NeueChorszene 08 - Ausgabe 2/2008

der Entwicklung gar nicht traurig sein:
es ist der beste Weg zu jenen Hörern
(pardon: Endverbrauchern), die sich
ansonsten wohl niemals in die Klassik-
Abteilung eines CD-Geschäftes verlaufen
würden.
Und der in der Medienindustrie beliebte
Verkaufsanschieber „Hightec“?
Nüchtern betrachtet hat es mit der
Digitalisierung und dem Mehrkanalverfahren
SACD, besonders für den
Klassiksektor mit seinem Anspruch an
höchste Klangtreue in der Wiedergabe,
signifikante technische Weiterentwicklungen
gegeben. Aber der entscheidende
Sprung war und bleibt die Wende
von Mono zu Stereo in den späten
50er Jahren des XX. Jahrhunderts. Der
Mensch hört nun mal räumlich, und
diese Räumlichkeit klangtechnisch abzubilden,
und somit dem Konsumenten
liefern zu können war der Quantensprung
schlechthin. Was danach kam,
einschließlich SURROUND, waren hinsichtlich
der Umsatzzahlen bestenfalls
„Trippelschrittchen für Spezialisten“.
Und das ist für die allgegenwärtigen
Marketingstrategen, die die Produzenten
inzwischen ersetzt haben, schlicht
uninteressant.
„Ja, machen Sie denn mit Ihrem Chor
auch Tourneen?“ wurde ich von einer
Münchner Schallplattenfirma gefragt.
Was sagt man darauf? 140 Leute 3 Wochen
auf Europa- (Verkaufs-) Tournee!
Na wunderbar, aber ein Beweis dafür,
dass heute noch vor dem Gedanken
an eine Neuaufnahme die Realisierung
von Vermarktungsstrategien steht! Und
einen Chor von einer Talkshow zur
nächsten zu jagen hat bislang - nach
meiner Kenntnis - nur der unverwüstliche
Gotthilf Fischer geschafft.
NC 2 / 08
Fazit: Schallplatte: was ist das?
CD: Ade! I-Pod: Naja?
Musik ist heute verfügbar wie nie zuvor;
das gilt für die Quantität wie für die
Qualität gleichermaßen. Die Klassik
hat von der Schallplattenindustrie und
den Rundfunkanstalten in aller Welt
per Saldo am meisten profitiert, da
sie naturgemäß nicht annähernd dem
Wechsel unterliegt, der bei der populären
Musik angesagt ist. Der Chor des
Städtischen Musikvereins hat sich in
den zurückliegenden Jahrzehnten auf
höchstem Niveau in das große Buch
der Tonaufzeichnungen nachhaltig eintragen
dürfen, und zwar mit über 20
Produktionen! Und diese sind in einem
vergleichsweise hohen Maße auch derzeit
(2008) am Markt erhältlich.
Aus heutiger Sicht ist das eine überaus
glückliche, jedoch wohl nicht wiederholbare
Fügung, bedenkt man die
„Mitbewerber“ wie z.B. die Philharmonischen
Chöre in München, Berlin und
Hamburg, die Singakademie zu Berlin
oder die zahlreichen Chöre in den Zentren
um Frankfurt/Main und im Ruhrgebiet!
Selbst der Singverein der Gesellschaft
der Musikfreunde zu Wien, zu
Karajans Zeiten ein nahezu allgegenwärtiger
Chor, scheint von der Bildfläche
überregionaler Wahrnehmung verschwunden.
Es hat also rein gar nichts mit der
derzeitigen künstlerischen Potenz des
Chores zu tun, dass bei der Frage nach
neuen Produktionen seitens der Entscheidungsträger
(bestenfalls) müde
abgewinkt wird.
Sind wir somit froh und dankbar über
das Erreichte und Vorzeigbare; lassen
wir uns durch die aufgezeigte Entwick-
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