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NeueChorszene 08 - Ausgabe 2/2008

Zeitschrift des Städtischen Musikvereins zu Düsseldorf e.V. Konzertchor der Landeshauptstadt Düsseldorf

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Konzertchor der Landeshauptstadt Düsseldorf

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liturgischen Gebrauch im Gottesdienst<br />

geschrieben wurden.<br />

„Ein ‚deutsches‘ Requiem“ ent-<br />

gegen der lateinischsprachigen<br />

Tradition<br />

Hinsichtlich der Textgrundlage nimmt<br />

das 1868 endgültig vollendete Werk<br />

„Ein deutsches Requiem“ von Johannes<br />

Brahms (geboren am 7. Mai 1833<br />

in Hamburg, gestorben am 3. April<br />

1897 in Wien) eine Sonderstellung ein.<br />

Brahms vertont von ihm selbst ausgesuchte<br />

und in Reihenfolge gebrachte<br />

Worte der Bibel aus dem Alten und dem<br />

Neuen Testament sowie aus den Apokryphen<br />

3) in der deutschen Übersetzung<br />

von Martin Luther. Während das liturgische<br />

Requiem ein Bittgottesdienst ist,<br />

der für den Verstorbenen gefeiert wird,<br />

und der ihm helfen soll, zur Erlösung zu<br />

gelangen, richten sich die von Johannes<br />

Brahms ausgesuchten Texte an die<br />

Hinterbliebenen, um ihnen Rat, Hilfe<br />

und Trost zu geben 4) . Insofern steht er<br />

mit seinem Werk in der christlich-reformatorischen<br />

lutherischen Tradition,<br />

die sich deutlich von dem lateinischen<br />

Requiem abgewendet hat. Die Aussagen<br />

der ausgewählten Bibelstellen reichen<br />

von der Linderung des Leides der<br />

Trauernden bis zur Mahnung, die Tatsache<br />

des eigenen Todes als Ziel des<br />

irdischen Daseins zu Lebzeiten in das<br />

Denken und Handeln einzubeziehen.<br />

Ausgewählte Bibelstellen werden<br />

zu einer neuen literarischen<br />

Textvorlage zusammengestellt<br />

Die Textauswahl zeugt von einer originären<br />

Frömmigkeit Brahms’ und von<br />

seiner verblüffenden Bibelkenntnis.<br />

Formal ist die Textvorlage von einer<br />

ausgeklügelten Architektur, da die sieben<br />

Teile des deutschen Requiems<br />

in einer raffinierten dramaturgischen<br />

Konstruktion Gedanken an den Kampf<br />

zwischen Schmerz und Freude (Sätze<br />

2 und 6), das Schwanken zwischen<br />

Trauer und Hoffnung (Sätze 3 und 5)<br />

und Worte des Trostes (Sätze 1, 4 und<br />

7 - Eingangs-, Mittel- und Schlussteil)<br />

auch formal zu einem literarischen Meisterwerk<br />

zusammenfassen.<br />

So schafft sich Brahms die Textgrundlage<br />

für ein sehr persönliches und singuläres<br />

Werk.<br />

Gereifte Kompositionskenntnisse<br />

ermöglichen ein erstes großes,<br />

geniales Werk<br />

Auch musikalisch ist das deutsche<br />

Requiem genial und einzigartig. Die<br />

Musik ist von tiefer romantischer Kraft,<br />

vermeidet aber den gefühlsbetonten,<br />

sentimentalen Ausdruck. Auch auf<br />

arienhafte, ausschweifende Sologesänge<br />

eines sonst in Requien üblichen<br />

Solistenquartetts wird verzichtet.<br />

Im Mittelpunkt als Träger des Inhalts<br />

steht der Chor, dem auch die großen<br />

dramatischen Steigerungen übertragen<br />

wurden. Die beiden Solisten, die in drei<br />

der sieben Sätze mitwirken, wechseln<br />

sich mit dem Chor in einer Art Responsorium<br />

ab. Das Orchester ist ein selbständiger<br />

Partner. Seine Funktion geht<br />

weit über die Aufgabe der Begleitung<br />

hinaus. Es bereitet die musikalischen<br />

Geschehnisse vor, beantwortet sie und<br />

führt sie fort.<br />

Mit dem deutschen Requiem „wagte“<br />

sich Johannes Brahms an seine erste<br />

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