Behörden MAGAZIN - Gemischter Chor der Polizei Berlin e. V.
Behörden MAGAZIN - Gemischter Chor der Polizei Berlin e. V.
Behörden MAGAZIN - Gemischter Chor der Polizei Berlin e. V.
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
•<br />
Die meisten dieser Frauen sind davon<br />
überzeugt, dass in ihrer Behörde kein Interesse<br />
an weiblichen Führungskräften<br />
besteht.<br />
Eine Analyse von Freitextantworten zeigt<br />
weitere Aspekte auf, die gegen die Übernahme<br />
einer Führungsfunktion sprechen.<br />
Hierzu zählen eine hohe Arbeitszufriedenheit<br />
in dem aktuellen Aufgabenbereich, ein positiv<br />
erlebter Zusammenhalt in dem bestehenden<br />
Team, die als überwiegend politisch und<br />
administrativ erlebten Aufgaben einer Führungskraft<br />
sowie <strong>der</strong> Wunsch nach einer Ausgewogenheit<br />
zwischen Arbeits- und<br />
Privatleben.<br />
Es lässt sich zusammenfassend festhalten,<br />
dass es in beiden <strong>Behörden</strong> eine große Anzahl<br />
potenzieller „Führungsfrauen“ im gehobenen<br />
<strong>Polizei</strong>dienst gibt. Ihre Führungskräfte<br />
– sowohl direkte als auch übergeordnete –<br />
nehmen einen großen Einfluss auf die wahrgenommene<br />
Attraktivität von Führungsfunktionen<br />
und damit auch auf die Motivation,<br />
<strong>der</strong> Gruppe <strong>der</strong> Führungskräfte angehören zu<br />
wollen. Auch durch ihr konkretes Verhalten<br />
nehmen Vorgesetzte Einfluss auf die Frauen,<br />
von denen sich viele mehr Motivation durch<br />
ihre Vorgesetzten wünschen. Damit üben<br />
Führungskräfte eine größere Modell- und<br />
För<strong>der</strong>ungsfunktion aus, als ihnen möglicherweise<br />
bewusst ist.<br />
Handlungsmöglichkeiten<br />
Auffallend ist, dass die Barrieren, die für die<br />
führungsmotivierten Frauen gegen die Übernahme<br />
einer Vorgesetztenfunktion sprechen,<br />
zu den allgemeinen (z. B. Beurteilungen, Auswahlverfahren,<br />
Teilzeittätigkeit) bzw. zu den<br />
behördenspezifischen Rahmenbedingungen<br />
(z. B. Motivation durch Vorgesetzte, Image<br />
<strong>der</strong> Behörde bzgl. Frauen in Führungsfunktionen)<br />
zu zählen sind. Auf einige dieser erlebten<br />
Barrieren kann in den <strong>Behörden</strong><br />
möglicherweise eingewirkt werden.<br />
Den nachfolgend vorgestellten Überlegungen<br />
legen wir die Betrachtungsweise des Gen<strong>der</strong><br />
Mainstreaming zugrunde. Diese berücksichtigt<br />
die Lebensrealität bei<strong>der</strong> Geschlechter -<br />
also die <strong>der</strong> Frauen und <strong>der</strong> Männer – mit<br />
dem Ziel <strong>der</strong> „gleichen Teilhabe am gesellschaftlichen<br />
Leben und einer realen (und<br />
nicht nur formalen) Chancengleichheit“<br />
(Stemberg, 2011, S. 16). Denn obwohl wir uns<br />
in den Befragungen ausschließlich auf Frauen<br />
konzentriert haben gehen wir davon aus,<br />
dass auch männliche <strong>Polizei</strong>beamte – dieser<br />
Pleonasmus sei uns hier zur Verdeutlichung<br />
26 DAS BEHÖRDEN<strong>MAGAZIN</strong> April/2012<br />
gegönnt – Barrieren erleben können, denn<br />
nicht alle <strong>Polizei</strong>vollzugsbeamten bewerben<br />
sich auf eine Führungsfunktion. Unsere Überlegungen<br />
sind als Anregungen für die Neuund<br />
Reorganisation, Verbesserung, Entwicklung<br />
und Evaluation von Prozessen und Entscheidungen<br />
mit dem Ziel <strong>der</strong><br />
Chancengleichheit von Frauen und Männern<br />
auch in polizeilichen Führungsfunktionen zu<br />
verstehen.<br />
Festschreibung und Umsetzung von<br />
Gen<strong>der</strong>zielen als <strong>Behörden</strong>strategie<br />
Wie berichtet stellt ein Großteil <strong>der</strong> führungsmotivierten<br />
Frauen das Interesse ihrer <strong>Behörden</strong><br />
an weiblichen Führungskräften in Frage.<br />
We<strong>der</strong> scheinen sie durch bestehende Frauenför<strong>der</strong>pläne<br />
noch durch Kolleginnen, die<br />
bereits Führungsfunktionen inne haben, von<br />
<strong>der</strong> Ernsthaftigkeit des Interesses <strong>der</strong> <strong>Behörden</strong>leitungen<br />
überzeugt werden zu können.<br />
Eine Möglichkeit, das ernsthafte und nachhaltige<br />
Interesse an Frauen in Führungsfunktionen<br />
zu verdeutlichen, kann darin liegen,<br />
die Erhöhung des weiblichen Anteils an Führungskräften<br />
als Ziel in <strong>der</strong> <strong>Behörden</strong>strategie<br />
zu verankern. Ein solches Gen<strong>der</strong>ziel<br />
würde wie die an<strong>der</strong>en Ziele zu behandeln<br />
