Heft 1 1-64 - Anwaltsblatt
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AnwBl 1/2000 63<br />
Rechtsprechung l<br />
hob der Antragsteller am 10.2.1999 Beschwerde, soweit die Beiordnung<br />
abgelehnt wurde. Zur Begründung trägt er vor, § 119 ZPO<br />
sei mit Wirkung vom 1.1.1999 dahingehend geändert worden, daß<br />
nunmehr über die Prozeßkostenhilfe für das gesamte Vollstrekkungsverfahren<br />
zu entscheiden sei. Es könne nicht davon ausgegangen<br />
werden, daß vorliegend die Zwangsvollstreckung mit einem<br />
Mobiliarvollstreckungsauftrag und einem Antrag auf Termin<br />
zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung erledigt sein würde.<br />
Der Antragsteller sei rechtlich ungeübt und nicht in der Lage, z. B.<br />
Forderungsaufstellungen zu berechnen. Die Beiordnung eines Anwalts<br />
sei daher geboten, damit die Zwangsvollstreckung durchgeführt<br />
und ggf. weitere Anträge rasch gestellt werden könnten, z. B.<br />
Kontenpfändung etc.<br />
Der Rechtspfleger hat der Erinnerung nicht abgeholfen.<br />
II. Die Beschwerde ist zulässig, hat in der Sache jedoch keinen<br />
Erfolg.<br />
Nach der am 1.1.1999 in Kraft getretenen Bestimmung des<br />
§ 119 Abs. 2 ZPO umfaßt die Bewilligung von Prozeßkostenhilfe<br />
für die Zwangsvollstreckung in das bewegliche Vermögen alle<br />
Vollstreckungshandlungen im Bezirk des Vollstreckungsgerichts<br />
einschließlich des Verfahrens auf Abgabe der eidesstattlichen Versicherung.<br />
Diese Vorschrift führt zu keiner neuen Rechtslage.<br />
Vielmehr schließt sich der Gesetzgeber damit der bisher herrschenden<br />
Meinung an, daß jedes Gericht im Umfang seiner Zuständigkeit<br />
pauschal Prozeßkostenhilfe für die Vollstreckung bewilligen<br />
darf. Diese Frage war streitig, nachdem das Prozeßkostenhilfegesetz<br />
von 1980 die bis dahin geltende Regelung des<br />
§ 119 Abs. 1 ZPO beseitigte, wonach die Prozeßkostenhilfe für<br />
die erste Instanz auch für die Zwangsvollstreckung galt. Danach<br />
wurde streitig, ob Prozeßkostenhilfe weiterhin pauschal für die<br />
gesamte Zwangsvollstreckung oder nur für jede einzelne Vollstreckungsmaßnahme<br />
zu bewilligen sei (Zöller, 21. Aufl., § 119<br />
ZPO,Rdnr.33m.w.N.).<br />
Die Frage der Gewährung von Prozeßkostenhilfe ist zu unterscheiden<br />
von der Frage, ob im Parteiprozeß die Vertretung durch<br />
einen Rechtsanwalt erforderlich erscheint, § 121 Abs. 2 ZPO. Die<br />
Gewährung von Prozeßkostenhilfe und damit insbesondere die<br />
Freistellung von den damit verbunden Kosten und Vorschüssen für<br />
die gesamte Zwangsvollstreckung in das bewegliche Vermögen bedeutet<br />
nicht, daß damit auch die Beiordnung eines Rechtsanwalts<br />
für jede einzelne Vollstreckungshandlung notwendig ist.<br />
Die Kammer schließt sich der hierzu vertretenen Auffassung<br />
an, daß die Partei bei der Mobiliarzwangsvollstreckung in der<br />
Regel keinen Anwalt benötigt, um den Gerichtsvollzieher zu beauftragen<br />
oder eine eidesstattliche Versicherung zu beantragen.<br />
