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Die Menstruation – Wesentliches Element des Frauseins ... - Schule.at

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KulturSoziologieW erkst<strong>at</strong>t Forschungsbericht <strong>Menstru<strong>at</strong>ion</strong><br />

Obwohl nicht zuletzt dank der Werbung eine gewisse Enttabuisierung st<strong>at</strong>tgefunden h<strong>at</strong>, h<strong>at</strong><br />

sich die Einstellung zur <strong>Menstru<strong>at</strong>ion</strong> kaum verbessert. Nach Ansicht von Expertinnen leiden<br />

Frauen heute möglicherweise sogar mehr unter <strong>Menstru<strong>at</strong>ion</strong>sbeschwerden, weil der<br />

moderne Leistungsdruck und Fitnesskult massiver denn je die Angleichung <strong>des</strong> weiblichen<br />

Lebensrhythmus an die männlichen Strukturen und Normen fordert. <strong>Die</strong> <strong>Menstru<strong>at</strong>ion</strong> wird<br />

möglichst unsichtbar gemacht. Aktuelle Entwicklungen in der Gynäkologie weisen in die<br />

Richtung, die Mon<strong>at</strong>sblutung überhaupt abzuschaffen. Auf der anderen Seite sind aber auch<br />

positive Veränderungen zu verzeichnen: <strong>Die</strong> modernen Hygieneartikel sind zweifellos praktischer,<br />

angenehmer und hygienischer als die auswaschbaren Stoffbinden, die unsere Mütter<br />

und Großmütter verwendet haben. Expertinnen glauben, dass die Ablehnung von Sex während<br />

der <strong>Menstru<strong>at</strong>ion</strong> in unserem Kulturkreis aufgebrochen ist und dass zumin<strong>des</strong>t in aufgeklärten<br />

Kreisen die Mon<strong>at</strong>sblutung keine sexlose Zeit mehr ist.<br />

5.2.3. Der Einfluss <strong>des</strong> Männerblicks<br />

Auch der Freun<strong>des</strong>kreis, insbesondere die SchulkollegInnen üben einen Einfluss auf das<br />

Erleben der <strong>Menstru<strong>at</strong>ion</strong> aus. Mädchen äußern die Angst, dass die Buben sich über sie<br />

lustig machen, wenn sie mitbekommen, dass sie die <strong>Menstru<strong>at</strong>ion</strong> haben und sie ausspotten,<br />

wenn sie einen Blutfleck auf ihrer Kleidung entdecken. Aber auch erwachsene Frauen sind<br />

dem Spott der Männer ausgesetzt. Sie werden als „unpässlich“ bezeichnet und als unzuverlässig,<br />

nicht zurechnungsfähig abgewertet. Das PMS als „Frauenkrankheit“ dient als Anlass<br />

und Grund Frauen nicht vollkommen ernst nehmen zu müssen. Kaum eine Frau ist mit<br />

einem derart stabilen Selbstbewusstsein ausgest<strong>at</strong>tet, dass sie solche Untergriffe ganz unbeschadet<br />

wegstecken kann. <strong>Die</strong> meisten introjizieren die Abwertung, empfinden Scham und<br />

glauben selbst, sich während ihrer Tage oder auch schon in der Zeit davor anderen nicht<br />

zumuten zu können. Vielen erscheint es der einzige Ausweg, die <strong>Menstru<strong>at</strong>ion</strong> und ihre<br />

psychophysischen Auswirkungen möglichst aus der Welt zu schaffen. <strong>Die</strong> Gynäkologen und<br />

die pharmazeutische Industrie verdienen gut an den vielen Frauen, die regelmäßig zu<br />

Schmerzmitteln greifen oder mittels Hormonen den Zyklus unterdrücken.<br />

Leider sind auch die Geschlechtsgenossinnen oft keine große Unterstützung. Konkurrenz<br />

unter Mädchen und Neid älterer Frauen auf jüngere fördert die Tabuisierung. Hinter dem<br />

Schweigen lässt sich so manches Mal die unbewusste Einstellung erahnen: Wieso sollten es<br />

die Jungen heute besser haben als wir es gehabt haben?<br />

5.2.4. Prägung durch die Kultur<br />

<strong>Die</strong> Einstellung zur <strong>Menstru<strong>at</strong>ion</strong> ist kulturell geprägt. Autonomie ist in der modernen mittel-<br />

und westeuropäischen Welt auch für die weibliche Identität ein zentraler Wert. Das selbständige,<br />

mobile Individuum, das weitgehend frei von familiären und religiösen Bindungen ist,<br />

bildet den Grundstein der kapitalistisch industriellen Arbeitsgesellschaft. In dieser Welt stellt<br />

die weibliche Zyklizität einen Störfaktor dar. <strong>Die</strong> moderne Frau ist schlank, fit, leistungsorientiert<br />

und macht beruflich Karriere. <strong>Die</strong> weiblichen Funktionen im Zusammenhang mit der<br />

Fähigkeit zu Gebären sollen dabei möglichst keinen Raum einnehmen. Prominente Frauen<br />

leben ihren Geschlechtsgenossinnen vor, wie sie wenige Tage nach einer Geburt bereits<br />

wieder vollfit in der Öffentlichkeit stehen, als wäre nichts gewesen. <strong>Die</strong>sem Frauenbild steht<br />

im Kontext „warmer“ Gesellschaften, in denen nicht das Individuum, sondern die Gemeinschaft<br />

im Vordergrund steht, ein anderes gegenüber. In Kulturen, die heute noch bzw. wieder<br />

stark von einem moslemischen Weltbild geprägt sind, ist das Weiblichkeitsideal nicht an<br />

Autonomie und Fitness orientiert, sondern an Mütterlichkeit und familiärer Bindung. <strong>Die</strong> Frau<br />

ist als Besitz ihres Mannes definiert, dem folgerichtig das Recht auf eine „unbenützte“ jungfräuliche<br />

Braut zugestanden wird. Vor diesem Hintergrund h<strong>at</strong> die <strong>Menstru<strong>at</strong>ion</strong> einen anderen<br />

Stellenwert. Ist für ein modernes mitteleuropäisches Mädchen die Menarche damit verknüpft,<br />

von nun an schwanger werden zu können und sich daher um Verhütung kümmern zu<br />

müssen, bedeutet die erste Regelblutung für ein Mädchen aus einer traditionellen moslemi-<br />

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