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NeueChorszene 08 - Ausgabe 2/2008

Zeitschrift des Städtischen Musikvereins zu Düsseldorf e.V. Konzertchor der Landeshauptstadt Düsseldorf

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Konzertchor der Landeshauptstadt Düsseldorf

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heran, eine Fassung mit vierhändiger<br />

Klavierbegleitung zu erarbeiten. Schon<br />

am 30. Januar 1869 traf bei dem Verlag<br />

in Winterthur eine entsprechende Bearbeitung<br />

mit folgenden typischen, satirischen<br />

Bemerkungen von Brahms ein:<br />

„Die Hölle ist absolviert. Ich habe mich<br />

der edlen Beschäftigung hingegeben,<br />

mein unsterbliches Werk auch für vierhändige<br />

Seelen genießbar zu machen.<br />

Jetzt kann’s nicht untergehen. Übrigens<br />

ist es ganz vortrefflich geworden.“<br />

Die Premiere dieser Version fand im<br />

Juli 1871 in der englischen Hauptstadt<br />

unter der Leitung des Solo-Baritons der<br />

Bremer Uraufführung, Julius Stockhausen,<br />

statt - darum auch der Beiname<br />

„Londoner Fassung“.<br />

Mit dieser Aufführung schließt sich<br />

nach 17 Jahren nun endgültig der Kreis<br />

der langen Entstehungszeit, die (wahrscheinlich)<br />

mit einer nichtveröffentlichten<br />

- vierhändigen - Sonate für zwei<br />

Klaviere im Jahre 1854 begann.<br />

Schlussworte von<br />

Johannes Brahms zu seiner<br />

Requiem-Komposition<br />

Johannes Brahms hatte seine Arbeit<br />

am deutschen Requiem 1868 mit der<br />

Nachkomposition des fünften Satzes<br />

und 1869 mit der Vorlage der vierhändigen<br />

Klavierfassung abgeschlossen. Im<br />

Rückblick auf seine Arbeit schreibt er<br />

1868: „Ich bin nun getröstet! Ich habe<br />

das überwunden, was ich glaubte, nie<br />

überwinden zu können. Und nun bin ich<br />

wie ein Adler, der sich höher und höher<br />

schwingen kann“. Ein Jahr später,<br />

1869, schreibt er: „Ich habe nun meine<br />

Trauer niedergelegt und sie ist mir genommen;<br />

ich habe meine Trauermusik<br />

NC 2 / <strong>08</strong><br />

vollendet als Seligpreisung der Leidtragenden.<br />

Ich habe nun Trost gefunden,<br />

wie ich ihn gesetzt habe als Zeichen an<br />

die Klagenden.“<br />

Damit war der Geist Brahms’ frei und<br />

vorbereitet für eine neue Schaffensphase,<br />

die vor allem durch die Vollendung<br />

seiner ersten Sinfonie und die Komposition<br />

der weiteren drei Sinfonien geprägt<br />

werden sollte.<br />

Rezeptionsgeschichte des<br />

deutschen Requiems<br />

Immer längere Aufführungsdauer<br />

bei einem „Repertoirestück“<br />

In der Rezeptionsgeschichte des deutschen<br />

Requiems wurde der Charakter<br />

des Werkes oft dadurch verändert,<br />

dass der von Brahms gespendete Trost<br />

in Betrachtungen über den Schmerz<br />

umgedeutet und deshalb wesentlich<br />

langsamere Tempi gewählt wurden,<br />

als sie Brahms nach seinen Aufführungserfahrungen<br />

als ideal notiert hatte.<br />

Schon der Brahms nahestehende<br />

Dirigent Max Bruch schrieb über eine<br />

Requiem-Aufführung in Dessau (einem<br />

Ort ohne Brahms-Tradition), das die<br />

Tempi „unerträglich langsam“ gewesen<br />

seien. Andere Stellen wurden immer<br />

schneller, wie zum Beispiel der 6. Satz<br />

„Dann wird die Posaune erschallen“,<br />

um eine besondere Dramatik zu erzeugen.<br />

Immer wieder wird auch versucht,<br />

dem Texte Brahms’ eine Parallele zum<br />

lateinischen Text der traditionellen katholischen<br />

Totenmesse „abzuringen“.<br />

Solche Vergleiche führen bei den Aufführungen<br />

dazu, durch entsprechende<br />

schnellere oder langsamere Tempi aus<br />

dem deutschen Requiem doch noch<br />

ein „richtiges“ Requiem zu machen.<br />

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