Heft 1 1-64 - Anwaltsblatt
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Dem steht nicht entgegen, daß der Bundesgerichtshof<br />
die ablehnende Entscheidung der Justizverwaltung, einen<br />
Rechtsassessor zum Notarvertreter zu bestellen, hingenommen<br />
hat. Die Ablehnung beruhte darauf, daß nach der Begründung<br />
des Bescheides die nachgewiesenen Tätigkeiten<br />
des Assessors nicht ausreichten, um die Annahme zu rechtfertigen,<br />
er verfüge über die hinreichende Befähigung für<br />
das Amt des Notars (Beschluß vom 25. November 1996 –<br />
NotZ 1/96).<br />
Nicht beanstandet hat der Senat schließlich einen Bescheid<br />
der Justizverwaltung, der – ebenfalls in den neuen<br />
Ländern – die Bestellung der angestellten Ehefrau des Notars<br />
zu seiner zeitweiligen Vertreterin abgelehnt hatte. Der<br />
Bestellung stand schon entgegen, daß die Ehefrau „nur“ die<br />
Befähigung zum Richteramt hatte, ohne damit den Anforderungen<br />
an das „Leitbild“ des hauptberuflichen Notars in<br />
dem erörterten Sinne zu entsprechen. Zusätzlich hat der<br />
Senat darauf hingewiesen, es müsse schon der Schein vermieden<br />
werden, der Notar könne trotz eigener Verhinderung<br />
aufgrund seiner Weisungsbefugnis aus dem Arbeitsverhältnis<br />
Einfluß auf die Amtsführung seines Vertreters<br />
nehmen. Dies schade dem Vertrauen in die Unabhängigkeit<br />
des Notaramtes, dessen Wahrung auch dem Notarvertreter<br />
obliege (Beschluß vom 9. Januar 1995 – NotZ 35/93 –<br />
DNotZ 1996, 203).<br />
4. Beendigung des Amtsverhältnisses<br />
Die aus der Sicht des Richters unerfreulichsten Fälle aus<br />
dem Bereich des notariellen Berufsrechts haben die Amtsenthebung<br />
im Notarverwaltungsverfahren und die Entfernung<br />
aus dem Amt im förmlichen Disziplinarverfahren<br />
zum Gegenstand.<br />
Ein Teil der Entscheidungen aus neuerer Zeit betraf Fallgestaltungen<br />
im Zusammenhang mit § 6 des Gesetzes zur<br />
Prüfung von Rechtsanwaltszulassungen, Notarbestellungen<br />
und Berufungen ehrenamtlicher Richter (RNPG). Darauf ist<br />
an dieser Stelle, wie bereits erwähnt, nicht näher einzugehen.<br />
Aussparen möchte ich hier auch die Fälle, in denen ein<br />
Notar nach § 50 Abs. 1 Nr. 7 BNotO, also insbesondere<br />
wegen Geistesschwäche, seines Amtes zu entheben ist.<br />
Insoweit liegt die Problematik oft weniger im rechtlichen,<br />
als im tatsächlichen und menschlichen Bereich.<br />
In leider nicht ganz seltenen Fällen werden die Gerichte<br />
mit Amtsenthebungen nach § 50 Abs. 1 Nr. 8 BNotO befaßt.<br />
Danach ist der Notar seines Amtes zu entheben, wenn<br />
seine wirtschaftlichen Verhältnisse oder die Art seiner<br />
Wirtschaftsführung die Interessen der Rechtsuchenden gefährden.<br />
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs setzt<br />
keine der beiden Alternativen voraus, daß der Notar vermögenslos<br />
oder überschuldet ist. Die Amtsenthebung kann<br />
gerechtfertigt sein, wenn Zahlungsansprüche in erheblicher<br />
Größenordnung gegen den Notar bestehen oder gerichtlich<br />
anhängig sind, zahlreiche Pfändungs- und Überweisungsbeschlüsse<br />
gegen ihn erlassen, fruchtlose Pfändungsversuche<br />
unternommen, Verfahren zur Abgabe der eidesstattlichen<br />
Versicherung in die Wege geleitet sowie Haftbefehle<br />
zur Erzwingung dieser Versicherung gegen ihn erlassen<br />
worden sind (Beschluß vom 12. Oktober 1990 – NotZ 21/89 –<br />
BGHR BNotO § 50 Abs. 1 Nr. 7 Interessengefährdung 1).<br />
Die Wirtschaftsführung des Notars gefährdet die Interessen<br />
der Rechtsuchenden insbesondere dann, wenn die Art<br />
der Behandlung fremder Gelder erhebliche Bedenken gegen<br />
