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Heft 1 1-64 - Anwaltsblatt

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l<br />

vor über die Rechtsprechung des LG Berlin in Mietsachen<br />

konkret informieren und seine Prozeßführung daran ausrichten<br />

müssen.<br />

3. Globalisierung und Spezialisierung<br />

Die Erwartungshaltung der Mandanten hat sich sicher<br />

auch in bezug auf das Fachwissen des beauftragten Anwalts<br />

geändert. Mandate kommen zu immer neuen Rechsgebieten,<br />

die sich aber jeweils auch rasant weiterentwickeln.<br />

Gefragt und im Vormarsch sind demzufolge die Großkanzleien,<br />

die die volle Bandbreite des Rechts bieten können<br />

und gleichzeitig für fast jedes Gebiet auch über Spezialisten<br />

verfügen. Der von einer solchen Kanzlei angebotene Service<br />

ist naturgemäß für viele Mandanten, gerade im wirtschaftsrechtlichen<br />

Bereich, attraktiver. Diese Entwicklung<br />

kann bedenklich sein im Hinblick auf den von der Rechtsprechung<br />

angelegten Sorgfaltsmaßstab des „durchschnittlichen“<br />

Rechtsanwalts. Eine kaum spezialisierte Allgemeinkanzlei<br />

kann den Standard von Großkanzleien naturgemäß<br />

nicht erreichen. Sollte die Rechtsprechung die Anforderungen<br />

z. B. bei der Rechtsprüfung, entsprechend höher<br />

schrauben, so besteht die Gefahr, daß viele Anwälte ihnen<br />

nicht mehr gerecht werden können.<br />

Ein großer Schritt ist getan worden in bezug auf die<br />

„Globalisierung“: Gerade wirtschaftsrechtlich ausgerichtete<br />

Rechtsanwälte können sich nicht mehr auf die Beratung zum<br />

deutschen Recht zurückziehen, sondern sind wegen der<br />

grenzüberschreitenden Tätigkeit ihres Mandanten gefordert,<br />

auch ausländisches, europäisches und internationales Recht<br />

anzuwenden. Der Anwalt muß also insbesondere sämtliche<br />

internationalen Abkommen kennen, die für den Fall einschlägig<br />

sind (OLG Koblenz, NJW 89, 2699) und richtig anwenden,<br />

was durchaus seine Tücken hat, da die Rechtsbegriffe<br />

dort vielfach eine andere Bedeutung haben können als im<br />

deutschen Recht. Ist kein internationales Abkommen einschlägig,<br />

muß der Rechtsanwalt die internationalprivatrechtliche<br />

Prüfung durchführen. Findet danach ausländisches<br />

Recht Anwendung, muß der Rechtsanwalt entscheiden, ob<br />

er sich selbst damit befaßt, oder einen ausländischen Kollegen<br />

beauftragt. Da den Rechtsanwälten bei Anwendung ausländischen<br />

Rechts dieselben Pflichten obliegen wie im deutschen,<br />

sollte sich jeder Anwalt an diesem Punkt ernsthaft<br />

fragen, ob er dazu wirklich in der Lage ist. In jedem Fall<br />

sollte geprüft werden, ob der Versicherungsschutz ausreicht.<br />

4. Anwalt und Technik<br />

Zum Thema „2000“ gehört schließlich auch und insbesondere<br />

der Einfluß der technischen Fortentwicklung auf<br />

die Arbeit der Rechtsanwälte. Ein Anwaltsbüro ohne PC<br />

und Fax ist heutzutage kaum noch denkbar, die Vorteile<br />

sind unbestreitbar. Aus haftungsrechtlicher Sicht sind die<br />

sich aus der Verwendung solcher Hilfsmittel ergebenden<br />

Pflichten zu beachten, die sich im einzelnen aus der bereits<br />

ergangenen Rechtsprechung, insbesondere zur Wiedereinsetzung,<br />

ergeben.<br />

Grundsätzlich ist inzwischen anerkannt, daß fristwahrende<br />

Schriftsätze per Fax an das Gericht übermittelt werden können<br />

(BGH NJW 1997, 250). Dem Anwalt werden dabei allerdings<br />

erhebliche Sorgfaltspflichten in bezug auf die tatsächliche<br />

Übermittlung auferlegt, z. B. Kontrolle der zutreffenden<br />

Faxnummer (BGH NJW 99, 583), der übermittelten Seitenzahl,<br />

eigenes Einschreiten bei Übermittlungsproblemen<br />

(BGH NJW-RR 98, 1361; vgl. ausführlich Laghzaoui/Wirges,<br />

AnwBl 99, 253). Die durch Faxübertragung „kopierte“<br />

Unterschrift reicht hier aus, anders als bei der Einhaltung des<br />

