october-2011
october-2011
october-2011
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Tutto bene<br />
Seit zwei Jahren betreiben Bettina Kurz und Frank Höfi nger<br />
ein Weingut in der Toskana. Eigentlich vermissen sie gar<br />
nichts – außer vielleicht ein bisschen Schwarzbrot<br />
T E X T — N I N A A N I K A K L O T Z<br />
wusste Frank Höfi nger plötzlich,<br />
dass er Italiener geworden<br />
war. „Es war ein Donnerstag, da ist<br />
immer Markt in San Gimignano. Der ganze<br />
Dorfplatz war voller Menschen, als<br />
plötzlich einer mit Shorts, Turnschuhen<br />
und Baseballmütze dastand. Wir haben<br />
uns angegrinst und gesagt: ‚Schau, der<br />
erste Tourist der Saison!‘ Da war klar,<br />
dass ich jetzt richtig dazu gehöre.“ Dabei<br />
waren der 47-jährige Stuttgarter und seine<br />
45-jährige Lebensgefährtin erst eineinhalb<br />
Jahre zuvor in die Toskana gezogen,<br />
wo sie ein Weingut und ein kleines<br />
Ferienhaus übernommen haben.<br />
„Anfangs wurden wir schon ein bisschen<br />
beäugt“, erzählt die Neu-Winzerin<br />
und Gastwirtin Bettina Kurz. „Ist ja auch<br />
klar: Das ist ein Dorf mit 7.000 Einwohnern.<br />
Wenn da jemand herzieht, wird<br />
natürlich darüber gesprochen.“ Wenn es<br />
dann noch zwei blonde Deutsche sind,<br />
absolute Quereinsteiger, die noch nie zuvor<br />
Wein gemacht oder Gäste beherbergt<br />
haben, natürlich erst recht.<br />
Illustration: Elisabeth Moch An einem Morgen im März<br />
Aus einer Zeitungsannonce haben<br />
der Marketingexperte und seine Partnerin,<br />
die in der Automobilbranche gearbeitet<br />
hatte, 2008 von einem toskanischen<br />
Weingut gelesen, das zum Verkauf stand.<br />
Da sie ohnehin gerade auf der Suche<br />
nach einer neuen Herausforderung waren,<br />
sind sie einfach hingefahren, um<br />
sich die Rampa di Fugnano anzuschauen.<br />
Dass das Schweizer Ehepaar, von dem<br />
sie das Gut übernahmen, ebenfalls einst<br />
als völlig Fachfremde hier angefangen<br />
hatte, gab ihnen schließlich den Mut, so<br />
etwas ganz und gar Neues zu machen.<br />
„Was die können, schaffen wir auch“,<br />
dachten sich Höfi nger und Kurz. Und tatsächlich:<br />
Die ersten Jahre liefen tutto<br />
bene – zumindest nachdem alle administrativen<br />
Hürden genommen waren.<br />
„Italien ist um einiges bürokratischer<br />
als Deutschland“, sagt Bettina<br />
Kurz. „Denkt man gar nicht,<br />
ist aber so. Einmal mussten wir<br />
eine Sache bei drei Stellen<br />
anmelden, weil jedes Amt<br />
sagte, man bräuchte erst<br />
R I G H T N O W G E R M A N S A B R O A D<br />
eine Bestätigung des anderen Amtes. Es<br />
hat mehrere Tage gedauert, bis wir da<br />
durch waren.“ Aber, und auch das hat<br />
Bettina Kurz schon ganz zu Beginn ihres<br />
neuen Lebens in Italien gelernt, von so<br />
etwas lässt man sich hier nicht die Laune<br />
verderben. „Was auch schiefgeht, die<br />
Lebensfreude der Italiener ist unzerstörbar“,<br />
so die gebürtige Sauerländerin.<br />
„Spätestens wenn man sich abends zum<br />
Essen zusammensetzt, vergisst man alles,<br />
was an diesem Tag schlecht war und<br />
genießt nur noch. Und das mag ich sehr.“<br />
Wobei mit dem Thema Essen auch<br />
der einzige Wermutstropfen verbunden<br />
ist: Wie so viele Deutsche im Ausland vermisst<br />
Bettina Kurz das Brot. Richtig gutes<br />
Vollkornbrot. „Und so ein Weißwurstfrühstück<br />
wäre auch manchmal schön“, sagt<br />
Frank Höfi nger. Aber die Toskana ist ja<br />
nicht das andere Ende der Welt, sondern<br />
nur eine Flugstunde von der Ex-Heimat<br />
entfernt. Und so kommen Bettina Kurz<br />
und Frank Höfi nger immer gern auf eine<br />
Scheibe Brot und ein paar Würstchen auf<br />
die andere Seite der Alpen.<br />
Mehr Informationen, Weinbestellung<br />
und Zimmer-Reservierung<br />
unter: www.rampadifugnano.it<br />
GW—29