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kostumkunde für sammler

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I. Das historische Kostüm.<br />

Es ergeht uns mit diesem Typ wie mit dem sog. „Gretchenkostiim",<br />

indem wir über den graziösen Baseler Frauentrachten des<br />

Hans Holbein, die ihm zugrunde lagen, die minder schönen des<br />

ganzen übrigen damaligen Deutschlands vergessen und wie mit der<br />

Rokokotracht, von der wir auch nur einen bestimmten Typ in unsern<br />

geistigen Besitz genommen haben. So schwebt uns als „Biedermeiertracht"<br />

nur das graziöse luftige Gesellschaftskleid vor, jene Tracht<br />

der Backfische und jungen Frauen, die zu Lannerschen und Straußschen<br />

Walzern das Leben heiter und sorglos genossen. Wir vergessen,<br />

daß der Reiz des Kostüms eigentlich auf seinen Exzessen beruht,<br />

in den übertrieben weiten Ärmeln und der übermäßig geschnürten<br />

Taille und der tendenziösen Vergrößerung des Kopfes durch einen<br />

kunstvoll hohen Lockenbau — wir vergessen auch, daß dasselbe<br />

Kostüm bei den von der Natur stiefmütterlich vernachlässigten<br />

Figuren und den bereits zur berechtigten Fülle gediehenen älteren<br />

Damen recht plump wirken und insofern nicht den durchgehenden<br />

Anspruch auf allgemeine Kleidsamkeit machen konnte, wie das<br />

Rokoko-Kostüm. Demnach erscheint im Bilde, das die Kunst von<br />

der Zeit hinterlassen hat, die Biedermeiertracht wie ein schwacher<br />

Abglanz des Rokoko. Äußerlich nur und scheinbar. Weil sie uns<br />

als Ausdruck einer harmlos lebensfrohen Volksseele geschildert wird,<br />

einer tändelnden, sorglosen Zeitstimmung. In Wirklichkeit konnte<br />

sie diesen Anspruch gar nicht erheben, denn in ihr sowie in der nun<br />

folgenden Periode fehlt jeder sichtbare Zusammenhang zwischen<br />

der Tracht des Menschen und seiner Umgebung, es fehlt die Stileinheit,<br />

welche die Rokokotracht und noch die Tracht der klassizistischen<br />

Periode mit ihrer Zeit verband. Aber wenigstens geben<br />

formale Analogien zwischen dem männlichen und weiblichen<br />

Kostüm das Bild einer gewissen Einheitlichkeit, und zwar, nebenbei<br />

bemerkt, zum letzten Male in der Kostümgeschichte. Das sich<br />

von nun an gleich bleibende Männerkostüm konnte keinem neuen<br />

Zeitgedanken mehr Ausdruck verleihen.<br />

Aller geschichtliche Wandel beruht auf Gegensätzen. Hatte die<br />

klassizistische Tracht das Bestreben, die Figur statuenhaft zu verlängern,<br />

so drängt jetzt die Entwicklung zu einer Ausdehnung in<br />

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