24.07.2013 Aufrufe

Heft 1 1-64 - Anwaltsblatt

Heft 1 1-64 - Anwaltsblatt

Heft 1 1-64 - Anwaltsblatt

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

AnwBl 1/2000 37<br />

Aus der Arbeit des DAV<br />

Anlässlich der Diskussion um eine<br />

Begnadigung von Egon Krenz interviewte<br />

der Mitteldeutsche Rundfunk<br />

zum Thema des Gnadenrechts Rechtsanwalt<br />

Prof. Dr. Rainer Hamm aus<br />

Frankfurt, Mitglied des Strafrechtsausschusses<br />

des Deutschen Anwaltvereins.<br />

Rechtsanwalt Swen Walentowski,<br />

Bonn<br />

Anwaltvereine &Landesverbände<br />

Kurzer Prozeß mit den<br />

Rechten der Verbraucher?!<br />

1. Rechtsanwaltsforum Bayern am<br />

24.11.1999 in München<br />

Unter diesem Motto hatte der<br />

Bayerische Anwaltsverband anläßlich<br />

eines erstmals veranstalteten Rechtsanwaltsforum<br />

in Bayern gerufen, Richter,<br />

Rechtsanwälte und Politiker waren<br />

diesem Ruf am 24.11.1999 in München<br />

zahlreich gefolgt.<br />

Anlaß der Podiumsdiskussion war<br />

die von der Bundesjustizministerin<br />

Prof. Dr. Däubler-Gmelin geplante<br />

Zivilprozeßreform. Die Bundesjustizministerin<br />

beabsichtigt, die Berufung<br />

zu beschränken und Richterstellen abzubauen<br />

mit den Argumenten, daß die<br />

Zivilgerichte zu überlastet seien, die<br />

Zivilprozeßordnung darüber hinaus<br />

unübersichtlich, die Verfahrensdauer<br />

zu lang und die Justiz zu teuer.<br />

Das Podium war hochkarätig besetzt.<br />

Neben dem Vizepräsidenten des Bayerischen<br />

Obersten Landesgericht Herrn Peter<br />

Gummer hatten sich erfreulicherweise<br />

zur Diskussion noch für den<br />

Deutschen Anwaltsverband Herr RA<br />

Felix Busse, der Präsident der Rechtsanwaltskammer<br />

Nürnberg Herr RA Dr.<br />

Bissl, als Moderator und Vertreter der<br />

Bayer. Anwaltschaft Herr RA Anton<br />

Mertl sowie Herr Ministerialdirigent<br />

Weiß als Vertreter der Zivilabteilung des<br />

Bayerischen Justizministeriums gestellt.<br />

Bereits zu Beginn konnten anhand<br />

von Statistiken fast sämtliche Argumente<br />

der Bundesjustizministerin<br />

widerlegt werden. Eine vielbemühte<br />

Prozeßflut habe in den vergangenen<br />

Jahren nicht stattgefunden, seit 1994<br />

sind rückläufige Eingangszahlen an<br />

den Gerichten festzustellen. Im europäischen<br />

Vergleich arbeiten die deutschen<br />

Gerichte schnell und qualitativ<br />

auf sehr hohem Niveau. Allerdings<br />

waren bei den Verfahrenslaufzeiten<br />

deutliche Unterschiede zwischen den<br />

Bundesländern festzustellen, was nach<br />

allgemeiner Ansicht der Diskussionsteilnehmer<br />

einer Aufklärung bedürfe.<br />

Die bayerischen Richter und<br />

Rechtsanwälte stellten übereinstimmend<br />

fest, daß die von der Justizministerin<br />

behaupteten Mängel nicht vorhanden<br />

sind und der Gesetzesentwurf<br />

nicht zu dem von der Bundesregierung<br />

gewünschten Ziel führen wird, denn<br />

bereits das erste Ziel der Bundesjustizministerin,<br />

die Berufung zu beschränken,<br />

soll durch eine Güteverhandlung<br />

in 1. Instanz mit ausführlichen Hinweisen<br />

des Richters erkauft werden.<br />

Die Prozessparteien und deren Anwälte<br />

werden gezwungen sein, den gesamten<br />

möglichen Prozessstoff mit allen<br />

Nebensächlichkeiten bereits in der<br />

1. Instanz vorzutragen, weil künftig<br />

das Berufungsgericht an die Tatsachenfeststellungen<br />

des Eingangsgerichtes<br />

gebunden sein wird.<br />

Für den rechtsuchenden Bürger<br />

bringt die Justizreform weder mehr<br />

Transparenz noch gar Bürgernähe oder<br />

Bürgerrechte, sie birgt vielmehr die<br />

Gefahr in sich, daß der Rechtsuchende<br />

seiner Rechte leichter vollständig verlustig<br />

gehen wird. Heute noch vertritt<br />

