GENOSSENSCHAFTEN SIND „IN“
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56<br />
Tipps für eine gezielte nachlassplanung<br />
Enterben – aber richtig!!!<br />
Im Blickpunkt Recht<br />
GL&Lev kontakt 04/12<br />
Von DR. ANDREAS KÜNNE<br />
Patchwork-Familien, neue Lebenspartner,<br />
Familienzwistigkeiten –<br />
wie lässt sich angesichts einer<br />
solchen Situation gezielt vererben?<br />
Dr. Andreas Künne, Rechtsanwalt<br />
und Fachanwalt für Erbrecht der<br />
Kanzlei Winter, Jansen, Lamsfuß,<br />
zeigt, wie der vorhandene<br />
rechtliche Spielraum genutzt<br />
werden kann.<br />
Es ist schon lange nicht mehr selbstverständlich,<br />
vorhandenes Vermögen<br />
ganz traditionell innerhalb der Familie<br />
weiterzugeben. Fast jede zweite Ehe<br />
scheitert heutzutage und die so genannten<br />
Patchwork-Familien sind mittlerweile ein<br />
ganz alltägliches Bild. Die Konstellationen<br />
der Beziehungen zwischen Personen verändern<br />
sich. So gibt es vielerlei Gründe, vorhandenes<br />
Vermögen gezielt bestimmten<br />
Familienangehörigen oder Dritten zukommen<br />
zu lassen. Das gilt nicht nur in den Fällen,<br />
in denen das Verhältnis zu den eigenen<br />
Abkömmlingen von Entfremdung und Streit<br />
geprägt ist, sondern auch dann, wenn es<br />
darum geht, den eigenen Besitz nicht eines<br />
Tages den Nachfahren des neuen Partners<br />
zukommen zu lassen.<br />
Deshalb steigt im Erbrecht der Bedarf an<br />
individuellen Lösungen, um gezielt zu vererben<br />
oder zu „enterben“.<br />
Das vorhandene Vermögen – durch ein<br />
Testament – gezielt einer bestimmten Person<br />
zuzuwenden, reicht nicht aus. Denn<br />
das deutsche Erbrecht gewährt einem bestimmten<br />
engen Kreis von Angehörigen<br />
eine definierte Teilhabe am Nachlass. Sollte<br />
ein Erblasser also sein gesamtes Hab und<br />
Gut der neuen Lebensgefährtin oder einer<br />
gemeinnützigen Stiftung vererben, steht<br />
dem – eventuell ungeliebten – Nachkommen<br />
gleichwohl noch der gesetzlich vorgeschriebene<br />
Pflichtteil zu. Dieser beläuft sich<br />
auf die Hälfte des gesetzlichen Erbteils, also<br />
des Betrages, der verlangt werden könnte,<br />
wenn der Verstorbene kein Testament erstellt<br />
hätte.<br />
Dr. Andreas Künne<br />
Fachanwalt für Familien-<br />
und Erbrecht<br />
bei der Kanzlei Winter,<br />
Jansen, Lamsfuß<br />
Da allerdings ein Erb- bzw. Pflichtteilsverzicht<br />
zu Lebzeiten die Mitwirkung des Verzichtenden<br />
erfordert, wird es ohne eine Gegenleistung<br />
kaum zu erreichen sein.<br />
Deshalb bedarf es einer rechtzeitigen Nachlassplanung.<br />
Denn so besteht die Aussicht,<br />
den Pflichtteil möglichst gering zu halten,<br />
ihn gezielter und wie gewünscht zu vererben.<br />
Es genügt allerdings nicht, bereits zu<br />
Lebzeiten den potentiellen Nachlass durch<br />
Schenkungen an den gewünschten Erben<br />
zu verringern. Der Gesetzgeber hat die daraus<br />
resultierende Gefahr einer Wertminderung<br />
des Nachlasses – und damit einer<br />
Reduzierung des Pflichtteils – erkannt und<br />
deshalb den so genannten Pflichtteilsergänzungsanspruch<br />
geschaffen.<br />
Dieser Pflichtteilsergänzungsanspruch hat<br />
prinzipiell zur Folge, dass Schenkungen<br />
letztlich wieder dem Nachlass zugerechnet<br />
werden. So kann der Pflichtteilsberechtigte<br />
eine Ergänzung seines Pflichtteils bis zu der<br />
Höhe verlangen, die ihm zugestanden hätte,<br />
wenn der weggegebene Gegenstand<br />
oder Vermögenswert noch im Nachlass<br />
vorhanden wäre.<br />
Dies ist allerdings nicht unbegrenzt möglich.<br />
Nur dann, wenn eine Schenkung im Jahr<br />
vor dem Erbfall erfolgt, geht sie noch voll in<br />
die Berechnung des Pflichtteilsanspruches<br />
ein. Bereits im zweiten Jahr kann der Pflichtteilsberechtigte<br />
nur noch 90 % des weggegebenen<br />
Wertes fordern. So wird der Pflichtteilanspruch<br />
für jedes zurückliegende Jahr<br />
der Schenkung neu berechnet. Im günstigsten<br />
Fall gibt es nach Ablauf einer 10-Jahres-<br />
Frist keinen Pflichtteilsergänzungsanspruch<br />
mehr. Man sollte sich allerdings nicht ohne<br />
weiteres auf die 10-Jahres-Frist verlassen.<br />
Denn die Frist beginnt nicht zwingend im<br />
Augenblick der Schenkung, wenn beispielsweise<br />
Vermögenswerte an den Ehepartner<br />
weitergegeben werden oder aber ein<br />
lebenslanges Nutzungsrecht eingeräumt<br />
wird.<br />
Eine Reduzierung des Nachlasses und damit<br />
des Pflichtteilsanspruchs ist also möglich,<br />
setzt jedoch eine entsprechende testamentarische<br />
Regelung und unter Umständen<br />
eine frühzeitige Reduzierung des vorhandenen<br />
Vermögens voraus.<br />
Wir empfehlen, sich frühzeitig mit dieser<br />
Thematik auseinanderzusetzen und die<br />
Möglichkeiten mit einem erfahrenen Fachmann<br />
zu besprechen.