october-2011
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Das Leben am Bodensee ist vielfältig, und die Menschen haben viel aus ihrer Region zu erzählen – ob als Fischer<br />
in der Nähe von Bregenz in Österreich, als Gästeführerin in Rorschach im Schweizer Kanton St. Gallen oder als<br />
Drehorgelbauer im baden-württembergischen Überlingen. Drei Menschen, drei Berufe, drei Länder, ein See.<br />
Der Drehorgelbetrieb von Josef Raffi n<br />
liegt in der Abigstrasse 9, in Überlingen<br />
am deutschen Ufer des Bodensees<br />
The barrel organ maker Josef Raffi n<br />
lives in Überlingen on the German side<br />
of the lake<br />
◄<br />
Der Drehorgelbauer<br />
In der Kurstadt Überlingen ist Fremdenverkehr eines der wichtigsten<br />
Standbeine. Mehr als eine halbe Millionen Gäste übernachten<br />
hier jährlich. Etwas abseits der Touristen-Attraktionen<br />
liegt in idyllischer Umgebung am Rande eines Waldgebiets zwei Kilometer<br />
vom Bodenseeufer entfernt ein nicht alltäglicher Betrieb: Seit<br />
Jahrzehnten werden hier Drehorgeln gebaut.<br />
„Ich hatte den Orgelbauerberuf von der Pike auf gelernt“, erzählt<br />
Unternehmensgründer Josef Raffi n. Nach der Meisterschule in Ludwigsburg<br />
und anschließender Meisterprüfung in Stuttgart machte<br />
sich der damals 27-Jährige in seiner Heimatstadt Überlingen vor gut 50<br />
Jahren selbständig. Anfangs noch baute er zusammen mit seinem<br />
Schwager Boote und Küchenmöbel – bis sie die nötigen Maschinen für<br />
den Kirchenorgelbau angeschaff t hatten. Zuerst produzierten die beiden<br />
serienmäßig Orgelteile. „Dann, Anfang der 70er Jahre, kam die<br />
Restaurationen von Drehorgeln hinzu“, erinnert sich Josef Raffi n. „Das<br />
gab uns damals den Anstoß, selbst die erste Drehorgel zu entwickeln.“<br />
Aus kleinen Anfängen wuchs der Betrieb immer weiter: von der<br />
beliebten Orgel mit 20 Tönen über die tragbare Bauchorgel mit insgesamt<br />
31 Pfeifen bis zur großen Konzertorgel mit Trompeten, bei der<br />
es dann bis zu 124 Pfeifen sind, stellt das Unternehmen alles her, was<br />
Drehorgelfreunde wünschen. „Nicht nur in Deutschland, sondern<br />
auch in rund 30 anderen Ländern sind unsere Drehorgeln zu fi nden“,<br />
freut sich Raffi n. „Vor allem die Schweizer sind begeisterte Fans.“<br />
Für die meisten seiner Kunden, die häufi g einen Besuch im Betrieb<br />
mit einem Urlaub am Bodensee verbinden, bedeutet die Drehorgel<br />
ein Hobby. „Meist sind es Privatleute, die sich eine Drehorgel ins<br />
Haus stellen und das gute Stück dann für Gartenfeste und andere Feierlichkeiten<br />
oder auch zwischendurch zur Unterhaltung nutzen“, berichtet<br />
Raffi n. Allerdings ist solch ein Liebhaberstück nicht gerade<br />
billig – die Preise liegen zwischen 3.500 und 15.000 Euro. Die musikalische<br />
Bandbreite ist groß – von Klassik bis Schlager ist alles auf<br />
den gestanzten Notenrollen zu haben. Ganz nach individuellen Vorgaben<br />
werden die Drehorgeln kunstvoll bemalt. „Jede Orgel ist auch<br />
äußerlich ein Unikat. Oft bringen Kunden Bildvorlagen aus ihrer<br />
Heimatstadt mit – von Kirchen und Schlössern“, sagt der Orgelbauer.<br />
Stolz ist Josef Raffi n, dass auch seine Familie Freude am Orgelbau<br />
gefunden hat. Inzwischen führt der jetzt 79-Jährige die Geschäfte zusammen<br />
mit seinen beiden Schwiegersöhnen. Auch seine beiden<br />
Töchter wirken tatkräftig mit. Einmal pro Woche – jeweils freitags<br />
um 14.30 Uhr – bietet das Unternehmen nach telefonischer Anmeldung<br />
(+49 (0)7551 95290) Führungen an. Die Besucher erfahren dabei<br />
Interessantes über den Kirchen- und Drehorgelbau, was sich im Inneren<br />
einer Drehorgel verbirgt und wie die Musik in die Drehorgel<br />
kommt. „Natürlich darf dann jeder auch einmal selbst die Kurbel drehen“,<br />
verspricht Josef Raffi n. „Die meisten stellen dabei fest, dass das<br />
Orgeldrehen gar nicht so leicht ist, wie es aussieht.“<br />
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