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Heft 1 1-64 - Anwaltsblatt

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AnwBl 1/2000 57<br />

Rechtsprechung l<br />

Aus den Gründen: Die gem. § 128 Abs. 4 BRAGO zulässige<br />

Beschwerde ist begründet.<br />

Der Beschwerdeführer macht mit seiner Beschwerde mit Erfolg<br />

geltend, daß sich die Beweisgebühr gem. §§ 11, 31 Abs. 1 Nr. 3,<br />

123 BRAGO nach einem Gebührenstreitwert von 6.500 DM bestimmt.<br />

In der seit dem 1.7.1998 geltenden Fassung des § 613<br />

Abs. 1 S. 2 ZPO ist bestimmt, daß das Gericht die Ehegatten auch<br />

zur elterlichen Sorge anzuhören hat, wenn gemeinschaftliche Kinder<br />

vorhanden sind. Die persönliche Anhörung gem. § 613 ZPO ist<br />

keine Maßnahme der Beweisaufnahme und ist mit einer solchen<br />

auch nicht vergleichbar. Sie bezweckt vielmehr neben der Aufklärung<br />

des Sachverhaltes auch die Sicherstellung, daß über höchstpersönliche<br />

Angelegenheiten wie hier die Regelung der elterlichen<br />

Sorge nicht entschieden wird, ohne daß sich die Parteien persönlich<br />

geäußert haben. Es ergibt sich weder aus dem Wortlaut des § 613<br />

Abs. 1 S. 2 ZPO noch dem des § 31 Abs. 1 Nr. 3 BRAGO ein Anhaltspunkt<br />

dafür, daß die Auslösung einer Beweisgebühr auf die<br />

Anhörung der Parteien zum Vorliegen zu den Scheidungsvoraussetzungen<br />

beschränkt sein soll.<br />

Dem Entstehen einer Beweisgebühr auch zur Folgesache elterliche<br />

Sorge steht nicht entgegen, daß es an einer förmlichen Anordnung<br />

fehlt und das Protokoll auch die Durchführung der Anhörung<br />

nicht eindeutig erweist. Die Anhörung nach § 613 ZPO<br />

bedarf um die Beweisgebühr auszulösen, keiner ausdrücklichen<br />

förmlichen Anordnung (siehe KG; JurBüro 1986, 1530 f.; Zöller/<br />

Philippi, ZPO, 21. Aufl., § 613 Rdnr. 10 mit weiteren Nachweisen),<br />

wenngleich eine solche Anordnung zur Vermeidung von Zweifeln<br />

auch zweckmäßig ist. Der Feststellung, daß eine Anhörung auch<br />

zur elterlichen Sorge nach § 613 ZPO stattgefunden hat, steht auch<br />

nicht § 165 ZPO entgegen, wonach die Beachtung der für die<br />

mündliche Verhandlung vorgeschriebenen Förmlichkeiten nur<br />

durch das Protokoll bewiesen werden kann. Der Begriff der Förmlichkeit<br />

ist eng auszulegen. Auch wenn man annähme, daß die Anhörung<br />

einer Partei nach § 613 ZPO wie die Aussagen im Falle einer<br />

Parteivernehmung nach § 160 Abs. 3 Nr. 4 ZPO im Protokoll<br />

festzustellen sei, hätte der Verstoß gegen die Protokollierungspflicht<br />

nicht zur Folge, daß die Durchführung der Anhörung zur elterlichen<br />

Sorge nicht auf andere Weise festgestellt werden könnte.<br />

Denn zu den Förmlichkeiten im Sinne des § 165 ZPO gehören die<br />

Fälle des § 160 Abs. 3 Nr. 4 ZPO nicht (siehe Zöller/Stöber, ZPO,<br />

21. Aufl., § 165 Rdnr. 2). Entscheidend ist mithin allein, ob tatsächlich<br />

eine Anhörung nach § 613 ZPO stattgefunden hat. Dies<br />

ergibt sich aber eindeutig aus dem Tatbestand und Entscheidungsgründen<br />

des am 5.10.1995 verkündeten Urteils des AG Tempelhof-<br />

Kreuzberg. Dort ist ausdrücklich erwähnt, daß eine Anhörung der<br />

Mutter zur elterlichen Sorge erfolgt ist.<br />

