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Behörden MAGAZIN - Gemischter Chor der Polizei Berlin e. V.

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Themenpaket: Prostitution und Menschenhandel<br />

Experte: «Rückkehr zum<br />

verbot wäre absurd<br />

Seit die Prostitution in Deutschland vor zehn Jahren völlig<br />

legalisiert wurde, ist <strong>der</strong> Markt für käuflichen Sex stark<br />

gewachsen. Damit hat nach Erkenntnissen von Wissenschaftlern<br />

auch <strong>der</strong> Menschenhandel zugenommen.<br />

Heidelberg (dpa) - In Län<strong>der</strong>n mit legaler Prostitution gibt es einer<br />

Studie zufolge mehr Menschenhandel. Die von <strong>der</strong> Europäischen<br />

Kommission finanzierte Untersuchung verglich Daten aus 150 Län<strong>der</strong>n.<br />

Trotz <strong>der</strong> alarmierenden Ergebnisse hält Prof. Axel Dreher - einer<br />

<strong>der</strong> drei Autoren <strong>der</strong> Studie - ein Verbot <strong>der</strong> Prostitution nicht für den<br />

richtigen Weg.<br />

Was ist das wichtigste Ergebnis <strong>der</strong> Studie?<br />

Dreher: «Das zentrale Ergebnis ist, dass Län<strong>der</strong> mit legaler Prostitution<br />

signifikant mehr Menschenhandel aufweisen.»<br />

Wie ist das zu erklären? Man hatte doch gedacht, dass es<br />

in einem legalen Markt gar keinen Grund mehr für kriminellen<br />

Menschenhandel geben würde.<br />

Dreher: «In allen Län<strong>der</strong>n <strong>der</strong> Welt besteht ein gewisser Anteil <strong>der</strong><br />

Prostituierten aus geschmuggelten Frauen. Nun könnte man vielleicht<br />

erwarten, dass dieser Anteil in Län<strong>der</strong>n mit legaler Prostitution kleiner<br />

ist als in Län<strong>der</strong>n, in denen sie verboten ist. Tatsächlich scheint <strong>der</strong><br />

Anteil aber relativ konstant zu sein. Gleichzeitig ist <strong>der</strong> Prostitutionsmarkt<br />

in Län<strong>der</strong>n mit legaler Prostitution insgesamt viel größer. Und<br />

das ist ja auch völlig plausibel, weil für die Freier und die Prostituierten<br />

dann kein Risiko besteht. Die Zahl <strong>der</strong> Prostituierten ist also größer<br />

- und damit auch die Zahl <strong>der</strong> geschmuggelten Frauen.»<br />

Können Sie das mit zahlen untermauern?<br />

Dreher: «In Deutschland, wo Prostitution legal ist, ist <strong>der</strong> Markt<br />

mehr als 60 Mal so groß wie in Schweden, wo Prostitution verboten<br />

ist. Gleichzeitig hat Deutschland rund 62 Mal so viele Opfer von Menschenhandel<br />

wie Schweden, obwohl die Bevölkerung weniger als<br />

zehn Mal so groß ist. Das sind enorme Unterschiede. Die Datenqualität<br />

ist zwar schlecht - das liegt in <strong>der</strong> Natur <strong>der</strong> Sache - aber es ist<br />

sehr unwahrscheinlich, dass die Unterschiede allein auf Messfehler<br />

zurückgehen.»<br />

Muss das Prostitutionsgesetz also wie<strong>der</strong> verschärft werden?<br />

Dreher: «Das halte ich für völlig absurd. Das hieße, das Kind mit<br />

dem Bade auszuschütten. Es wird geschätzt, dass es in Deutschland<br />

150 000 Prostituierte gibt. Ich fände es falsch, <strong>der</strong>en Freiheitsrechte<br />

einzuschränken. Für mich wiegt es viel schwerer, dass Menschen frei<br />

entscheiden können, ob sie in diesem Beruf tätig sein wollen o<strong>der</strong><br />

nicht. Das ist oft nicht <strong>der</strong> Fall. Aber was man tun muss, ist: gegen<br />

das Verbrechen stärker vorgehen. Sicherstellen, dass <strong>der</strong> Missbrauch<br />

verhin<strong>der</strong>t wird.»<br />

64 DAS BEHÖRDEN<strong>MAGAZIN</strong> April/2012<br />

Aber die <strong>Polizei</strong> sagt, dass ihr gerade durch die Legalisierung<br />