Hierfür ist die Mithilfe der Rechtsantragsstelle weiterhin ausreichend.<br />
Sollten sich im Laufe des Zwangsvollstreckungsverfahrens<br />
Maßnahmen als notwendig erweisen, die anwaltliche Hilfestellung<br />
erforderlich machen, z. B. Einstellungsanträge des Schuldners, Beschwerden<br />
etc., ist eine spätere Beiordnung eines Anwalts immer<br />
noch möglich. Insofern bedarf es jedoch weiterhin einer Begründung<br />
des Antragstellers im einzelnen.<br />
Mitgeteilt von Rechtsanwalt Georg Cless, Göppingen<br />
ZPO § 120 Abs. 3 Nr. 2, § 127Abs. 2 S. 2<br />
Gegen die vorläufige Einstellung der bei Bewilligung der Prozeßkostenhilfe<br />
auferlegten Ratenzahlungen ist eine Beschwerde<br />
der Landeskasse statthaft.<br />
SchlHOLG, Beschl. v. 15.12.1998 – 9 W 194/98<br />
Aus den Gründen: Die gem. §§ 11 Abs. 3 RPflG a. F., 127 Abs.<br />
2 Satz 2 ZPO zulässige Beschwerde ist unbegründet.<br />
Die Beschwerde der durch die Bezirksrevisorin vertretenen<br />
Landeskasse ist statthaft. Die Bestimmung der vorläufigen Einstellung<br />
der auf die Prozeßkosten zu leistenden Ratenzahlungen nach<br />
§ 120 Abs. 3 Nr. 2 ZPO gehört zu den Entscheidungen, gegen die<br />
die Beschwerde nach § 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO stattfindet.<br />
Unter § 127 Abs. 2 Satz 1 ZPO kann die vorläufige Einstellung<br />
der Ratenzahlungen schon begrifflich nicht eingeordnet werden.<br />
Auch spricht ihr vorläufiger Charakter, der bei Unpfändbarkeit des<br />
Prozeßgegners eine Rückgängigmachung zuläßt (vgl. BGH NJW-<br />
RR 1991, 827; Bischof AnwBl 1981, 234; HansOLG Hamburg<br />
MDR 1985, 941), dagegen, sie mit der Bewilligung von Prozeßkostenhilfe<br />
gleichzusetzen.<br />
Damit fällt die Anordnung nach § 120 Abs. 3 Nr. 2 ZPO aber<br />
ohne weiteres unter § 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO. Diese Vorschrift ist<br />
nämlich nicht auf solche Entscheidungen beschränkt, die im<br />
Gegensatz zu Satz 1 eine Verweigerung der Prozeßkostenhilfe zum<br />
Inhalt haben, wozu die vorläufige Einstellung der Ratenzahlungen<br />
sicher nicht gehören würde. Denn nach ihrem Wortlaut (“im übrigen„)<br />
und ihrer Entstehungsgeschichte soll sie alle anderen als bewilligende<br />
PKH-Entscheidungen erfassen (vgl. OLG Hamm<br />
FamRZ 1989, 412 ; OLG Celle Rpfleger 1989, 290; a. A.<br />
OLG Düsseldorf FamRZ 1986, 1230 f.).<br />
Ist die Beschwerde bei Entscheidungen nach § 120 Abs. 3 Nr.<br />
2 ZPO überhaupt statthaft, dann steht sie auch der Landeskasse zu<br />
(vgl. Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 54. Auflage,<br />
§ 127 Rdnr. 78; OLG Köln FamRZ 1986, 926). Dabei macht es<br />
keinen Unterschied, daß die vorläufige Einstellung der Ratenzahlungen<br />
hier darauf beruht, daß das LG die vom Rechtspfleger am<br />
22.4.1998 aufgehobene Einstellungsentscheidung wieder rückgängig<br />
gemacht hat.<br />
Die Beschwerde ist auch zulässig, weil die Landeskasse durch<br />
die Entscheidung beschwert ist (vgl. zur Beschwer des beigeordneten<br />
