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Jahrbuch des Geschichtsvereins für das Herzogtum Braunschweig ...

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Digitale Bibliothek <strong>Braunschweig</strong><br />

M. NIEBOU!I.<br />

wir über die Mannheimer Aufführungen <strong>des</strong> "Julius von Tarent" i. J.<br />

1784, deren zweien Schiller beiwohnte. Dieser selbst freilich schreibt,<br />

nachdem er zum 2. Male der Aufführung beigewohnt hati): "Julius von<br />

Tarent ist vortrefflich, beinahe besser als <strong>das</strong> erstemal ausgefallen." So meint<br />

Schiller, der gerade im Jahre zuvor in Bauerbach sich am innigsten mit dem<br />

"Julius" befreundet hatte 2 ). Anders klingen die bühnenkritischen Urteile, so<br />

die bekannte Besprechung <strong>des</strong> Freiherrn von Dalberg 3 ) selbst, der <strong>das</strong><br />

Stück zur Aufführung brachte, weil es ihm beim Lesen gefallen hatte. Er beginnt<br />

mit der unumwundenen Erklärung: "Die Vorstellung <strong>des</strong> Stückes brachte<br />

im Ganzen die Wirkung nicht hervor, die man sich beim Lesen davon versprechen<br />

konnte." Er hebt dann die Vorzüge <strong>des</strong> Stückes heraus, schiebt einen<br />

Teil der Schuld am Misslingen den Darstellern zu, welche <strong>des</strong> Dichters Absicht<br />

hätten "erhöhen" sollen, kommt aber zu dem Resultat, <strong>das</strong> Stück passe<br />

besser ins Studierzimmer als auf die Bühne. - Ein noch schärferes Urteil<br />

sprach bald darauf in Schillers Gegenwart Iffland aus 4 ), er bekannte, er selbst<br />

sei als Fürst von Tarent kalt geblieben und <strong>das</strong> Publikum auch. - Von andem<br />

Aufführungen wird uns wenig berichtet S ). Im ganzen stimmen also die<br />

Vorurteil <strong>des</strong> Publikums, <strong>das</strong> ihn durchaus nur in komischen Rollen sehen wollte. Als er<br />

dann '780 den Guelfo spielte, erschütterte er (nach Meyer S. 351) in dieser Rolle mehr<br />

als Brockmann, ja, "<strong>das</strong> ganze Stück machte tieferen Eindruck und hat ihn überall gemacht,<br />

wo Schröder Guelfo war." Auch Schröder selbst berichtet am I. 10. 1780: "Mein Guelfo<br />

hat Brockmann die letzte Stütze entrissen, an die er sich in Hamburg noch lehnte." -<br />

Über die ersten Hamburger Aufführungen urteilt dann noch der "Neue gelehrte Mercurius"<br />

(Altona '776 S. 220), die Zwillinge seien "eins der vorzüglichsten Producte, die jemalen<br />

auf deutschem Boden gewachsen sind", bei der Aufführung vergesse "jeder, der es beurteile<br />

und fühle, alle Critik", daran sei freilich auch die Darstellung <strong>des</strong> Guelfo durch<br />

Brockmann und <strong>des</strong> Grimaldi durch Schröder schuld. Ähnlich urteilt Boie, der Freund<br />

Leisewitzens;- (Rieger a. a. O. S. 105) über die Aufführung der Zwillinge in Hannover:<br />

"Ein Stück voll Kraft und, wie mirs scheint, Überkraft. Brockmann spielte so, <strong>das</strong>s ich<br />

über ihn den Gang <strong>des</strong> Stückes vergass", und die erschütternde Wirkung dieses "schrecklichen"<br />

Stückes auf ein gären<strong>des</strong> Knabengemüt schildert uns Anton Reiser (a. a. O. III<br />

S. '79 u. IV S. '4): "Er vergass den Fürstensohn und alle die Verhältnisse eines Fürstensohns<br />

und fand nur sich in dem unterdrückten Guelfo wieder." - Das alles sind keine<br />

literarischen Urteile, aber sie schildern einstimmig die grosse, wenn auch aufregende Wir.<br />

kung der Aufführung, und sie lob e n ausnahmslos die Darsteller.<br />

') Brief an Dalberg 4. 6. 1784 (Jonas, Schillers Briefe I, 187). ") Brief an Rein·<br />

wald '4. 4. '783. ") Sie steht im Dresdener Schillerbuch S. 268, <strong>das</strong> auch Kutschera<br />

citiert. ') Martersteig a. a. O. S. 256. 5) Interessant ist auch <strong>das</strong> Schicksal der beiden<br />

Stücke in Wien. Wlassak's Chronik <strong>des</strong> k. k. Hof-Burgtheaters" (Wien 1876) gibt zur<br />

Aufführung <strong>des</strong> "Julius" i. J. '785 nur eine kurze Notiz, während sie berichtet, <strong>das</strong>s die<br />

"Zwillinge" nicht gefielen, <strong>das</strong>s aber Kaiser Josef dem Darsteller <strong>des</strong> Guelfo ein Geschenk<br />

von '00 Dukaten verlieh. Aus der "K. K. Realzeitung·' (Wien 1777) lässt s!ch dann beim<br />

Publikum eine starke Parteinahme <strong>für</strong> <strong>das</strong> letztere Stück herauslesen, während es vom<br />

Hofe verboten wird.<br />

http://www.digibib.tu-bs.de/?docid=00042092

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