Armutsbericht 2006 - bei der Arbeitnehmerkammer Bremen
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ihrem Nettoar<strong>bei</strong>tsentgelt, dem Kin<strong>der</strong>geld<br />
und <strong>der</strong> Unterhaltsvorschussleistung überwinden<br />
muss. Im sechsten Lebensjahr des Kindes<br />
steigt die Unterhaltsvorschussleistung auf<br />
170 Euro; damit sinkt das erfor<strong>der</strong>liche Bruttoentgelt,<br />
wodurch erstmals ein (geringer)<br />
Wohngeldanspruch begründet wird. Ab dem<br />
vollendeten siebten Lebensjahr des Kindes<br />
sinkt die Höhe des Mehrbedarfs für die Mutter<br />
und damit auch <strong>der</strong> Gesamtbedarf – das<br />
erfor<strong>der</strong>liche Bruttoentgelt sinkt weiter und<br />
erhöht damit gleichzeitig den Wohngeldanspruch<br />
des Haushalts. Ab dem vollendeten<br />
12. Lebensjahr des Kindes entfällt die Unterhaltsvorschussleistung;<br />
zur Erlangung eines<br />
Anspruchs auf den Kin<strong>der</strong>zuschlag von 140<br />
Euro muss die Mutter die Mindesteinkommensgrenze<br />
des § 6a BKGG erreichen – hierdurch<br />
wird das erfor<strong>der</strong>liche Bruttoentgelt allerdings<br />
nach oben ›getrieben‹, wodurch wie<strong>der</strong>um<br />
<strong>der</strong> Wohngeldanspruch sinkt. Mit wie<strong>der</strong><br />
ansteigendem Bedarf ab dem vollendeten<br />
14. Lebensjahr des Kindes kann auch mit dem<br />
Kin<strong>der</strong>zuschlag die Hilfebedürftigkeit nicht<br />
überwunden werden; das Bruttoentgelt wird<br />
weiter auf 1.804 Euro ›hoch geschraubt‹ –<br />
Hilfebedürftigkeit muss alleine aus dem Nettoar<strong>bei</strong>tsentgelt<br />
und dem Kin<strong>der</strong>geld überwunden<br />
werden.<br />
3.4 Zusammenfassung<br />
Die bedarfsdeckenden Bruttolöhne liegen <strong>bei</strong><br />
Haushalten mit Kin<strong>der</strong>n und einem Alleinverdiener<br />
teilweise dicht <strong>bei</strong> o<strong>der</strong> sogar oberhalb<br />
des durchschnittlichen Bruttolohns <strong>der</strong> Ar<strong>bei</strong>tnehmerschaft.<br />
Dies ist allerdings keineswegs<br />
die Folge zu hoher SGB-II-Leistungen; die<br />
zum Teil beachtliche Höhe <strong>der</strong> erfor<strong>der</strong>lichen<br />
Bruttoar<strong>bei</strong>tsentgelte resultiert vielmehr aus<br />
dem seit Oktober 2005 erhöhten Erwerbstätigenfreibetrag<br />
sowie <strong>der</strong> Fehlkonstruktion<br />
des Kin<strong>der</strong>zuschlags; im Ergebnis setzt damit<br />
auch die Besteuerung häufig bereits vor<br />
Überwindung <strong>der</strong> Hilfebedürftigkeit ein beziehungsweise<br />
entfällt <strong>der</strong> Wohngeldanspruch<br />
aufgrund eines zu hohen Bruttolohns.<br />
Bei gegebenem SGB-II-Bedarf werden<br />
die von <strong>der</strong> Größe <strong>der</strong> Bedarfsgemeinschaft<br />
abhängigen Bruttoar<strong>bei</strong>tsentgeltschwellen<br />
maßgeblich beeinflusst durch<br />
1. das Steuer- und Abgabensystem<br />
Bei unverheirateten Paaren gilt für den<br />
erwerbstätigen Partner die Steuerklasse I.<br />
Verglichen mit <strong>der</strong> Steuerklasse III (Ehepaare)<br />
steigt dadurch (sowie infolge <strong>der</strong> parallel<br />
und proportional steigenden Sozialversicherungs-Beiträge)<br />
zum Beispiel <strong>bei</strong>m Zwei-<br />
Personen-Haushalt <strong>der</strong> erfor<strong>der</strong>liche Bruttolohn<br />
für den Alleinverdiener in <strong>Bremen</strong> um<br />
372 Euro (Bremerhaven 349 Euro).<br />
2. den Erwerbstätigenfreibetrag<br />
In <strong>der</strong> Spitze (Bruttoentgelt von 1.200 Euro<br />
beziehungsweise 1.500 Euro) liegt <strong>der</strong> Erwerbstätigenfreibetrag<br />
höher als nach früherer<br />
BSHG-Regelung. Dadurch steigen die bedarfsdeckenden<br />
Bruttoschwellen zum Teil beträchtlich.<br />
Sie fielen <strong>bei</strong> einem reduzierten Erwerbstätigenfreibetrag<br />
deutlich niedriger aus;<br />
verglichen mit <strong>der</strong> vormaligen BSHG-Regelung<br />
o<strong>der</strong> auch <strong>der</strong> geltenden Rechtslage des SGB<br />
III bleibt die großzügiger gestaltete Möglichkeit<br />
des anrechnungsfreien Hinzuverdienstes<br />
im Rahmen <strong>der</strong> Grundsicherung für Ar<strong>bei</strong>tsuchende<br />
nach wie vor begründungsbedürftig.<br />
3. die Anspruchskonstruktion<br />
Der Anspruch auf den Kin<strong>der</strong>zuschlag nach<br />
§ 6a Bundeskin<strong>der</strong>geldgesetz setzt unter<br />
an<strong>der</strong>m voraus, dass das anrechenbare<br />
Einkommen <strong>der</strong> Eltern mindestens dem<br />
elternspezifischen Bedarf entspricht (Mindesteinkommensgrenze).<br />
An<strong>der</strong>s als <strong>bei</strong> Bedarfsgemeinschaften<br />
ohne Kind liegt – <strong>bei</strong> Erreichen<br />
des bedarfsdeckenden Bruttoentgelts –<br />
das nach SGB II anrechenbare (Netto-) Einkommen<br />
<strong>bei</strong> Bedarfsgemeinschaften mit Kind<br />
daher zum Teil merklich oberhalb <strong>der</strong> SGB-II-<br />
Bedarfsschwelle – <strong>bei</strong> einem Alleinverdiener-<br />
Ehepaar (-Paar) mit drei Kin<strong>der</strong>n unter 14<br />
Jahre <strong>bei</strong>spielsweise in <strong>Bremen</strong> um 269 Euro<br />
(200 Euro), sind <strong>bei</strong>de Partner zu gleich<br />
hohem Verdienst erwerbstätig um 226 Euro.<br />
Würde <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong>zuschlag hingegen auch in<br />
jenen Fällen gewährt, in denen das anrechenbare<br />
Einkommen <strong>der</strong> Eltern den elternspezifischen<br />
Bedarf unterschreitet, mit dem vollen<br />
Kin<strong>der</strong>zuschlag aber SGB-II-Hilfebedürftigkeit<br />
überwunden wird, so lägen die bedarfsdeckenden<br />
Bruttolöhne in dem erwähnten Beispiel<br />
um 442 Euro (663 Euro) beziehungsweise<br />
jeweils 231 Euro <strong>bei</strong> zwei Verdiensten niedriger<br />
als nach geltendem Recht.<br />
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