PDF Download - Kiteboarding
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Ein Lycra mit Vorahnung: Dass seine Rückennummer<br />
auch seine Rekordmarke (in Knoten) würde, konnte<br />
Douglas hier noch nicht wissen<br />
Rekordjäger arg strapazierte. Er war so schmal,<br />
dass vielen Teilnehmern die Angst tief in<br />
die Knochen schlich, als sie am 4. Oktober in<br />
Lüderitz ankamen. Doch der Trench erfüllte<br />
alle Hoffnungen.<br />
Bereits am dritten offiziellen Wettkampftag<br />
pulverisierte Alexandre Caizergues die<br />
Hydroptère-Bestmarke. Mit seinem acht<br />
Quadratmeter großen Bandit4 erwischte der<br />
F-One-Rider gleich beim ersten Lauf des Tages<br />
überraschend einen Traumstart von 52<br />
Knoten. Entgegen seiner Planung drehte er<br />
voll auf und raste nur Zentimeter an den unerbittlichen<br />
Sandflanken des Grabens entlang.<br />
Seine Sprayschleppe erstreckte sich auf fast<br />
dreißig Meter. Weit über das hintere Bein gelehnt<br />
kauerte er auf seinem mintgrünen Race-<br />
board, einer kaum 30 Zentimeter breiten<br />
Spezialanfertigung. Er fühlte sich pudelwohl,<br />
genoss den Geschwindigkeitsrausch auf<br />
spiegelglattem Wasser. Doch schon hundert<br />
Meter nach dem Start erfasste plötzlich eine<br />
erste gewaltige Bö seinen Schirm. Fasst hätte<br />
er die Balance verloren, wäre mit Höchstgeschwindigkeit<br />
in die Sandzunge vor ihm eingeschlagen.<br />
Geistesgegenwärtig warf Caizergues<br />
sich weiter nach hinten, krallte sich in<br />
die Bar. Der Kite sprang nach vorn, beschleunigte<br />
ihn abermals. Auch zwei weitere Böen<br />
überstand er und flog ins Ziel: 100,19 km/h<br />
zeigte das Display am Ufer hinter ihm. Alexandre<br />
Caizergues hatte nicht nur den Weltrekord<br />
von den Seglern zurückerobert, er hatte<br />
nicht weniger als eine historische Bestmarke<br />
durchbrochen: Erstmals war ein Mensch per<br />
Windkraft schneller als 100 Stundenkilometer<br />
gefahren.<br />
Alle Anstrengungen, alle Ängste hatten sich<br />
bezahlt gemacht. Das ermutigte auch den<br />
Rest des verwegenen Sturmtrupps am Rande<br />
„<br />
Der schnellste Mann der Welt<br />
Robert Douglas ist ehemaliger Linienpilot,<br />
hat ein Kapitänspatent und ist heute Geschäftsführer<br />
eines erfolgreichen Versandhandels.<br />
Für KITEBOARDING beschreibt<br />
der 39-jährige Cabrinha-Fahrer exklusiv<br />
seinen Weltrekordlauf.<br />
Windguru versprach für diesen 25. Oktober<br />
perfekte Bedingungen. Mein Adrenalinspiegel<br />
war schon morgens weit über normal. Vor allem<br />
der Graben bereitete mir Kopfzerbrechen,<br />
er war teilweise nur drei Meter breit. Dennoch<br />
wollte ich die Franzosen Alex und Seb unbedingt<br />
einholen.<br />
Zusammen mit meinem Coach Mike<br />
Gebhardt, einem zweifachen Olympiamedaillengewinner<br />
im Windsurfen, traf ich die<br />
Entscheidung, schon gegen 14 Uhr aufs<br />
Wasser zu gehen. Ein sehr früher Zeitpunkt.<br />
Alle anderen wollten erst mit besserer Tide<br />
gegen 15.30 Uhr starten. Doch wir erwarteten,<br />
dass der Wind östlicher eindrehen<br />
würde, der Kurs somit „quadratischer“<br />
und langsamer würde. Genau so sollte es<br />
kommen.<br />
Mike baute meinen 9er-Switchblade auf. Als<br />
ich ihn in den Himmel nahm, war die Überpower<br />
so heftig, dass mich mein Bruder Morgan<br />
zum Wasser führen musste. Ich wechselte<br />
deshalb kurz auf einen 8er. Aber da ich ein<br />
großes Ziel hatte, griff ich schließlich doch<br />
zum 9er. Mein Board hatte Mike Zaijcek extra<br />
für mich maßangefertigt. Leider war mir das<br />
Heck gleich am ersten Tag abgebrochen -<br />
eine Katastrophe! Doch Mike konnte uns per<br />
Telefon durch die Reparatur führen. Und so<br />
war ich auf einem geflickten Board unterwegs.<br />
Der erste Lauf sollte nur eine Aufwärmrunde<br />
werden, ich wollte Seb und Alex lediglich ein<br />
wenig unter Druck setzen. Als ich jedoch auf die<br />
Startlinie zuschoss, fühlte sich auf einmal alles<br />
perfekt an - ich entschied mich, alles zu geben.<br />
Auf der Startlinie lief ich 49,9 Knoten, der Spitzenwert<br />
lag auf der Ziellinie sogar bei 58,1 Knoten.<br />
An die 500 Meter habe ich heute keine Erinnerung<br />
mehr, es ging so schnell, ich war so voller<br />
Adrenalin. Erst als ich nach dem Ziel meine Höllenbremse<br />
per Backloop einlegte, hörte ich das<br />
Gebrüll am Ufer. Ich drehte mich um und sah<br />
das Display: 55,5 Knoten Durchschnitt - es war<br />
der unglaublichste Moment meines Lebens!<br />
Rob Douglas hatte dermaßen Respekt vor dem<br />
Graben, dass er seine Helmkamera aus reinem<br />
Aberglauben bei den „scharfen“ Versuchen<br />
stets abschaltete. Der Graben forderte dennoch<br />
Tribut. Auf einem letzten Lauf nach dem Rekord<br />
brach er sich im Ziel das rechte Handgelenk.<br />
Männer mit Bärten - und riesigem Erfolg: Douglas<br />
(vorn) mit seinen Brüdern, Sponsor (l.) und<br />
Trainer (2. v.r.)<br />
“<br />
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