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Heft 1 1-64 - Anwaltsblatt

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AnwBl 1/2000 13<br />

Aufsätze l<br />

gen, sondern sie sind – nicht anders als die Berufsrichter –<br />

in vollem Umfang für die gesamte tatsächliche Aufbereitung<br />

und rechtliche Beurteilung eines jeden Falles mitverantwortlich.<br />

Sie haben also, wie das Gesetz es ausdrückt,<br />

während der Dauer ihres Ehrenamtes alle Rechte und<br />

Pflichten eines Berufsrichters. Dieser Verantwortung stellen<br />

sie sich sowohl bei der Vorbereitung der Sachen als auch in<br />

der Verhandlung und Beratung mit großem Engagement.<br />

Dabei vollzieht sich die Arbeit im Senat in vorbildlicher<br />

kollegialer Atmosphäre. Solange ich zurückdenken kann,<br />

sind grundlegende Differenzen weder zwischen Richtern<br />

und Notaren noch zwischen Anwalts- und Nurnotaren aufgetreten.<br />

Lassen Sie mich an dieser Stelle einmal ganz offiziell<br />

und mit Außenwirkung feststellen: Ohne die Mitwirkung<br />

der Notare wäre der Senat für Notarsachen des<br />

Bundesgerichtshofs qualitativ nicht das, was er zu sein<br />

hofft.<br />

Die Tätigkeit im Notarsenat ist für alle Beteiligten<br />

zwangsläufig mit erheblichen zusätzlichen Belastungen verbunden.<br />

Was die Notare angeht, so wird Ihnen dies unmittelbar<br />

einleuchten. Die beteiligten Richter gehören sämtlich<br />

anderen Senaten, ihren Stammsenaten, an; auch sie müssen<br />

die Arbeit im Spezialsenat als zusätzliche Bürde verkraften.<br />

So gesehen muß auch die Frage erlaubt sein, ob es wirklich<br />

gerechtfertigt ist, einzelnen Berufsgruppen den Zugang<br />

zum Bundesgerichtshof als Tatsacheninstanz zu eröffnen.<br />

Die Behandlung dieses komplexen Themas, dessen Erörterung<br />

bei der geplanten Justizreform nicht ausgespart bleiben<br />

sollte, würde indessen den Rahmen meines Vortrages<br />

sprengen.<br />

II.<br />

Die folgenden Ausführungen zur Rechtsprechung des<br />

Senats für Notarsachen des Bundesgerichtshofs sollen in<br />

vier Punkte untergliedert werden:<br />

– Errichtung von Notarstellen<br />

– Zugang zum Notariat<br />

– Amtsausübung<br />

– Beendigung des Amtsverhältnisses<br />

In dem jeweiligen Zusammenhang wird, soweit dies erforderlich<br />

ist, auch auf verfahrensrechtliche Fragen einzugehen<br />

sein. Aussparen möchte ich den Bereich des Organisationsrechts,<br />

insbesondere also Fragen, die im<br />

Zusammenhang mit der Tätigkeit der Notarkammern und<br />

der Notarkassen stehen. Ebensowenig soll sich mein Bericht<br />

auf die Rechtsprechung des Senats zu den aus der<br />

deutschen Einigung entstandenen Problemen im Bereich<br />

der vorsorgenden Rechtspflege erstrecken; darüber wird in<br />

der Festschrift zum 50jährigen Bestehen des Bundesgerichtshofs<br />

gesondert zu berichten sein.<br />

1. Errichtung von Notarstellen<br />

Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats ist die<br />

Errichtung einer Notarstelle kein Verwaltungsakt, sondern<br />

nur ein verwaltungsinterner Vorgang ohne Regelungscharakter.<br />

Dementsprechend ist auch die Bestimmung der Zahl der<br />

Amtsinhaber und der Zuschnitt der Notariate der Organisationsgewalt<br />

des Staates vorbehalten (zuletzt Beschluß vom<br />

20. Juli 1998 – NotZ 31/97 – DNotZ 1999, 251 m. w. N.).<br />

Dies bedeutet, daß die Errichtung der Stelle oder deren Ablehnung<br />

als solche nicht mit dem Antrag auf gerichtliche<br />

Entscheidung (§ 111 BNotO) anfechtbar ist.<br />

Trotzdem gewähren die Gerichte auch in diesem Bereich<br />

auf folgendem Umweg Rechtsschutz:<br />

Eine Landesjustizverwaltung errichtete in einer Kleinstadt,<br />

