Heft 1 1-64 - Anwaltsblatt
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AnwBl 1/2000 53<br />
7<br />
Berufsrecht<br />
FAO § 3; RAFachBezG § 7Abs. 2<br />
Eine dreijährige ununterbrochene Zulassung und Tätigkeit als<br />
Rechtsanwalt ist als Voraussetzung für die Verleihung der Bezeichnung<br />
„Fachanwalt für Verwaltungsrecht“ auch dann maßgeblich,<br />
wenn der Antragsteller über 30 Jahre alsVerwaltungsbeamter,<br />
davon 25 Jahre als städtischer Beigeordneter und<br />
Rechtsdezernent tätig war, aber erst zehn Wochen als Rechtsanwalt<br />
zugelassen ist. (LS der Red.)<br />
AnwGH NRW, Beschl. v. 2.10.1998 – 1 ZU 41/98 AGH Hamm<br />
Aus den Gründen: Der Antragsteller hat unter dem 2.4.1997<br />
bei der Antragsgegnerin beantragt, die Führung der Bezeichnung<br />
„Fachanwalt für Verwaltungsrecht“ zu gestatten.<br />
Der Antragsteller war zu diesem Zeitpunkt erst zehn Wochen<br />
als Rechtsanwalt zugelassen. Der Antragsteller, der 1931 geboren<br />
ist, war in den Jahren von 1962 bis 1996 als Verwaltungsbeamter,<br />
davon in der Zeit von 1971 bis zu seiner Pensionierung im Jahre<br />
1996 als Beigeordneter tätig, und zwar in dieser Eigenschaft auch<br />
als Rechtsdezernent.<br />
Der Antragsteller weist darauf hin, daß er auf allen Gebieten<br />
des Verwaltungsrechtes in dieser Stellung tätig war und darüber<br />
hinaus auch in erheblichem Umfange Aufsätze und Urteilsanmerkungen<br />
geschrieben hat.<br />
Die Antragsgegnerin ist auf diese Frage offensichtlich nicht<br />
weiter eingegangen, obwohl der Antragsteller weder die Vorlage<br />
der erforderlichen Fälle, noch die Vorlage der Kursbescheinigung<br />
veranlaßt hatte. Offensichtlich ist die Antragsgegnerin der Auffassung,<br />
daß grundsätzlich die erforderlichen praktischen und theoretischen<br />
Kenntnisse für die Führung des Fachanwaltstitels bei dem<br />
Antragsteller vorliegen. Die Antragsgegnerin hat jedoch, worauf<br />
sie von vornherein hingewiesen hat, mit Bescheid v. 30.6.1998 den<br />
Antrag zurückgewiesen, da der Antragsteller die erforderliche Voraussetzung<br />
der ununterbrochenen dreijährigen Zulassung und Tätigkeit<br />
als Rechtsanwalt vor Antragserteilung nicht darlegen und<br />
nachweisen kann, da er zum Zeitpunkt der Antragstellung erst<br />
zehn Wochen Anwalt war und auch zum Zeitpunkt des Ausspruchs<br />
der ablehnenden Entscheidung erst knapp 18 Monate.<br />
Nach Auffassung der Antragsgegnerin sind Ausnahmen vom<br />
Erfordernis der dreijährigen ununterbrochenen Zulassung und Tätigkeit<br />
als Rechtsanwalt vor Antragstellung nicht vorgesehen und<br />
daher auch nicht zulässig. Die Entscheidung ist dem Antragsteller<br />
am 2.7.1998 zugestellt worden. Mit Schriftsatz v. 7. 7.1998, eingegangen<br />
beim Anwaltsgerichtshof am 9.7.1998, hat der Antragsteller<br />
gerichtliche Entscheidung beantragt.<br />
Der Antrag ist form- und fristgerecht angebracht, er ist jedoch<br />
nicht begründet. Mit Recht hat die Antragsgegnerin unter Hinweis<br />
auf § 3 FAO den Antrag auf Gestaltung der Fachbezeichnung zurückgewiesen.<br />
Diese Entscheidung hat nichts mit der Frage der<br />
praktischen oder theoretischen Kenntnisse, die nachgewiesen werden<br />
müssen, zu tun. § 3 FAO bestimmt vielmehr, daß eine dreijährige<br />
ununterbrochene Zulassung und Tätigkeit als Rechtsanwalt<br />
Voraussetzung für die Verleihung der Fachanwaltsbezeichnung ist.<br />
Von dieser Vorschrift gibt es ersichtlich keine Ausnahmen. Die<br />
Satzungsversammlung hat die Bestimmung anders formuliert, als<br />
die alte Regelung des § 7 Abs. II des RAFachBezG, wonach der<br />
Bewerber in der Regel mindestens zwei Jahre als Rechtsanwalt<br />
tätig gewesen sein muß. Während die Formulierung des RAFach-<br />
BezG eine Zeit von nur zwei Jahren und auch eine Ausnahme<br />
durch die Formulierung „in der Regel“ zuließ, ist § 3 der Fachanwaltsordnung<br />
insoweit eindeutig.<br />
Im Gegensatz zur Auffassung des Antragstellers beziehen sich<br />
die Ausführungen bei Hartung Holl, § 3, Rdnr. 11 u. 12 auch nur<br />