und umzusetzen sein - im Rahmen eines Projekts<br />
mit definierten Projektzielen, einem Entwicklungs-,<br />
Planungs- und<br />
Umsetzungsprozess sowie einem Controlling,<br />
dass <strong>der</strong> Analyse dient, ob jede Projektaktivität<br />
auch einen Beitrag zur Erreichung des<br />
Projektziels beiträgt. Hierbei können bereits<br />
bekannte und angewendete Methoden und<br />
Systematiken zum Einsatz kommen, wie<br />
bspw. die Balanced Scorecard, die als beson<strong>der</strong>s<br />
geeignet für die Dokumentation und<br />
Steuerung von Gen<strong>der</strong>zielen gilt (weiterführend<br />
vgl. Zentrum Frau in Beruf und Technik,<br />
2006).<br />
<strong>Behörden</strong>interne För<strong>der</strong>programme<br />
für Mitarbeiterinnen<br />
Wissenschaftliche Untersuchungen haben<br />
deutlich gemacht, dass die Rahmenbedingungen<br />
in <strong>der</strong> schulischen und beruflichen<br />
Bildung einen Einfluss auf den Lernerfolg<br />
haben. Die Befürworter geschlechtshomogener<br />
Ausbildung sehen im Vergleich zur koedukativen<br />
Ausbildung Potenziale und positive<br />
Unterschiede<br />
• in <strong>der</strong> Interaktion zwischen Lehrenden<br />
und Lernenden,<br />
• in <strong>der</strong> Bewertung und Benotung von<br />
Leistungen,<br />
•<br />
in <strong>der</strong> fehlenden Einschüchterung von<br />
Mädchen und Frauen durch Jungen und<br />
Männer sowie<br />
•<br />
in einer Zielgruppen angemessenen<br />
Form <strong>der</strong> Darbietung und Vermittlung<br />
<strong>der</strong> Lehrinhalte (vgl. Kessels & Hannover,<br />
2008).<br />
Dies scheint beson<strong>der</strong>s dann zu gelten, wenn<br />
es um Lehrinhalte und Themen geht, die als<br />
„untypisch“ für Mädchen bzw. Frauen gelten<br />
– z. B. in den Bereichen Technik, Naturwissenschaften,<br />
Informatik (Kessels & Hannover,<br />
2008). In gleichgeschlechtlichen Lerngruppen<br />
stellt das Merkmal „Geschlecht“ eine Gemeinsamkeit<br />
her, kann sich angstreduzierend<br />
auswirken und die Erkenntnis för<strong>der</strong>n, dass<br />
auch ein Mädchen bzw. eine Frau etwas leisten<br />
kann, was sie bislang für „typisch männlich“<br />
gehalten hat. Aus dieser Erkenntnis<br />
heraus wurden in den letzten Jahren in <strong>der</strong><br />
freien Wirtschaft Trainee- und Fortbildungsprogramme<br />
ausschließlich für Frauen angeboten,<br />
die sich sowohl an potenzielle als auch<br />
an aktuelle weibliche Führungskräfte richten.<br />
Diesem Gedanken folgend können sich <strong>Behörden</strong><br />
mit <strong>der</strong> Frage nach För<strong>der</strong>programmen<br />
für potenzielle weibliche Führungskräfte<br />
auseinan<strong>der</strong>setzen. Für Großbehörden mit<br />
ausreichen<strong>der</strong> Personalstärke könnte ein solches<br />
För<strong>der</strong>- o<strong>der</strong> Mentoringprogramm für<br />
Mitarbeiterinnen als behördeneigene Maßnahme<br />
zur Personalentwicklung interessant<br />
sein; kleinere <strong>Behörden</strong> könnten sich hierfür<br />
zusammenschließen. Über mehrjährige Erfahrungen<br />
mit einem Mentoringprogramm,<br />
das sich ausschließlich an Frauen richtet, verfügt<br />
die <strong>Polizei</strong> Nie<strong>der</strong>sachsen, die dieses seit<br />
2001 als Personalentwicklungsmaßnahme<br />
zur Erhöhung des Anteils weiblicher Führungskräfte<br />
landesweit durchführt (vgl. Nie<strong>der</strong>sächsisches<br />
Ministerium für Inneres und<br />
Sport, 2007).<br />
Auch dieser Vorschlag eines För<strong>der</strong>programms<br />
für Frauen trägt <strong>der</strong> Betrachtungsweise<br />
des Gen<strong>der</strong> Mainstreaming Rechnung<br />
– schließlich geht es um die Erzielung einer<br />
realen Chancengleichheit, die auch im Jahr<br />
2011 noch nicht besteht. Sobald diese Chancengleichheit<br />
besteht o<strong>der</strong> mittels Maßnahmen<br />
das Gen<strong>der</strong>ziel <strong>der</strong> <strong>Behörden</strong>strategie<br />
erreicht wurde, können solche För<strong>der</strong>- und<br />
Mentoringprogramme auch für die Mitarbeiter<br />
mit Führungspotenzial geöffnet werden.<br />
Hierzu gibt es ebenfalls Erfahrungen im polizeilichen<br />
Arbeitskontext: Die Landespolizei<br />
<strong>Berlin</strong> richtet beispielsweise ihr Mentoringkonzept<br />
„PoliMento“ an alle Mitarbeiterinnen<br />
und Mitarbeiter im gehobenen<br />
<strong>Polizei</strong>vollzugsdienst (Bahnisch, Bussek, Dannenbring,<br />
Groß, Klatt, Schulz & Wietholz,<br />
2009).