PDF Download - Kiteboarding
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PASSION<br />
- Portrait Melissa Rodwald<br />
ls ich Melissa Rodwald das erste Mal<br />
sah, stand sie auf ihren kleinen wackeligen<br />
Beinen am Strand. Ihre Mutter baute neben<br />
ihr ein Segel auf und ihr Bruder saß im Sand<br />
und schaute, genau wie seine Schwester, dem<br />
Vater beim Surfen zu. Ein Leben am Meer kann<br />
viele Folgen haben. Dass Melissas Eltern, allen<br />
voran der Vater, jede freie Minute auf dem<br />
Wasser verbringen wollte, hatte für die Kinder<br />
zumindest ein sicheres Resultat: die ungeteilte<br />
Liebe zum Surfen.<br />
Melissa lernte mit ihrem Bruder Boogieboarden,<br />
Windsurfen und Wellenreiten, bis ihr Vater<br />
mit dem ersten Drachen daherkam. Ihr Bruder<br />
durfte sofort das Kiten lernen, Melissa war noch<br />
zu klein und viel zu jung. Mario Rodwald wurde<br />
zum besten Kitesurfer Deutschlands und<br />
Melissa, die jetzt auch kein kleines Mädchen<br />
mehr ist, steht mittlerweile nicht nur auf stabilen<br />
Beinen am Strand sondern auch auf dem Kiteboard.<br />
Auch ihr Bruder staunt mittlerweile, mit<br />
welcher Eleganz und Leichtigkeit sie sich wie<br />
selbstverständlich auf dem Wasser bewegt.<br />
Aufwachsen<br />
„Ich bin immer bis zum Horizont hinaus gekitet.<br />
Mein Vater war darüber gar nicht begeistert und<br />
wollte es mir stets ausreden. Ich aber fand die<br />
Ruhe da draußen auf dem Meer herrlich, ganz<br />
alleine mit dem Kite und dem Meer. Außerdem<br />
habe ich mich nie unsicher gefühlt, schließlich<br />
hatten die anderen immer ein Auge auf mich.<br />
Ich war schließlich gerade 13 Jahre alt. Zu dieser<br />
Zeit hatten wir noch kein Wohnmobil und<br />
sind mit der ganzen Familie mit dem VW-Bus<br />
nach Klitmøller gefahren. Auf dem Weg zum<br />
Spot kurz anhalten, war aber nicht drin, keine<br />
Chance! Nicht einmal um auf die Toilette zu<br />
gehen. Mein Vater Roy wollte so schnell wie<br />
möglich aufs Wasser. Da musste dann eben<br />
während der Fahrt in einen Topf gepinkelt werden,<br />
wenn es drückte.<br />
Es gab Tage, da war es anstrengend auf so<br />
engem Raum zu viert im Bus. Aber meistens<br />
war es in Ordnung, man kannte es ja auch nicht<br />
anders. Geburtstage, Weihnachten, Silvester,<br />
alles und jeder wurde immer im Wohnmobil<br />
gefeiert. Was das für mich bedeutete, war teilweise<br />
sogar für meine engsten Freunde nicht<br />
nachvollziehbar, glaube ich. Als pubertierender<br />
Teenager keinen Raum mal nur für sich ganz<br />
allein zu haben, ist nicht immer die ideale Situation.<br />
Tauschen will ich diese Eindrücke aber<br />
mit niemandem, denn ich möchte all diese Erfahrungen<br />
nicht missen. Im Gegenteil, heute<br />
bin ich häufig sogar sehr dankbar für diese Zeit.<br />
So konnten wir lernen, uns auf Mitmenschen<br />
einzustellen und uns auch immer irgendwie zusammenzuraufen.<br />
Für viele Menschen wäre das<br />
sicher eine gewaltige Herausforderung, und<br />
ich bin mir nicht sicher, ob es jeder so machen<br />
könnte.“<br />
Zwischen zwei Männern<br />
„Ich war immer und überall die Jüngste, die<br />
Kleinste am Strand. Diese Zeiten sind vorbei,<br />
ich bin jetzt nicht mehr viel jünger als die anderen<br />
am Strand, und der kleine Altersunterschied<br />
ist nicht mehr so tragend. Man gehört<br />
automatisch mehr dazu und wird respektiert.<br />
Das macht dann natürlich viel mehr Spaß. Das<br />
einzige, was mich als Kind immer genervt hat,<br />
war, dass Roy immer derjenige war, der bestimmt<br />
hat, wo es zum Kiten hin ging.<br />
Heute ist es deshalb auch mal cool, mit Mario<br />
im Auto zu sitzen und selbst zu bestimmen, wohin<br />
es geht. Ich vermute, dass mein Vater nicht<br />
wirklich älter werden will. Keiner von uns ist so<br />
heiß wie er, wenn es darum geht, aufs Wasser<br />
zu kommen. Ich glaube, er genießt es einfach<br />
wie kaum ein anderer Mensch, den ich in meinem<br />
Leben getroffen habe. So lange er kann,<br />
wird er aufs Wasser gehen, wie ein Verrückter.<br />
Es kann schon gut sein, dass er sich mit seinen<br />
51 Jahren darüber Gedanken macht, wie<br />
es mit dem Wassersport in Zukunft weiter geht.<br />
Mein Bruder ist ebenfalls unheimlich ehrgeizig,<br />
nicht nur beim Kiten. Dass Mario so im Mittelpunkt<br />
steht, hat mir nie etwas ausgemacht. Im<br />
Gegenteil, ich glaube, es hat mir häufig Türen<br />
geöffnet, um Leute kennen zu lernen und Kontakte<br />
zu anderen Kitern zu knüpfen. Wir verstehen<br />
uns sehr gut, eher wie Freunde. Wir haben<br />
sogar mehr oder weniger den gleichen Freundeskreis.“<br />
Auf Reisen<br />
„Wir haben für unser Alter schon viel gesehen<br />
von der Welt, denke ich. Dabei haben<br />
wir das meiste unseren Eltern zu verdanken.<br />
Der große Bruder, das große Vorbild: Mit diesem<br />
perfekten Raley zeigt Melissa, dass auch sie<br />
ausgeprägte Freestyle-Gene besitzt<br />
Mario und Melissa verstanden sich schon in frühester Kindheit wie blind Die Liebe zum Wasser und der nötige Biss wird bei<br />
Rodwalds quasi schon mit der Babynahrung aufgenommen<br />
76 KITEBOARDING 9 | 2010