sich der Verbraucher am Amtsgericht<br />

häufig selbst. Aufgrund seiner Rechtsunkenntnis<br />

werden jedoch Fehler gemacht,<br />

die heute noch in der Berufungsinstanz<br />

berichtigt werden<br />

können. Dieser Chance wird der Verbraucher<br />

künftig beraubt, da der Berufungsrichter<br />

an die Feststellungen des<br />

Erstgerichts gebunden sein wird.<br />

Zudem werden für Berufungen<br />

grundsätzlich nur noch Einzelrichter<br />

am Oberlandesgericht zuständig sein<br />

statt der bisherigen Kollegialgerichte.<br />

Auch dies, stellt nach einhelliger Ansicht<br />

des Plenums, eine unvertretbare<br />

Aufgabe hergebrachter Prinzipien dar,<br />

da künftig nur noch ein einzelner<br />

Richter die Entscheidung eines einzelnen<br />

Kollegen korrigieren soll.<br />

Die Kürzungen von Richterstellen<br />

werden die Rechte der Bürger erheblich<br />

beschneiden, die beabsichtigte<br />

Einsparung von 450 Richterstellen in<br />

Deutschland wird zwangsläufig zu einem<br />

Qualitätsverlust führen, denn die<br />

Stärkung der 1. Instanz macht mehr<br />

Richterstellen nötig, als bei der Beschränkung<br />

der Berufung in 2. Instanz<br />

überhaupt eingespart werden könnten.<br />

Nur mit Kritik alleine wollte sich<br />

das Rechtsanwalts-Forum Bayern aber<br />

nicht begnügen. Begrüßt haben die<br />

Teilnehmer grundsätzlich die Stärkung<br />

der 1. Instanz, da dieser mehr Richter<br />

zur Verfügung gestellt werden würde.<br />

Derzeit haben die Richter an den<br />

Amtsgerichten ca. 800 Fälle im Jahr<br />

zu bearbeiten. Durch eine Stärkung<br />

der ersten Instanz wird der Richter<br />

künftig mehr Zeit haben, sich mit dem<br />

Anspruch des Bürgers zu befassen und<br />

diesem das Gefühl geben, gehört und<br />

ernst genommen zu werden, und auch<br />

nur dann werden die Urteile von dem<br />

Bürger eher akzeptiert und weniger<br />

Berufungen eingelegt werden.<br />

Einig war sich das Forum darüber,<br />

daß die geplante Justizreform zur Bürgerferne,<br />

keinesfalls zu größerer Bürgernähe<br />

führt, da das geplante Berufungssystem,<br />

nur noch die Überprüfung<br />

von Rechtsfehlern, für den Bürger<br />

undurchschaubar, unvorhersehbar<br />

und damit unberechenbar wird.<br />

Durch die formalistische Änderung<br />

der Rechtsmittelinstanz wird die Behauptung<br />

der Justizministerin, der Bürger<br />

bekäme auch im Rechtsmittel<br />

mehr Rechte, deutlich konterkariert.<br />

Der vielzitierte und vielbemühte<br />

Rechtsfrieden kann nach Ansicht<br />

sämtlicher Diskussionsteilnehmer<br />

nicht dadurch herbeigeführt werden,<br />

daß nach dem Urteil 1. Instanz quasi<br />

„das Fallbeil fällt“.<br />

Ein Verzicht auf die hergebrachte<br />

Berufung kann im alltäglichen Prozeßgeschehen<br />

nur durch eine Akzeptanz<br />

der Parteien erzielt werden, etwa durch<br />

einen Vergleich, kulmunierend in eine<br />

Klagerücknahme oder jedenfalls durch<br />

ein überzeugendes Ersturteil.<br />

Die Diskussionsteilnehmer befürchten,<br />

dass die geplante Justizreform<br />

Verhältnisse schaffen wird, in denen<br />

zwar auch Richter und Anwälte<br />

zu leiden haben; Betroffener wird zuletzt<br />

jedoch immer der ratsuchende<br />

Bürger selbst sein.<br />

Die Anwaltschaft in Bayern wird<br />

daher mit rechtspolitischen Maßnahmen<br />

der Unbeirrbarkeit der Bundesjustizministerin<br />

entgegentreten.<br />

Rechtsanwältin Rita Schulz-<br />

Hillenbrand,<br />

Würzburg<br />

Kölner Anwaltverein<br />

I. Mitgliederstand auf 3.000<br />

angewachsen<br />

Der Kölner Anwaltverein hat Ende<br />

Juni 1999 die 3.000-Mitglieder-Grenze<br />

überschritten. Die junge Kollegin Uta<br />

Rieforth aus der Kanzlei Bach, Lang-

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!