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Jahrbuch des Geschichtsvereins für das Herzogtum Braunschweig ...

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Digitale Bibliothek <strong>Braunschweig</strong><br />

BEITRAGE ZUR KE N NTN IS DES DICHTE RS LEISEW ITZ 83<br />

sicher, vielmehr dürfte er ihm mehr Ab- als Zuneigung eingeflösst haben.<br />

Im Jahre 1779 1 ) hat er einen "entsetzlichen" Traum: "alles im neuesten<br />

Geschmack ohne Einheit, Ordnung und Zusammenhang - kein Gedanken<br />

an den Aristoteles." Das ist gewiss eine deutliche Absage an <strong>das</strong> Drama der<br />

Stürmer und Dränger. - Ja, auch Goethes "Werther" hat er nur ganz allmählich<br />

schätzen gelernt, obgleich der ihm ja viel näher steht. Nachdem er<br />

am 28. August 1780 die Lektüre <strong>des</strong> "Werther" zum zweitenmale vollendet<br />

hat, bemerkt er in sein Tagebuch: "Ich finde <strong>das</strong>s die Idee die ich davon gehabt<br />

habe lange nicht hoch genug gewesen ist, wahrscheinlich kam <strong>das</strong> daher<br />

<strong>das</strong>s ich <strong>das</strong> Buch zum ersten mahl zu flüchtig gelesen habe, ich erinnere mich<br />

noch deutlich <strong>das</strong>s <strong>das</strong> in <strong>Braunschweig</strong> in meiner Schwester Hause als ich<br />

aus Göttingen zum Besuch da war geschahe." Wann dieser Besuch stattfand,<br />

lässt sich vermuten. Im Oktober 1774 verliess Leisewitz die Universität <strong>für</strong><br />

immer, Mitte September erschien der "Werther." Wenn Leisewitz in der<br />

Zwischenzeit noch in <strong>Braunschweig</strong> war (und man darf bei ihm wohl nicht<br />

zweifeln, wenn er sich "deutlich" erinnert), so wird <strong>das</strong> die "notwendige<br />

Reise" gewesen sein, die ihn am 24. September verhinderte, Klopstock in<br />

Göttingen zu sehen 2 ). Er hat also den "Werther" gleich nach <strong>des</strong>sen Erscheinen<br />

gelesen, ohne einen tiefen Eindruck von ihm zu empfangen, und<br />

damals war der "J ulius von Tarent" fast vollendet. Als er ihn dann zum 3.<br />

Mal mit seiner Frau gelesen hat, schreibt er in sein Tagebuch (6. 2. 1787):<br />

"Mir deucht <strong>das</strong> Buch hatte nie eine so grosse Wirkung auf mich gethan. Wie<br />

lebendig Alles da steht! wie bis zur Nothwendigkeit natürlich der Weg <strong>des</strong><br />

Unglücklichen von den Entzückungen zum Selbstmorde ist." Inzwischen hatte<br />

Leisewitz auch Goethe persönlich kennen gelernt und ein offenbar vorhandenes<br />

Vorurteil allmählich überwunden. So schreibt er vor der Reise in sein<br />

TagebuchS): "Wenn ich in Weimar - oder was unendlich besser wäre -<br />

in Gotha ankommen könnte, so wäre es mir sehr lieb. Ich gienge lieber nach<br />

Gotha als nach Meiningen und lieber nach Meiningen als nach Weimar." Nach<br />

der ersten Bekanntschaft aber heisst es'): "Er gefiel mir doch (!) sehr", nach<br />

der zweiten'): "Zu Goethen, der mir doch (!) ungemein gefiel ..... nur um<br />

den Mund einige unangenehme ZOge." Zu einem näheren Verhältnis kam es<br />

aber offenbar auch jetzt nicht 6 ). - Jedenfalls steht fest, <strong>das</strong>s sich Leisewitz<br />

1774 während der Arbeit am "Julius von Tarent" von den Stürmern und<br />

Drängern am Rhein ganz fern hielt.<br />

Wohl aber konnte er durch seine Göttinger Freunde auf den dramatischen<br />

Genius hingeführt werden, der von heiden Dichtergruppen schwärmerisch<br />

') s. Tagebuch vom 24. Juni 1779., ") Kutschera a. a. O. S. 16. ") abgedruckt<br />

eh. S. 40. ') abgedruckt eb. S. 42. ö) vgl. Kutschera a. a. O. S. 43.<br />

6*<br />

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