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Heft 1 1-64 - Anwaltsblatt

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ZPO § 124, § 122 Abs. 2; GKG § 58<br />

Vor Aufhebung der Prozeßkostenhilfebewilligung ist auch der<br />

Prozeßgegner zu hören, wenn er durch die Aufhebung die Vergünstigungen<br />

der §§ 122 ZPO, 58 II 2 GKG verlieren kann.<br />

LG Koblenz, Beschl. v. 28.8.1997 – 6 T 82/97, 6 T 83/97<br />

Aus den Gründen: Die zulässigen Rechtsmittel (§ 5 Abs. 2<br />

Satz 1 GKG) bleiben in der Sache ohne Erfolg.<br />

Als Antragsteller i. S. d. § 49 GKG haftet der Kl – gem. § 58<br />

Abs. 1 GKG als Gesamtschuldner mit dem Bekl – für die gerichtlichen<br />

Kosten des Verfahrens mit der Maßgabe, daß seine Haftung<br />

nur geltend gemacht werden soll, wenn eine Inanspruchnahme des<br />

„Erstschuldners“ erfolglos geblieben ist oder aussichtslos erscheint<br />

(§ 58 Abs. 2 Satz 1 GKG).<br />

Jedenfalls von der Aussichtslosigkeit einer Zwangsvollstrekkung<br />

gegen den Bekl geht auch der Kl aus, wenn er in seinem<br />

Schriftsatz vom 10.7.1997 diesbezüglich ausführt:<br />

„Daß jemand, der in der JVA einsitzt, dann, wenn er bereits zuvor<br />

nicht in der Lage war, die Prozeßkosten aufzubringen, auch<br />

dann nicht in der Lage sein würde, die Prozeßkosten aufzubringen,<br />

bedarf sicherlich keiner näheren Darlegung. Richtig ist, daß der<br />

Bekl schlicht und einfach vermögenslos ist...“<br />

Der Kl kann seine Beschwerden gegen die Inanspruchnahme<br />

als Zweitschuldner nicht mit Erfolg auf die von ihm behauptete<br />

Tatsache stützen, die Aufhebung der Prozeßkostenhilfebewilligung<br />

betreffend den Bekl sei in verfahrensfehlerhafterweise erfolgt.<br />

Zu Recht wendet der Kl allerdings ein, der Rpfleger des AG<br />

habe ihn bei Überprüfung der rechtlichen Voraussetzungen für den<br />

Fortbestand der zu Gunsten des Bekl getroffenen Entscheidung<br />

über die Zahlungsbestimmung (§ 120 Abs. 4 Satz 1 ZPO) nicht angehört.<br />

Vor Aufhebung der Prozeßkostenhilfebewilligung gem.<br />

§ 124 Nr. 2 ZPO war der Kl anzuhören (vgl. Zöller-Philippi, ZPO,<br />

20. Auflage, § 124, Rdnr. 21).<br />

Dieser Verfahrensverstoß im Rahmen des Aufhebungsverfahrens<br />

nach § 124 ZPO führt indes nicht zur Begründetheit der Beschwerden.<br />

Ungeachtet der Tatsache, daß die die Prozeßkostenhilfebewilligung<br />

aufhebende Entscheidung nur die hilfsbedürftige Partei beschwert,<br />

der Gegner indes weder beteiligt noch betroffen ist (vgl.<br />

Zöller-Philippi, aaO § 127 Rdnr. 43), hat die Kammer die fehlende<br />

Anhörung des Kl im Beschwerdeverfahren nachgeholt; sie hat die<br />

Einwände des Kl bei ihrer Überprüfung der angefochtenen Entscheidung<br />

berücksichtigt.<br />

Gleichwohl führen die (unbefristeten) Beschwerden des Kl<br />

nicht zum Erfolg.<br />

Nach Aufhebung des die Prozeßkostenhilfe bewilligenden Beschlusses<br />

stehen einer Inanspruchnahme des Kl als Zweitschuldner<br />

keine gesetzlichen Hindernisse entgegen; der Kl haftet unter den<br />

Voraussetzungen der §§ 49 Abs. 1, 58 Abs. 2 GKG.<br />

Dem steht auch der Einwand des Kl, die mittellose Partei habe<br />

es so stets in der Hand, durch nachlässiges Verhalten willkürlich<br />

(z. B. durch Nichterteilung der geforderten Auskünfte) die Voraussetzungen<br />

einer Aufhebung der Bewilligung von Prozeßkostenhilfe<br />

