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NeueChorszene 08 - Ausgabe 2/2008

Zeitschrift des Städtischen Musikvereins zu Düsseldorf e.V. Konzertchor der Landeshauptstadt Düsseldorf

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Konzertchor der Landeshauptstadt Düsseldorf

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Mit diesem Hinweis wird Johannes<br />

Brahms in verschiedenen Veröffentlichungen<br />

(Texten zu Tonträger-Aufnahmen,<br />

Beiträgen in Programmheften zu<br />

Konzerten) als Heide oder als Häretiker<br />

abgetan. Aber das ist völlig unzulässig<br />

und falsch!<br />

Als lutherischer Christ muss Brahms<br />

nicht an die Unsterblichkeit der Seele<br />

glauben. In dem Zeugnis der Bibel ist<br />

nichts von einer unsterblichen Seele<br />

zu lesen. Diese griechisch-heidnische<br />

Vorstellung ist zwar vom Christentum<br />

später übernommen worden, aber nach<br />

biblischem Verständnis kann man den<br />

Menschen nicht in zwei Teile (Seele und<br />

Leib) aufteilen, die für sich existieren.<br />

Auferstehung heißt: der ganze Mensch<br />

als Leib, Seele und Geist ist zu ewiger<br />

Gemeinschaft mit Gott bestimmt. Das<br />

ist eine Lehre der reformatorischen<br />

Theologie.<br />

Unter den Theologen wird heftig mit<br />

unterschiedlichen Ergebnissen nachgedacht,<br />

wie man sich die leibliche Auferstehung<br />

vorstellen kann. Der kirchenkritische<br />

Brahms hat sich hier einfach<br />

aus der Diskussion über dieses Thema<br />

ausgeklinkt und sich damit nicht mehr<br />

intellektuell, sondern nur noch musikalisch<br />

auseinandergesetzt.<br />

Die „Lehre von den letzten Dingen“ ist<br />

ein weites Feld. In den christlichen Konfessionen<br />

machen Theologen selbst im<br />

eigenen Lager darauf unterschiedliche<br />

Vorschläge für mögliche Antworten.<br />

Diese dogmatischen Entwürfe können<br />

hier nicht ausgebreitet werden. Das<br />

Wenige, das dargestellt ist, zeigt aber<br />

schon, das Brahms nicht die Zugehörigkeit<br />

zur Christenheit abgesprochen<br />

werden darf. 12)<br />

30 NC 2 / <strong>08</strong><br />

Wenn wir Brahms in seiner Textauswahl<br />

beim Wort nehmen, handeln seine<br />

ausgesuchten Bibelstellen vom<br />

Trost im Leiden und Sterben und von<br />

der Todesüberwindung durch die Aufnahme<br />

der Toten in eine neue Heimat<br />

bei Gott. Diese Gedanken stehen in<br />

großer Nähe zu der Lehre des Alten<br />

Testamentes. Seine Haltung ist aber<br />

nicht unchristlich. Auch wenn Jesus<br />

nicht ausdrücklich genannt wird, ist das<br />

deutsche Requiem insgesamt ein Werk<br />

des liebenden, tröstenden, verzeihenden<br />

Christentums.<br />

Die dogmatisch ungebundene Textauswahl<br />

und die wortdeutende Vertonung<br />

machen es Menschen aller Konfessionen<br />

möglich, Antworten auf die<br />

Fragen nach den letzten Dingen: Leben,<br />

Tod und Ewigkeit zu finden. Tröstung in<br />

Trauer und Lebenshilfe durch biblische<br />

Wortverkündigung im Konzertsaal ist<br />

wohl das eigentliche Geheimnis der<br />

zeitübergreifenden Wirksamkeit dieser<br />

Komposition von Johannes Brahms.<br />

Aber auch die christlichen Kirchen<br />

dürfen getrost ihre Pforten für das<br />

Brahms-Requiem öffnen; gründet sich<br />

die Komposition doch auf die biblische<br />

Botschaft. Die christlichen Zuhörerinnen<br />

und Zuhörer werden mit ihrem<br />

Wissen um die Heilstat Gottes durch<br />

Jesus Christus aus den Worten und<br />

der Musik den Trost des Evangeliums<br />

auf besonders ansprechende Weise<br />

direkt heraushören, seien sie nun in ihrem<br />

Glauben gewiss oder gleichgültig,<br />

fernstehend oder zweifelnd geworden.<br />

So wird die Musik zu einem eigenständigen<br />

Medium der Verkündigung und<br />

eröffnet einen eigenen Zugang zu den<br />

biblischen Inhalten des Werkes.

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