<strong>der</strong> Prostitution ein tatkräftiges vorgehen gegen<br />

Menschenschmuggler erschwert wird.<br />

Dreher: «Dafür bin ich kein Spezialist. Ich kann nachvollziehen, dass<br />

die Legalisierung es schwieriger macht. Ein Streifenpolizist kann dann<br />

nicht einfach mal jemanden im Rotlichtmilieu auf Verdacht festnehmen.<br />

Aber ich kann nicht glauben, dass es nicht mehr möglich sein<br />

soll, gegen Menschenschmuggel vorzugehen. Dafür gibt es Gesetze,<br />

wie gegen den Drogenhandel. Ich denke, das ist eine Frage des Herangehens<br />

- und was es einem wert ist.»<br />

Gleichstellungsbeauftragte:<br />

Frauen sind keine Ware<br />

Ein teuflischer Kreislauf aus Gewalt, Prostitution und<br />

Angst zwingt Frauen weltweit in mo<strong>der</strong>ne Formen <strong>der</strong><br />

Sklaverei. In Königs Wusterhausen hilft eine Beratungsstelle<br />

Opfern von Menschenhandel. Aber es ist schwer, das<br />

vertrauen <strong>der</strong> Betroffenen zu gewinnen.<br />

Königs Wusterhausen/Potsdam (dpa/bb) - Die im vergangenen Oktober<br />

gegründete Koordinierungsstelle für von Menschenhandel betroffene<br />

Frauen in Königs Wusterhausen (Dahme-Spreewald) wird<br />

nach Einschätzung von Experten gut angenommen. Träger <strong>der</strong> Einrichtung<br />

ist <strong>der</strong> international organisierte katholische Frauenverband<br />

In Via.<br />

«Die Einrichtung arbeitet mit <strong>der</strong> gesamten landesweiten Infrastruktur<br />

zusammen, die mit dem Thema Menschenhandel irgendwie konfrontiert<br />

ist», sagt die Gleichstellungsbeauftragte des Landes<br />

Brandenburg, Frie<strong>der</strong>ike Haase, <strong>der</strong> Nachrichtenagentur dpa. «<strong>Polizei</strong>,<br />

Staatsanwaltschaft, Schwangerschaftsberatungen, Frauenhäuser und<br />

Streetworker sind in <strong>der</strong> Koordinierungsstelle eng vernetzt.»<br />

Bislang hätten sich bereits etwa 30 Frauen gemeldet. «Der Schritt<br />

aus dem Schattendasein heraus ist sehr schwer. Es braucht viel Mut,<br />

um das eigene Problem als solches zu erkennen und sich Hilfe zu suchen»,<br />

schil<strong>der</strong>te Haase. «Die Entwicklung ist daher durchaus als Erfolg<br />

zu werten.»<br />

Viele Opfer stammten aus Bulgarien, Ungarn und Rumänien. Es seien<br />

auch Deutsche betroffen, die - in Abhängigkeit gezwungen - sexuell<br />

ausgebeutet werden. «Die oft grausamen Geschichten sind absolut<br />

individuell», berichtete Haase. «Allerdings ist es eine sehr schwierige<br />

Aufgabe, das Vertrauen <strong>der</strong> Frauen zu gewinnen. Das Thema ist sensibel.»<br />

Der Kreislauf aus Gewalt und Bedrohung versetze die Frauen<br />

in ständige Angst.<br />

Die Aufgaben <strong>der</strong> Koordinierungsstelle seien so unterschiedlich wie<br />

die hilfesuchenden Frauen. «Im Vor<strong>der</strong>grund steht die Sicherung <strong>der</strong><br />

Grundbedürfnisse», sagte die Gleichstellungsbeauftragte. Die Ange-

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