Rechtsanwalts: OLG Frankfurt a. M. JurBüro 1985, 1728;<br />
OLG Hamm FamRZ 1989, 412). Nach § 130 BRAGO sind die<br />
Ansprüche des der Bekl beigeordneten Rechtsanwaltes gegen<br />
seine Mandantin und gegen den Prozeßgegner (§ 126 BRAGO)<br />
auf die Landeskasse übergegangen, soweit sie an ihn Zahlungen<br />
in Höhe von 1.860,70 DM geleistet hat. Wegen dieser Kosten hat<br />
sie sich im Hinblick auf den für den Kl ungünstigen Prozeßausgang<br />
wegen des Ausgleichs vorrangig an diesen als Entscheidungsschuldner<br />
zu halten (§ 130 Abs. 2 BRAGO i. V. m. §§ 58<br />
Abs. 2, 54 Nr. 1 GKG). Nach § 58 Abs. 2 Satz 1 GKG können<br />
nachrangige Kostenschuldner, zu denen die Bekl infolge des<br />
Überganges des ihrem Rechtsanwalt gegen sie zustehenden<br />
Vergütungsanspruchs auf die Landeskasse gehört (§ 130 Abs. 1<br />
BRAGO), aber wieder in Anspruch genommen werden, wenn die<br />
Zwangsvollstreckung in das bewegliche Vermögen des Entscheidungsschuldners<br />
erfolglos geblieben ist oder aussichtslos erscheint<br />
(§ 58 Abs. 2 Satz 2 GKG steht dem nicht entgegen, vgl.<br />
OLG Oldenburg JurBüro 1987, 1834; OLG Köln FamRZ 1986,<br />
926). Die Einstellung der Ratenzahlungen erschwert für diesen<br />
Fall aber das Rückgriffsrecht der Landeskasse.<br />
Die Beschwerde ist jedoch aus den zutreffenden Gründen der<br />
angefochtenen Entscheidung und des Nichtabhilfebeschlusses des<br />
LG vom 29.10.1998 nicht begründet.<br />
Die Wiederaufnahme der Zahlungen – als actus contrarius<br />
zur Einstellung nach § 120 Abs. 3 Nr. 2 ZPO – ist anzuordnen,<br />
wenn die Landeskasse die Kosten gegen einen anderen am Verfahren<br />
Beteiligten nicht geltend machen kann. Das kann gem.<br />
§ 58 Abs. 2 Satz 1 GKG der Fall sein, wenn die Zwangsvollstreckung<br />
gegen den Prozeßgegner erfolglos geblieben ist oder<br />
aussichtslos erscheint. Diese Voraussetzungen können hier nicht<br />
festgestellt werden. Zwar war die Landeskasse nicht verpflichtet,<br />
wie das LG meint, mehrere Vollstreckungsversuche zu unternehmen<br />
(SchlHOLG SchlHA 1984, 167 ). Zutreffend hat das<br />
LG jedoch in seinem Nichtabhilfebeschluß darauf hingewiesen,<br />
daß es bislang überhaupt keinen Vollstreckungsversuch gegeben<br />
hat.<br />
Auch konnte auf der Grundlage der vom Kl mit Schriftsatz seiner<br />
Prozeßbevollmächtigten vom 9.4.1998 vorgelegten Unterlagen<br />
über seine finanziellen Verhältnisse nicht davon ausgegangen werden,<br />
daß eine Vollstreckung in das bewegliche Vermögen aussichtslos<br />
sei. Abgesehen davon, daß in der vorgelegten Erklärung vom<br />
6.4.1998 keine Angaben über das bewegliche Vermögen gemacht<br />
wurden, ergab sich aus der daraus ersichtlichen Differenz von<br />
monatlichem Bruttoeinkommen (3.973,81 DM) und monatlichen<br />
Nettobelastungen (1.977,06 DM) unter Berücksichtigung von Steuern<br />
und Sozialversicherungsabgaben kein Betrag, der die Annahme<br />
verbot, der Kl verfüge nicht über nennenswertes bewegliches Vermögen.<br />
Mitgeteilt von Richter am OLG E. Staben, Schleswig