorgearbeitet, kein Geringerer als Tempelpriester Tim Leary persönlich<br />

-- wie schön, daß er in einem Interview mit „Playboy“ nicht The<br />

Doors als Beispiel nahm! Sondern ausgerechnet Bach:<br />

B: Ist der Gehörsinn ähnlich intensiviert?<br />

D: Ungeheuer. Normalerweise hören wir nur isolierte Geräusche: das<br />

Klingeln eines Telefons, den Klang von Worten. Aber wenn man sich mit<br />

LSD anturnt, wird das Cortische Organ im inneren Ohr zu einer zitternden<br />

Membrane, die unter dem Zapfenstreich der Klangwellen aufschäumt.<br />

Die Vibrationen scheinen tief in einen zu dringen, zu schwellen<br />

und dort zu platzen. Man hört eine Note aus einer Bachsonate, und sie<br />

hängt da, glitzernd, pulsierend, eine endlose Zeit lang, während man sich<br />

langsam um sie dreht. Dann, Jahrhunderte später, kommt die zweite Note<br />

Radiosendung 396

Hooray! Your file is uploaded and ready to be published.

Saved successfully!

Ooh no, something went wrong!