l<br />
auf die Fragen der Unterbrechung der vorherigen anwaltlichen Tätigkeit,<br />
nicht aber auf den Grundsatz.<br />
Die vorliegende Problematik, daß höhere Verwaltungsbeamte,<br />
Justitiare und sonstige auf den Sonderrechtsgebieten besonders tätige<br />
Personen, die in Ruhestand gehen oder den Beruf wechseln, auf<br />
ihrem Hauptgebiet Fachanwalt werden wollen, ist allen Beteiligten<br />
aus der Rechtsprechung der Vergangenheit bekannt gewesen. Wenn<br />
der Satzungsgesetzgeber in diesem Falle so eindeutig formuliert,<br />
hat diese Fristbestimmung auch ihren Sinn. Die Anwaltstätigkeit<br />
ist gegenüber allen anderen erhebliche Kenntnisse auf dem Fachgebiet<br />
verlangenden Tätigkeiten eben von der Arbeitsweise und der<br />
Aufgabe völlig anders. Wenn mit Billigung der Rechtsanwaltskammer<br />
daher ein Bewerber die Bezeichnung „Fachanwalt“ erhalten<br />
soll, ist auch eine längere nachgewiesene anwaltliche Tätigkeit erforderlich,<br />
wenn die Fachbezeichnung nicht letztlich in der Bevölkerung<br />
an Wert verlieren soll.<br />
Jedenfalls drückt diese Bestimmung des § 3 FAO ein legitimes<br />
Ziel aus, so daß die Antragsgegnerin mit Recht von dieser Bestimmung<br />
nicht abgewichen ist. Diese Bestimmung ist auch nicht unwirksam,<br />
weil die Fachanwaltsordnung insgesamt wegen Veröffentlichungsfehler<br />
unwirksam sei. Der Senat, der diese Frage<br />
bereits entschieden hat, ist der Auffassung, daß die Fachanwaltsordnung<br />
mit der Berufsordnung wirksam in Kraft getreten ist.<br />
Nach alledem bleibt dem Antrag der Erfolg zu versagen, wobei<br />
offenbleibt, ob und inwieweit die Antragsgegnerin die praktischen<br />
Kenntnisse und theoretischen Kenntnisse zu prüfen gehabt hätten,<br />
wenn die Zurückweisung nicht schon wegen § 3 der Fachanwaltsordnung<br />
notwendig gewesen wäre.<br />
Nach alledem war der Antrag zurückzuweisen.<br />
Die Kostenentscheidung beruht auf § 201 BRAO. Die Festsetzung<br />
des Geschäftswertes (Anm. der Red.: 25 000 DM) beruht auf<br />
der ständigen Rechtsprechung des Senates.<br />
StBerG § 57a; BOStB § 11 Abs. 1; UWG § 1<br />
Die drucktechnische Hervorhebung einer Werbeangabe in der<br />
Zeitungsanzeige einer Steuerberatungsgesellschaft durch eine<br />
6 x 1 cm breitflächige, grüne Unterlegung ist nicht berufs- und<br />
wettbewerbswidrig.<br />
OLG Dresden, Urt. v. 20.4.1999 – 14 U 3257/97<br />
Aus den Gründen: Die Berufung ist begründet. Die angegriffene<br />
Zeitungsanzeige kann nicht als berufswidrige, gegen § 1<br />
UWG verstoßende Werbung untersagt werden.<br />
1. Die berufsrechtliche Zulässigkeit der beanstandeten Werbeanzeige<br />
beurteilt sich nach §§ 57 Abs. 1, 57a StBerG. Nach § 57<br />
Abs. 1 StBerG haben Steuerberater ihren Beruf unter Verzicht auf<br />
berufswidrige Werbung auszuüben. Dieses Werbeverbot wurde mit<br />
Einfügung des § 57a StBerG durch das Sechste Gesetz zur Änderung<br />
des Steuerberatungsgesetzes vom 24.6.1994 (BGBl. I, 1387)<br />
gelockert. Danach ist die Werbung eines Steuerberaters erlaubt, soweit<br />
sie über die berufliche Tätigkeit in Form und Inhalt sachlich<br />
unterrichtet und nicht auf die Erteilung eines Auftrages im Einzelfall<br />
gerichtet ist. Ziel der Novellierung war es, die Werbebefugnis<br />
der freien rechts-, wirtschafts- und steuerberatenden Berufe maßvoll<br />
zu erweitern, ohne dabei das Bild der klassischen freien<br />
Berufsausübung in der Öffentlichkeit zu beeinträchtigen (BT-Ds.<br />
12/6753, s. 17). Ein reklamehaftes Anpreisen oder Verwenden von<br />
Werbemethoden, wie sie in der gewerblichen Wirtschaft üblich<br />
sind, sollte jedoch nach wie vor ausgeschlossen bleiben (BGH,<br />
NJW 1998, 1965).<br />
Für die Beurteilung, ob ein Werbeverhalten diese vom Gesetz<br />
gezogenen Grenzen für eine berufswidrige Werbung überschreitet,<br />
ist auch die Auffassung des beteiligten Berufsstandes, die hier in<br />
der Berufsordnung der Bundessteuerberaterkammer v. 2.6.1997<br />
(BOStB) ihren Niederschlag gefunden hat, zu berücksichtigen