Wirtschaftsstrafsachen - Justizakademie Nordrhein-Westfalen

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© Oberstaatsanwalt Wolfgang Rahmer, StA Hagen: Handhabung von Großverfahren _____________________________________________________________________________________________________ Wohl dem, der im Rahmen der Ermittlungen auf den Tatbestand des § 129 a StGB zurückgreifen musste und zur Vermeidung von Zuständigkeitsproblemen an eine Übertragung der Amtsverrichtungen durch den Generalstaatsanwalt (§ 145 Abs. 1 GVG) gedacht hat. Nur auf diesem Wege kann der zuständige Dezernent auch die Sitzungen vor auswärtigen Gericht selbst wahrnehmen und die Anklage auch gegen diese im fremden Zuständigkeitsbereich tätig gewordenen Täter selbst erheben. Welche möglichen Vorteile ein solches „Pilotverfahren“ haben kann, werde ich später noch darstellen. 3. Beginn der Ermittlungen a. rechtliche Vorüberlegungen Aufgrund der bestehenden Verdachtslage musste man – wie letztlich auch gerichtlich festgestellt – von einer im wesentlichen aus Hamburg, Siegburg und Kreuztal ge- steuerten Tätergruppe ausgehen, die einerseits durch eine recht kleine Gruppe ge- führt wurde und die zudem aufgrund ihrer ethnischen Herkunft und Kontakte in die ehemaligen Staaten des Warschauer Paktes über genügend gute Beziehungen für eine kaum kontrollierbare internationale Zusammenarbeit verfügte. So stellte es für die Führung beispielsweise keinerlei Problem dar, an angemietete Transportmittel aus Drittstaaten zu gelangen, die nicht nur eine recht gute Tarnung hatten, sondern sich auch einer Beschlagnahme weitgehend entziehen konnten. Da bereits sprachliche Probleme den offenen Einsatz polizeilicher Ermittler im Um- feld der Organisation nahezu unmöglich machten, eine offene Observation als allei- niges Mittel des Tatnachweise ausscheiden musste, kamen nur Maßnahmen nach § 100a StPO in Betracht. Das galt umso mehr, als die Absicht verfolgt wurde, auch in die führenden Bereiche der Tätergruppe vorzudringen. Ganz allgemein kann man wohl feststellen, dass „lediglich“ dirigierende und nicht offen auftretende Mitglieder der Führungsebene mit anderen Mitteln kaum an die Tat herangebracht werden kön- Seite 16 von 36
© Oberstaatsanwalt Wolfgang Rahmer, StA Hagen: Handhabung von Großverfahren _____________________________________________________________________________________________________ nen. Das gilt umso mehr, je weniger sog. „paper – trades“, wie zum Beispiel Konten- bewegungen hinterlassen werden. An dieser Stelle hier sei angemerkt, dass ein weiteres Prinzip unserer Strafprozess- ordnung gerne zum Anlass genommen wird, den Umfang der anzustellenden Ermitt- lungen einzuschränken. So wurde seitens der Leitung des zuständigen Zollfahn- dungsamtes unter Hinweis auf das Legalitätsprinzip bereits nach den ersten zwei observierten und mittels der laufenden Telefonüberwachungsmaßnahmen festge- stellten Lieferungen der Wunsch an mich herangetragen, den Zugriff alsbald vorzu- nehmen. Vielleicht war für diese Bitte auch der Umstand von wesentlicher Bedeu- tung, dass bei jeder Lieferung mindestens 85.000 € Branntweinsteuer dem Fiskus verloren gingen. Es bedurfte in dieser Phase schon des sehr deutlichen Hinweises auf die sich ab- zeichnenden Probleme bei der späteren gerichtlichen Umsetzung der Ermittlungser- gebnisse, bevor das Verfahren uneingeschränkt weitergeführt werden konnte. Man musste nämlich davon ausgehen, gerade den führenden Gruppenmitgliedern straf- rechtlich relevantes Handeln kaum in einem dem persönlichen Schuldumfang ent- sprechenden Maße nachweisen zu können. Mit ausschlaggebend dürfte allerdings das Argument gewesen sei, dass der für not- wendig gehaltene Aufschub des Zugriffs nicht notwendigerweise mit einem Verlust der Steuereinnahmen verbunden sein würde. Spätere Steuerbescheide mit entspre- chenden Einnahmen haben diese Annahme bestätigt. b. Erstellen eines Aufgabenkataloges Um die anfallenden Arbeiten besser organisieren zu können, wurden innerhalb der Ermittlungskommission Aufgaben verteilt und zu besseren Kontrolle Kataloge mit den einzelnen Zuständigkeiten erstellt. Seite 17 von 36
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