Schriftformerfordernisses bei Willenserklärungen und Verträgen:<br />

Dort ist nach bisheriger Auffassung (z. B. BGH NJW<br />

97, 3169) nur die „echte“ Unterschrift wirksam.<br />

Die neueste Entwicklung hat die Rechtsprechung hingegen<br />

noch nicht mitvollzogen: den Einsatz von Computerfax<br />

und Übermittlung per Internet. Die Rechtsprechung hat<br />

hier bislang noch Probleme mit der eingescannten Unterschrift<br />

(s. dazu Borgmann, AnwBl 99, 50). Über den Vorlagebeschluß<br />

des BGH vom 29.9.98 war bei Verfassen dieses<br />

Beitrages noch nicht entschieden. Die Rechtsprechung wird<br />

sich indes den neuen Möglichkeiten nicht verschließen können.<br />

War mit der Anerkennung der Faxunterschrift erst einmal<br />

eine „kopierte“ Unterschrift gültig, so ist nicht erkennbar,<br />

warum eine eingescannte Unterschrift anders zu bewerten<br />

wäre. Wie wären demgegenüber beispielsweise mit Hilfe<br />

eines Grafikprogrammes unterzeichnete Computerschriftsätze<br />

zu bewerten? Die technische Entwicklung<br />

hat die Rechtsprechung offenbar bereits überholt. Sofern,<br />

was zu erwarten ist, durch eine europäische Richtlinie oder<br />

auch durch eine deutsche Gesetzesänderung die Wahrung<br />

der Schriftform durch Computerschriftsätze anerkannt wird,<br />

wird sich die weitere Diskussion erübrigen. Die durch die<br />

Benutzung des Internet sich ergebenden Probleme mit der<br />

Vertraulichkeit des Schriftstücks (§ 43 a BRAO bzw. § 203<br />

Abs. 1 Nr. 3 StGB) werden hierdurch allerdings nicht gelöst.<br />

Buchhinweis<br />

AnwBl 1/2000<br />

Mitteilungen<br />

Wilhelm E. Feuerich, Anton Braun: Bundesrechtsanwaltsordnung,<br />

Recht für Anwälte auf dem Gebiet der Europäischen Union,<br />

Kommentar; 4. Auflage 1999; Verlag Franz Vahlen GmbH<br />

München;1447 Seiten, 238,– DM<br />

Das bestens eingeführte und seit langem bewährte große Werk bedarf<br />

zum Zwecke seiner Verbreitung keiner erläuternden Worte.<br />

Seine Wertschätzung ist mit Recht allenthalben unbestritten. Mit<br />

Genugtuung und Freude ist hier nur zu vermerken, daß erstmals die<br />

jüngere Entwicklung des Berufsrechts in gewohnt ausgreifender,<br />

dichter und erschöpfender Kommentierung und Versammlung der<br />

Rechtsquellen dargeboten wird. Das gilt eben z.B. für die Berufsordnung<br />

und die Fachanwaltsordnung, erfaßt in geglückter Verknüpfung<br />

mit den Bestimmungen der Bundesrechtsanwaltsordnung,<br />

zu deren Konkretisierung sie aufrufen; für die genaue Nachzeichnung<br />

der Arbeit der Satzungsversammlung; für die Novellierung<br />

des Jahres 1998, welche die Errichtung der Rechtsanwalts-GmbH<br />

und die Neuerungen des Zulassungsverfahrens brachte. Schon dokumentiert<br />

ist die EU-Niederlassungsrichtlinie vom 16. Februar<br />

1998, deren Bedeutung für die künftige Berufsausübung kaum<br />

überschätzt werden kann. Jahrzehntelanger Vorbereitungen hat die<br />

Richtlinie bedurft. Die Bundesregierung hebt soeben zu einer hoffentlich<br />

nicht (wie früher) zu engherzigen Umsetzung in das nationale<br />

Recht an. Wohltuend und zeitsparend ist die Sammlung und<br />

Bündelung der Entwicklungslinien des anwaltlichen Werberechts<br />

sowie der modernen Instrumentarien anwaltlichen Wirkens. Unzählige,<br />

weiterführende, klärende, aber oft auch kuriose Fälle des Lebens<br />

aus Rechtsprechung und Literatur galt es in Reih’ und Glied<br />

zu bringen. Es bleibt so, wie es war: Wer sich mit anwaltlichem<br />

Berufsrecht befassen muß, nebenbei: das muß anders als früher<br />

heute jeder Anwalt und jede Anwältin, dem bleibt nichts anderes<br />

übrig, als mit Lust und Freude auch, und in vielen Fällen vornehmlich<br />

zum „Feuerich/Braun“ nicht nur zu greifen, sondern auch darin<br />

zu lesen.<br />

Rechtsanwalt Dr. Peter Hamacher, Köln

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