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des vatikanischen Belvedere "Antinous"? - Walter Peter Gerlach ...

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Antinous vom <strong>Belvedere</strong><br />

Konzeption, der Antiken aemulatio und imitatio 13 , vorstellen?<br />

Daraus ergab sich ein Problem für die an Orosius orientierte traditionelle christliche<br />

Geschichtsschreibung und der entstehenden Mehrdeutigkeit beim Einbezug der klassischen<br />

Vergangenheit als historischer Praefiguration, in die die antiken Zeugnisse eingebunden werden mußten.<br />

Oder konnte er gar in die Ikonographie päpstlicher Familienpolitik, wie sie die Medici- und Farnese-<br />

Päpste nach dem Sacco di Roma betrieben 14 , einbezogen werden?<br />

Immer dann ist es zudem an der Zeit die Forschungsgeschichte eines Objektes zu überprüfen, wenn<br />

Indizien bekannt werden, die sich nicht ohne weiteres in das bisherige Hypothesengebäude einfügen<br />

lassen. Ein solches Indiz ist eine Parmigianino zugeschriebene Zeichnung, die Popham 1971 in die letzte<br />

Lebensphase zwischen 1535 und 1540 datierte. Diese Zeichnung wurde von Bober-Rubinstein 1986<br />

unkommentiert in der Geschichte <strong>des</strong> Hermes-Antinous aufgeführt, obwohl sich das To<strong>des</strong>datum<br />

Parmigianinos mit dem bisherigen hypothetischen Funddatum nicht vereinbaren läßt. 15 Entweder ist die<br />

Datierung oder die Zuschreibung der Zeichnung nicht haltbar oder aber das bisherige Funddatum ist nicht<br />

länger als gesichert anzusehen. Damit hätten wir eine weitere ungeklärte Frage. Diese ist hier nicht mein<br />

Thema - dazu kann ich nur eine vorläufige Beobachtungen anmerken. Die beiden ersten werden uns hier<br />

zu beschäftigen haben.<br />

Wir wissen, daß vor 1550 nicht nur in römischen Sammlungen, einschließlich der <strong>vatikanischen</strong>, eine<br />

Vielzahl an Büsten neben den Statuen vorhanden gewesen sind, die "Antinous" benannt wurden. Über<br />

Erstere berichtet erstmals Ulisse Aldovrandi 1550 in seiner Beschreibung der römischen Sammlungen.<br />

Neben der <strong>vatikanischen</strong> Statue benennt er in verschiedenen römischen Sammlungen 13 'Antinous'-<br />

Büsten, von denen drei moderne Kopien waren (Abb.3). 16 Aber auch diese waren nicht durch eine antike<br />

Beischrift als Antinous ausgewiesen, mußten also auch auf einem anderen Wege als <strong>des</strong>sen Bildnis<br />

bestimmt worden sein. Und Pirro Ligorio weist auf zwei weitere Büsten <strong>des</strong> Antinous-Bacchus hin, deren<br />

eine in Venedig, in der Sammlung Grimaldi, die andere in der römischen Sammlung Vittorij sich befand. 17<br />

Außer einer von Pirro Ligorio beschriebenen Statue <strong>des</strong> Antinous-Bacchus, die in der Villa Hadriana in<br />

Tivoli gefunden wurde, die aber unter den erhaltenen Statuen nicht zu identifizieren ist 18 , berichtet nur<br />

noch Flaminio Vacca vom Fund einer Antinous-Statue in der Zeit Pauls III. in den Horti Liciniani beim<br />

Tempel <strong>des</strong> Caius et Lucius. 19 Ob der Kopf jenes Vorbil<strong>des</strong>, das Raffael für den Merkur im "Rat der<br />

Götter" in der Loggia di Psiche in der Farnesina und für den Entwurf der Statue <strong>des</strong> Jonas der Chigi-<br />

Kapelle, die Lorenzetto ausführte, benutzte, schon als Antinous-Bildnis erkannt war, läßt sich bisher nicht<br />

nachweisen. Ebensowenig ist auszumachen, ob die Antinous-Büste, die sich jetzt im Palazzo Reale in<br />

Neapel befindet, bereits gegen 1520 als Antinous-Bildnis identifiziert worden war. Sie ist wahrscheinlich<br />

die Vorlage für die Giuglio Romano zugeschriebene Skizzen in der Biblioteca Civica Passionei von<br />

Fossombrone, eine Vorzeichnung für die Stuckbüste eines jugendlichen Dionysos der Villa Lante, um<br />

1524/25 datiert, die unzweifelhaft die jugendlichen Züge eines Antinous trägt. 20 Wahrscheinlich muß<br />

erscheinen, daß man in der ersten Hälfte <strong>des</strong> 16. Jahrhunderts eine Vorstellung von antiken Antinous-<br />

Darstellungen hatte. Bisher läßt sich aber diese Kenntnis nicht genauer bestimmen. Weder tragen die in<br />

dieser Zeit entstandenen Büsten oder Zeichnungen eine entsprechende Beschriftung, noch sind die<br />

Texte, in denen Antinous-Statuen oder - Büsten erwähnt werden, mit Illustrationen versehen.<br />

Eine andere Quellensorte führt hier aber weiter: Es sind die Listen, die anläßlich von Abgußaufträge<br />

angelegt wurden. Fünf Jahre vor Aldovrandis Aufstellung läßt sich ein erster Abguß eines "Antinous" <strong>des</strong><br />

<strong>Belvedere</strong> durch den Bildhauer Primaticcio nachvollziehen. Dabei bleibt allerdings offen, ob Primaticcio,<br />

der bereits 1540 eine erste Reise nach Italien unternommen hatte, um für Franz I. von Frankreich<br />

Abgüsse von antiken Statuen herzustellen, auf seiner zweiten Reise im August <strong>des</strong> Jahres 1545<br />

erfolgreich dieses Unternehmen ausführen konnte. Im Dokument ist von "Domenicus Rincontro" aus<br />

Florenz und "Jacobus Barotius di Vignola" die Rede, die "R. D. Francisco Primaditio" elf Formen<br />

herzustellen versprechen. Unter diesen werden namentlich aufgeführt: der Nil und die Statue eines<br />

Antinous "in viridario S.D.N. Pape in loco Belvederis positi". Über den Verbleib dieser beiden Abgüsse ist<br />

bisher nichts in Erfahrung zu bringen gewesen. Aller Wahrscheinlichkeit nach wurden wohl diese beiden -<br />

im Gegensatz zu den übrigen Abgüssen - niemals in Bronze für Fontainebleau ausgeführt. 21 Es lag nun<br />

nahe aus der namentlichen Erwähnung in diesem Dokument zu schließen, daß unser Antinous erstmals

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