Dem Beschwerdeführer ist daher antragsgemäß eine Beweisgebühr<br />

in Höhe von 375 DM nebst anteiliger Umsatzsteuer zu erstatten.<br />

Die Landeskasse hat dem Beschwerdeführer den insgesamt<br />

begehrten Betrag von 1.351,40 DM zu erstatten.<br />

Die Nebenentscheidung folgt aus § 128 Abs. 5 BRAGO.<br />

BRAGO § 132 Abs. 3, § 24<br />

Die Erledigungsgebühr nach § 152 Abs. 3 BRAGO fällt schon<br />

dann an, wenn ein von dem Rechtsanwalt eingelegter Widerspruch<br />

zur Erledigung führt; besondere Bemühungen um die<br />

Erledigung sind nicht erforderlich. (LS des Einsenders)<br />

LG Aachen, Beschl. v. 16.9.1998 – 3 T 192/98<br />

Aus den Gründen: Die gem. §§ 133, 128 Abs. 4 BRAGO statthafte<br />

und auch im übrigen zulässige Beschwerde des Bezirksrevisors<br />

hat in der Sache selbst keinen Erfolg.<br />

Entgegen der Auffassung des Beteiligten zu 2. steht dem Beteiligten<br />

zu 1. die vom ihm geltend gemachte Erledigungsgebühr<br />

gem. § 132 Abs. 3 BRAGO zu. Nach dieser Vorschrift erhält der<br />

Rechtsanwalt eine gesonderte Gebühr in Höhe von 135,00 DM,<br />

wenn seine nach § 132 Abs. 2 Satz 1 BRAGO vergütete Tätigkeit<br />

zu einer Erledigung der Rechtssache i. S. v. § 24 BRAGO geführt<br />

hat. Diese Voraussetzungen für die Entstehung der Erledigungsgebühr<br />

liegen hier vor. Der Beteiligte zu 1. hat hinreichend schlüssig<br />

dargelegt und glaubhaft gemacht, daß seine Tätigkeit nach § 132<br />

Abs. 1 Satz 1 BRAGO zu einer Erledigung der Sache geführt hat.<br />

Der Beteiligte zu 1. hat durch Vorlage von Urkunden (Bl. 3 ff.<br />

d. A.) hinreichend glaubhaft gemacht, daß er gegen den Bescheid<br />

des Sozialamtes der Stadt Aachen vom betreffend die Sozialhilfeleistungen<br />

für Frau mit Schriftsatz vom 7.7.1997 Widerspruch eingelegt<br />

hat und das dem Widerspruch durch Bescheid des Sozialamtes<br />

vom 17.7.1997 abgeholfen worden ist. Die Erledigung der<br />

Rechtssache ist mit der Abhilfeentscheidung eingetreten. Mit der<br />

Einlegung des Widerspruchs hat der Beteiligte zu 1. eine Tätigkeit<br />

nach § 132 Abs. 2 Satz 1 i. V. m. § 118 Abs. 1 Nr. 1 BRAGO ausgeführt.<br />

Nach ständiger Rechtsprechung der Kammer (vgl. etwa<br />

Beschl. v. 30.11.1992 – 3 T 281/92 –; Beschl. v. 8.12.1997 – 3 T<br />

363/97 –) reicht es aus, wenn diese Tätigkeit zu einer Erledigung<br />

der Rechtssache geführt hat. An dieser Rechtsauffassung hält die<br />

Kammer nach erneuter Überprüfung im vorliegenden Verfahren<br />

fest.<br />

Die Frage, ob für den Anfall der Gebühr des § 132 Abs. 3<br />

BRAGO jede Tätigkeit nach § 132 Abs. 2 Satz 1 BRAGO, also<br />

jede der in § 118 BRAGO bezeichneten Tätigkeiten und damit<br />

auch die bloße Einlegung und Begründung eines Widerspruchs im<br />

Verwaltungsverfahren, ausreicht, oder ob neben Einlegung und Begründung<br />

des Widerspruchs ein zusätzliches, auf die außergerichtliche<br />

Erledigung des Rechtsstreits gerichtetes Tätigwerden des<br />

Rechtsanwaltes, ein besonderes Einwirken des Rechtsanwaltes auf<br />

die Verwaltungsbehörde, erforderlich ist, wird in Rechtsprechung<br />

und Literatur unterschiedlich gesehen (vgl. einerseits Klinge, <strong>Anwaltsblatt</strong><br />