AnwBl 1/2000<br />
Aufsätze<br />
seine Zuverlässigkeit begründet. Das ist regelmäßig der<br />
Fall, wenn der Notar über Treuhandgelder verfügt, bevor<br />
die vertraglich vereinbarten Bedingungen dafür vorliegen.<br />
Dabei setzt der Tatbestand der Gefährdung der Interessen<br />
der Rechtsuchenden durch die Art der Wirtschaftsführung<br />
– anders als die erste Alternative des § 50 Abs. 1 Nr. 8<br />
BNotO – nicht voraus, daß der Notar sich in schlechten<br />
wirtschaftlichen Verhältnissen befindet (BGH, Beschluß<br />
vom 16. März 1998 – NotZ 14/97 – DNotZ 1999, 170).<br />
Der endgültigen Amtsenthebung geht häufig die vorläufige<br />
Amtsenthebung durch die Aufsichtsbehörde nach § 54<br />
Abs. 1 BNotO voraus. Das in diesen Fällen angerufene Gericht<br />
kann sich zwar mit einer summarischen Würdigung<br />
des Sachverhalts begnügen, es muß dabei aber die besonderen<br />
sachlichen Voraussetzungen eines vorläufigen Berufsverbots<br />
beachten (vgl. BVerfGE 44, 105; 48, 292; zuletzt<br />
Senatsbeschluß vom 20. Juli 1998 – NotZ 2/98 – DNotZ<br />
1999, 350).<br />
In Disziplinarsachen hebt der Bundesgerichtshof in ständiger<br />
Rechtsprechung hervor, daß ein Notar jedenfalls<br />
dann, wenn er sich der wiederholten Falschbeurkundung im<br />
Amt schuldig gemacht hat, grundsätzlich auf Dauer ungeeignet<br />
ist, den Notarberuf auszuüben (zuletzt Beschluß vom<br />
11. März 1997 – NotSt [Brfg] 1/96). Wiederholt hat der<br />
Senat aber in jüngster Zeit in Abweichung von diesem<br />
Grundsatz mit Rücksicht auf die besonderen Umstände des<br />
Einzelfalles auf eine mildere Maßnahme erkannt.<br />
Damit will ich meine Ausführungen zu diesem dunkelsten<br />
Kapitel der berufsrechtlichen Rechtsprechung schließen,<br />
zumal ich nicht in den Verdacht geraten möchte, einen<br />
Zuhörerkreis, dem die Lauterkeit des eigenen Berufsstandes<br />
mehr als alles andere am Herzen liegt, durch überflüssige<br />
Drohungen zu ängstigen.<br />
Der Gesichtspunkt der Lauterkeit ermöglicht mir zwanglos<br />
den Übergang zum letzten Gliederungspunkt meines<br />
Referats, nämlich zu einigen<br />
III.<br />
Bemerkungen zum notariellen Berufsbild:<br />
Mir ist natürlich bekannt, daß das Thema „Berufsbild“<br />
in jüngster Zeit Gegenstand ausgiebiger und zum Teil leidenschaftlich<br />
geführter Diskussionen war. Es kann nicht<br />
meine Aufgabe sein, hier einen weiteren, vielleicht gar<br />
rechtspolitisch motivierten Beitrag zu dieser Debatte zu leisten.<br />
Ich beschränke mich deshalb, distanziert, gelassen und<br />
mit richterlicher Zurückhaltung, auf ein paar Bemerkungen<br />
zum geltenden Recht einschließlich eines Ausblicks auf<br />
mögliche Konsequenzen einer etwaigen Neuorientierung.<br />
Wer das Grundgesetz aufmerksam liest, muß feststellen,<br />
daß es das Berufsbild der Notare vollständig vernachlässigt;<br />
nicht ein einziger Artikel befaßt sich mit diesem Thema.<br />
So sind wir auf das sogenannte einfache Recht zurückgeworfen,<br />
vorrangig also auf die Bundesnotarordnung.<br />
Dieser liegt ein Berufsbild zugrunde, das durch den Status<br />
und die Aufgaben des Notars geprägt ist. Als unabhängiger<br />
Träger eines öffentlichen Amtes und als unabhängiger<br />
und unparteiischer Betreuer der Beteiligten steht er im<br />
Spannungsfeld zwischen Berufsfreiheit und staatlicher Gebundenheit,<br />
ist also weder Beamter im beamtenrechtlichen<br />
Sinne noch Freiberufler. Dies ist eine der Selbstverständlichkeiten,<br />
die gelegentlich in Vergessenheit zu geraten<br />
scheinen und deshalb hin und wieder ausgesprochen werden<br />
müssen. Demgemäß hat sich der Senat für Notarsachen des