zu schaffen und somit Eintritt der Zweitschuldnerhaftung herbeizuführen.<br />

Diese aus der Sicht des Zweitschuldners als unbillig erscheinende<br />

Folge hat der Gesetzgeber in Kauf genommen.<br />

Nichts anderes würde auch dann gelten, wenn die arme Partei<br />

trotz ihrer Leistungsunfähigkeit keinen Antrag auf Bewilligung<br />

von Prozeßkostenhilfe stellt, jedenfalls für solche von ihr veranlaßten<br />

gerichtlichen Kosten, für die eine Vorschußpflicht nicht besteht<br />

oder sich der geleistete Vorschuß nicht als ausreichend erweist.<br />

§ 58 Abs. 2 Satz 2 GKG, der den Zweitschuldner von einer<br />

Kostenhaftung freistellt, soweit dem nach § 54 Nr. 1 GKG verpflichteten<br />

Kostenschuldner Prozeßkostenhilfe bewilligt wird, dient<br />

ausschließlich dem Schutz der bedürftigen Partei.<br />

Würde der leistungsfähige Prozeßgegner auf Zahlung von<br />

Gerichtskosten in Anspruch genommen, für die der mittellose Partei<br />

Prozeßkostenhilfe bewilligt ist, so könnte er, wenn der die Prozeßkostenhilfe<br />

besitzenden Partei durch gerichtliche Entscheidung<br />

die Kosten des Verfahrens auferlegt werden (§ 54 Nr. 1 GKG), Erstattung<br />

der von ihm geleisteten gerichtlichen Auslagen verlangen;<br />

AnwBl 1/2000<br />

Rechtsprechung<br />

die Bewilligung von Prozeßkostenhilfe hat auf die Verpflichtung<br />

zur Erstattung der dem Gegner erwachsenen Kosten keinen Einfluß<br />

(§ 125 ZPO). Dies hätte zur Folge, daß der Schutz, der dem Prozeßkostenhilfebegünstigten<br />

gewährt werden soll, unterlaufen würde,<br />

da er von seiten des Zweitschuldners letztlich doch in Anspruch<br />

genommen werden könnte. Um dies zu verhindern,<br />

bestimmt § 58 Abs. 2 Satz 2 GKG, daß die Haftung des Zweitschuldners<br />

entgegen § 49 Abs. 1 GKG nicht geltend gemacht werden<br />

soll, wenn dem primärhaftenden Kostenschuldner Prozeßkostenhilfe<br />

bewilligt ist. Ist der Sekundärhaftende nicht zur Zahlung<br />

verpflichtet, erwirbt er auch keinen Erstattungsanspruch gegen die<br />

hilfsbedürftige Partei mit der Folge, daß letztere auch in Anbetracht<br />

der Regelung des § 125 ZPO geschützt bleibt (zur Problematik<br />

vgl. Markl/Meyer, Gerichtskostengesetz, 3. Auflage, § 58 Rdnr.<br />

26).<br />

Aus den vorgenannten Erwägungen folgt weiter, daß die dem<br />

Zweitschuldner durch § 58 Abs. 2 Satz 2 GKG gewährte Begünstigung<br />

entfällt, wenn ein Schutzbedürfnis für die mittellose Partei<br />

nicht mehr besteht. Der dem Zweitschuldner zuteil gewordene Vorteil<br />

stellt lediglich einen Reflex des zu Gunsten der armen Partei<br />

bezweckten Schutzes dar. Wird die Prozeßkostenhilfe nachträglich<br />

aufgehoben, so vermag sie auch keine Reflexwirkung in bezug auf<br />

den leistungsfähigen Gegner zu bewirken.<br />

Nach allem entspricht die angefochtene Entscheidung der Sachund<br />

Rechtslage; die Beschwerden sind daher zurückzuweisen.<br />

Gemäß § 5 Abs. 6 GKG ergeht die Entscheidung über die Beschwerdeverfahren<br />

gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten<br />

werden nicht erstattet.<br />

Mitgeteilt von Justizamtsrat Günter Müller, Koblenz<br />

impressum<br />

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d. P.) und Udo Henke, Rechtsanwälte, Anschrift des Herausgebers.<br />

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