1981, 166, 167; Kalthoener/Büttner, Prozeßkostenhilfe<br />

und Beratungshilfe, Fußnote 32 zu Rdnr. 1000; andererseits LG<br />

Frankfurt, JurBüro 1986, 886; LG Koblenz, JurBüro 1996, 378;<br />

Schoreit/Dehn, Beratungshilfe und Prozeßkostenhilfe, 5. Aufl.,<br />

§ 132 BRAGO Rdnr. 45; Göttlich/Mümmler, Bundesgebührenordnung<br />

für Rechtsanwälte, 19. Aufl., Beratungshilfe Anm. 6.12c).<br />

Der klare Wortlaut des § 132 Abs. 3 BRAGO spricht für die von<br />

der Kammer vertretene Auffassung. Danach muß „die Tätigkeit<br />

des Rechtsanwaltes nach Absatz 2 Satz 1“ zu einem Vergleich oder<br />

einer Erledigung der Rechtssache führen. Da Absatz 2 Satz 1 auf<br />

„die in § 118 BRAGO bezeichneten Tätigkeiten“ verweist, ist jede<br />

der dort bezeichneten Tätigkeiten für den Gebührenanfall ausreichend,<br />

wenn diese nur für die Erledigung der Rechtssache ursächlich<br />

war („führt“). Darüber, daß die Einlegung und Begründung<br />

eines Widerspruchs eine Tätigkeit i. S. v. § 118 BRAGO ist,<br />

herrscht kein Streit. Weitergehende Anforderungen für das Anfallen<br />

der Gebühr ergeben sich auch nicht daraus, daß der Gesetzgeber<br />

in § 132 Abs. 3 BRAGO nach den Worten „Vergleich oder Erledigung<br />

der Rechtssache“ den Klammerzusatz „§§ 23, 24“<br />

aufgenommen hat. Nach richtiger Auffassung werden durch diesen<br />

Klammerzusatz die §§ 23, 24 BRAGO nicht in vollem Umfang für<br />

anwendbar erklärt. Vielmehr wird dadurch lediglich für die Begriffe<br />

„Vergleich“ und „Erledigung“ auf die genannten Vorschriften<br />

verwiesen, nicht jedoch zugleich auf die übrigen Voraussetzungen<br />

für die Erfüllung des Gebührentatbestandes. Diese Voraussetzungen<br />

ergeben sich vielmehr unmittelbar aus § 132 Abs. 3 BRAGO<br />

(so zu Recht auch Schoreit/Dehn, Beratungshilfe und Prozeßkostenhilfe,<br />

5. Aufl., § 132 BRAGO Rdnr. 31; vgl. ferner Kalthoener/<br />

Büttner, Beratungshilfe und Prozeßkostenhilfe, Rdnr. 998; Lindemann/Trenk-Hinterberger,<br />

Beratungshilfegesetz, § 10 Rdnr. 20). Im<br />

Hinblick darauf kann hier auch dahinstehen, welche Tätigkeiten<br />

für einen Anfall der Gebühr nach § 24 BRAGO erforderlich sind<br />

(vgl. dazu BVerwG, JurBüro 1986, 215, welches auf den in § 24<br />

BRAGO, nicht aber in § 132 Abs. 3 BRAGO enthaltenen Begriff<br />

der „Mitwirkung“ abstellt).<br />

Nach dem Inhalt der Akte steht für die Kammer schließlich<br />

außer Frage, daß die Einlegung des Widerspruchs durch den Beteiligten<br />

zu 1. ursächlich für den Abhilfebescheid des Sozialamtes<br />

vom 17.7.1997 war. Ausreichend ist bereits eine Mitursächlichkeit<br />

(vgl. Schoreit/Dehn, Beratungshilfe und Prozeßkostenhilfe, 5. Aufl.,<br />

§ 132 BRAGO Rdnr. 48; Hartmann, Kostengesetze, 27. Aufl.,<br />

§ 132 BRAGO Rdnr. 18). Zumindest diese ist hier gegeben. Zwar<br />

spricht – worauf der Oberbürgermeister der Stadt Aachen in seinem<br />

Schreiben vom 29.1.1998 (Bl. 20 d. A.) hinweist – keine rechtliche<br />

Vermutung für die Ursächlichkeit der Tätigkeit des Rechtsanwalts.<br />

Jedoch ist die Ursächlichkeit tatsächlich zu vermuten, wenn der<br />

Rechtsanwalt – wie hier – mit dem Ziel der Abänderung des Verwaltungsaktes<br />

tätig geworden ist und wenn die Verwaltungsbehörde<br />

daraufhin den Verwaltungsakt aufhebt oder abändert. Im vorliegen-

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