Mehrsprachigkeitskonzept – Tertiärsprachen – Deutsch nach Englisch
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Da man aber den Schüler/innen keine Native-Speaker-Kompetenz zuschreiben darf,<br />
muss man selbstverständlich von den tatsächlichen Kenntnissen ausgehen. Ein Lehrmittel<br />
für das Frühenglisch existiert leider noch nicht. Deshalb habe ich den Wortschatz<br />
des Lehrbuchs des Kantons Zürich für die 1. Sekundarschule analysiert (Non-Stop<br />
<strong>Englisch</strong> 1). Man stellt fest, dass eine beträchtliche Zahl von Cognates vorhanden ist.<br />
Etwa 9% davon (85 Wörter) kommen auch im „Lexique“ von envol 5 vor. Es handelt<br />
sich um Internationalismen (july, theatre, idea), französische oder romanische<br />
Entlehnungen (menu, mountain, age, finish, grandsparents) oder Anglizismen<br />
(hamburger, football). Viele darunter sind außerdem auch im <strong>Deutsch</strong>en bekannt<br />
(chocolate, garage, hamburger etc.). Dieser Prozentsatz könnte höher liegen, wenn die<br />
Themen beider Lehrbücher besser aufeinander abgestimmt wären. 1<br />
Um diese Gemeinsamkeiten zwischen L2 und L3 bewusst zu machen, müsste man in<br />
den nächsten Ausgaben von envol 5 und envol 6 eine neue Kolonne im Wortschatz für<br />
die englische Entsprechung vorsehen oder zumindest für das bereits eingeführte Wort<br />
im entsprechenden <strong>Englisch</strong>lehrbuch. In einem zweiten Schritt könnte man diese<br />
Gemeinsamkeiten im Klassenverband thematisieren, um Vergleiche anzustellen und<br />
Einordnungsübungen durchzuführen.<br />
Der zweite Aspekt im Rahmen der <strong>Tertiärsprachen</strong>didaktik betrifft das Schriftbild der<br />
Wörter. Die Rechtschreibung des Französischen bietet nicht nur Fremdsprachigen sehr<br />
viel Mühe, auch die kleinen Franzosen kämpfen während Jahren mit den Tücken dieser<br />
historischen (latinisierenden) Rechtschreibung (Chervel/Manesse 1989). Die Lernenden<br />
müssen einerseits neue Buchstabenkombinationen und deren Lautwert erkennen,<br />
die im <strong>Deutsch</strong>en nicht existieren (z. B. au = [o], ou = [u]). Andererseits sind die<br />
Unterschiede zwischen gesprochener und geschriebener Sprache so groß, dass keine<br />
eindeutigen Beziehungen zwischen Graphemen und Phonemen (vor allem Vokalen)<br />
vorliegen. Die eindeutige Zuordnung einer Graphie zu einer Phonie trifft sehr selten zu,<br />
denn 26 Buchstaben müssen etwa 40 Phoneme wiedergeben. Das phonographische<br />
System des Französischen ist darüber hinaus in beiden Richtungen mehrdeutig: auf der<br />
einen Seite können die Grapheme in, yn, en den Nasalvokal [E$] wiedergeben (pin,<br />
lynx, examen); auf der anderen Seite steht das Graphem en gleichzeitig für [a$] (vent)<br />
und für [E] (spécimen) (Söll/Hausmann 31985, 68-71). Wenn man vom <strong>Deutsch</strong>en her<br />
kommt, das eine eindeutigere Zuordnung zwischen Graphemen und Phonemen<br />
aufweist, bietet diese mangelnde Biunivozität der französischen Rechtschreibung<br />
außerordentliche Schwierigkeiten.<br />
Hat bis jetzt der <strong>Englisch</strong>erwerb vom Französischerwerb enorm profitiert, so kann von<br />
nun an der Französischunterricht von der Vorarbeit des <strong>Englisch</strong>en Nutzen ziehen. Man<br />
kann behaupten, dass beim Erwerb beider Sprachen die gleichen hohen Anforderungen<br />
gestellt werden, denn auch das <strong>Englisch</strong>e besitzt eine historische, ja sogar eine fast<br />
ideographische Rechtschreibung. <strong>Englisch</strong> ist nämlich eine phonographisch ähnlich<br />
aufgebaute Sprache, obwohl es graphisch in höherem Maße als das Französische mehr-<br />
1 Man müsste schließlich auch Non-Stop <strong>Englisch</strong> 2 berücksichtigen, da der Vorsprung des <strong>Englisch</strong>en<br />
mindestens zwei Jahre beträgt.<br />
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