in der bereits drei Notariate bestanden, eine weitere<br />

Notarstelle. Dies griff einer der ortsansässigen Notare mit<br />

dem Antrag auf gerichtliche Entscheidung an. Der Senat<br />

hat diesen Antrag – im Sinne einer „kundenfreundlichen“<br />

Auslegung – auch unter dem Gesichtspunkt geprüft, ob der<br />

Antragsteller verlangen könne, daß dem Antragsgegner<br />

(der Landesjustizverwaltung) jedenfalls die Besetzung der<br />

neu errichteten Notarstelle untersagt werde (aaO m. w. N.).<br />

Dies knüpft an eine gefestigte Rechtsprechung an, die von<br />

der Erwägung getragen wird, daß die Justizverwaltung bei<br />

der Ausübung des ihr eingeräumten Organisationsermessens<br />

nach § 4 BNotO subjektive Rechte von Amtsinhabern<br />

insoweit zu wahren hat, als jedem Notar zur Erfüllung seiner<br />

öffentlichen Aufgabe ein Mindestmaß an wirtschaftlicher<br />

Unabhängigkeit gewährleistet ist. Dabei ist auch der<br />

Gesichtspunkt der Selbstbindung der Justizverwaltung an<br />

von ihr selbst aufgestellte Richtzahlen – bezogen auf den<br />

Zeitpunkt der Stellenerrichtung – zu beachten. Geht nun in<br />

der Zeit zwischen der Stellenerrichtung und der endgültigen<br />

gerichtlichen Entscheidung über die Besetzung das<br />

Gesamturkundsaufkommen der betreffenden Notariate zurück,<br />

so stellt sich die Frage, ob das Beschwerdegericht<br />

dies berücksichtigen darf oder gar muß. Die uneingeschränkte<br />

Berücksichtigung würde außer Betracht lassen,<br />

daß die Landesjustizverwaltung mit der Besetzung der Notarstelle<br />

lediglich ihre Errichtungsentscheidung umsetzt, die<br />

ihrerseits der Anfechtung entzogen ist. Auf der anderen<br />

Seite würde sich bei einem krassen Rückgang der Beurkundungszahlen<br />

der Gesamtvorgang (Errichtung und Besetzung<br />

der Stelle) im Ergebnis als nicht hinnehmbare Fehlentscheidung<br />

zu Lasten der bestehenden Notariate<br />

erweisen. Der Bundesgerichtshofs hat deshalb entschieden,<br />

daß der Rückgang der Urkundszahlen in einem solchen Fall<br />

(nur) insoweit zu berücksichtigen ist, als infolge des Rückgangs<br />

die wirtschaftliche Grundlage der bestehenden Notariate<br />

nicht mehr gewährleistet ist.<br />

Die Entscheidung bietet ein gutes Beispiel dafür, wie<br />

die höchstrichterliche Rechtsprechung zum Berufsrecht der<br />

Notare im Einzelfall mit materiell- und prozeßrechtlichen<br />

Mitteln den für notwendig erachteten Interessenausgleich<br />

zu finden sucht.<br />

2. Im Mittelpunkt der den Zugang zum Notariat betreffenden<br />

Regelung steht das Erfordernis der Eignung: Nur<br />

solche Bewerber sind zu Notaren zu bestellen, die nach<br />

hrer Persönlichkeit und ihren Leistungen für das Amt des<br />

Notars geeignet sind (§ 6 Abs. 1 Satz 1 BNotO).<br />

a) Der Inhalt des Rechtsbegriffs der persönlichen Eignung<br />

richtet sich an der Grundforderung der Bundesnotarordnung<br />

aus, eine geordnete vorsorgende Rechtspflege zu<br />

gewährleisten. Persönlich geeignet ist der Bewerber, dessen<br />

innere und äußere Eigenschaften, wie sie sich insbesondere<br />

in seinem Verhalten offenbaren, keine begründeten Zweifel<br />

daran aufkommen lassen, daß er die Aufgaben und Pflichten<br />

eines Notars uneingeschränkt erfüllen werde (BGHZ<br />

134, 137, 139).<br />

Solche Definitionen mögen aus der Sicht der Bewerber<br />

insofern unbefriedigend erscheinen, als sie dem Rechtsanwender<br />

weite Bewertungsspielräume eröffnen. Daran<br />

ändert auch der von der Rechtsprechung ständig wiederholte<br />

Hinweis nichts, daß der an die erforderliche Eignung<br />

des Bewerbers anzulegende Maßstab wegen der Bedeutung

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