des vatikanischen Belvedere "Antinous"? - Walter Peter Gerlach ...
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Antinous vom <strong>Belvedere</strong><br />
Sollte ein solcher Vergleich nicht ebenso für Fulvio möglich gewesen sein, wie für alle nachfolgenden<br />
Autoren bis hin zu Aldovrandi? Bei Winckelmann findet sich im gleich Manuskript ein weiterer Hinweis,<br />
der uns weiter führen könnte - und der außer von ihm sonst nirgend in die Debatte eingeführt worden ist:<br />
Antike Medaillen und Münzbilder!<br />
Bereits 1517 publizierte Fulvio ein Antinous-Bildnis (Abb.6) nach antikem Vorbild in seinen »Illustrium<br />
imagines«, gedruckt bei Iacobus Mazzochi. 32 Den größten Teil der Texte zu den einzelnen Holzschnitten<br />
verfaßte wahrscheinlich Fulvio selber, wie wohl auch Sadolet als Mit-Autor ins Spiel gebracht worden ist.<br />
Leider fehlt eine Abbildung oder Beschreibung <strong>des</strong> Revers seiner Vorlage, so daß wir nicht weiter wissen,<br />
ob hier nicht nur der historische Antinous gemeint war, wie aus der beigegebenen Legende<br />
hervorzugehen scheint. Wir können aber davon ausgehen, daß griechische Antinous-Münzen min<strong>des</strong>tens<br />
seit Beginn <strong>des</strong> 16.Jhds. in Rom weder unbekannt, noch selten in Sammlungen zu finden waren.<br />
Fulvio, dem wir die sprachliche Formel der Beschreibung <strong>des</strong> historischen Antinous verdanken, hat diese<br />
für die Legende zu seiner Münzabbildung aus der Vita Hadrians <strong>des</strong> Aelius Spartian in der Historia<br />
Augusta entnommen. 33 Aus den antiken Texten geht nicht hervor, welches Alter Antinous gehabt hat,<br />
weder als er erstmals mit Hadrian zusammentraf, noch in welchem Alter er starb. Es läßt sich aber aus<br />
der Rekonstruktion der Reisen <strong>des</strong> Hadrian erschließen, daß er bei seinem Tode wahrscheinlich 22 Jahre<br />
alt gewesen sein müßte. 34 Für seine Darstellung in der antiken Kunst wurden Hermes-Typen neben<br />
Dionysos-Osiris-, Apollon- oder Vertumnus-Typen verwendet. Das hatte seine Begründung aus dem<br />
örtlichen ägyptischen Kult <strong>des</strong> Bes und dem gegenüberliegenden Hermopolis 35 erhalten, dem Ort, an dem<br />
Antinous zu Tode kam. Er wurde durch Hadrians Bemühungen um Verbreitung dieses neuen, von ihm<br />
beförderten Kultes in Ägypten und in Griechenland im Land der PROS-ELENOI, der Urgriechen, dem<br />
arkadischen Urgott - Hermes/Merkur - angeglichen. 36 Daß Bithynion, der Geburtsort <strong>des</strong> historischen<br />
Antinous, die Tochterstadt von Mantinaia und diese eine Gründung der Antinoe war - nach der Antinous<br />
seinen Namen erhielt -, wußte man im 16.Jh. aus Pausanias. 37 Als Orte seines Kultes waren u.a.<br />
Alexandria, Bithynion und als Sitz aller Hermetik - neben Hermopolis - Mantinaia überliefert. 38<br />
Welche Aspekte <strong>des</strong> Hermes lassen sich nun von diesen Münzen aus erschließen? Hermes als<br />
Seelengeleiter - der Psychopompos mit Chlamys und Caduceus, wie ihn Cartari darstellte (Abb.7) - weist<br />
auf den Aspekt <strong>des</strong> Opfers beim Tode <strong>des</strong> Antinous hin. Auf hellenistisch-alexandrienischen Münzen<br />
konnte diese Kombination nachgewiesen werden. 39 Bei diesen erscheint auf dem Revers allerdings auch<br />
ein chtonisch-thrakischer Reiterheld, der wohl kaum als Bildnis <strong>des</strong> Antinous identifizierbar ist. Münzen<br />
in<strong>des</strong>sen, die das Bildnis <strong>des</strong> Obvers oder eine stehende Figur <strong>des</strong> Revers durch den Caduceus als<br />
chtonischen Hermes kennzeichnen, findet sich auf den Rückseiten von Münzen aus Delphi, Arkadien,<br />
Argos (Korinth) und Nicomedien. 40 Weber hatte bereits darauf hingewiesen, daß es von einigen Antinous<br />
-Denkmünzen z.B. aus Korinth Nachbildungen auch <strong>des</strong> 16. Jhds. aus dem Umkreis <strong>des</strong> Cavino (Abb.8)<br />
gibt 41 und diese zu den am häufigsten abgebildeten Antinous-Münzen im 16.Jh. gehören.<br />
Was also liegt näher, als an eben diesen Zusammenhang angesichts <strong>des</strong> anonymen Holzschnittes von<br />
1517 in Fulvios » Illustrium imagines « (Abb.6) zu denken. Die dort abgebildete Münze scheint in<strong>des</strong>sen<br />
auf den ersten Blick aus numismatischer Sicht nichts als eine Erfindung zu sein. Die Umschrift<br />
"ANTINOVS . ADRIANI" ist nicht antik, denn lateinische Münzlegenden <strong>des</strong> Antinous sind der<br />
Wissenschaft bisher unbekannt und auch nicht zu erwarten. Sein Kult wurde in Italien zu Lebzeiten<br />
Hadrians, z.B. in seiner Villa in Tivoli gepflegt 42 , eine Münzprägung in Rom mit seinem Bildnis in<strong>des</strong> wäre<br />
nicht zulässig gewesen, denn sein Kult wurde hier nicht von Staatswegen gepflegt, wenn auch im<br />
Serapeium eine Antinous-Basis nachweisbar ist. 43 Bei den griechisch-alexandrinischen Antinous-Münzen<br />
handelt es sich zudem immer um Stiftungen von Priestern oder reichen Anhängern seines Kultes, sie<br />
waren keine Zahlungsmittel, sondern Gedenkmünzen oder Medaillen. Die Umschrift ist noch weniger eine<br />
Übersetzung einer Legende griechischer Münzen. Sie ist vielmehr als eine erfundene Analogie zu den<br />
Umschriften aufzufassen, die sich auf Münzen kaiserlicher Gemahlinnen finden (Abb.9). 44<br />
Derartige Inschriften-Typen waren der italienischen Münzschneidekunst seit dem späten 14.Jh. geläufig,<br />
wie zahlreiche Prägungen aus Paduaner Produktion bezeugen. Sie sind keineswegs Kopien römischer<br />
Münzen, sondern Analogie-Bildungen mit zeitgenössischen Bildnissen, wie z.B. die Carrara-Medaillen<br />
von 1480. 45 Daß im 16.Jh. Antinous-Münzen unterschiedlicher Art bekannt gewesen sind (Abb.10 - 14)