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Jahrbuch des Geschichtsvereins für das Herzogtum Braunschweig ...

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Digitale Bibliothek <strong>Braunschweig</strong><br />

HEINRICH MACK<br />

soldung stehende Dienerschaft, d. h. die Beamten, ist mit ganz wenigen Ausnahmen<br />

bei ihren aufs knappste bemessenen Geh:tltern und der gegenw:trti·<br />

gen enormen Teuerung aller Lebensmittel, die bald manchen Geber in einen<br />

Unterstützungsbedürftigen verwandeln wird, nicht entfernt in der Lage mehr<br />

zu leisten. Der Gewerbetreibende, <strong>des</strong>sen Wohlstand grösser scheint als er<br />

ist, wird gleichfalls durch die Teuerung im Verein mit der gesteigerten Lebenshaltung<br />

daran gehindert, seinen wöchentlichen Beitrag zur Armenkasse von<br />

4, 6 oder 8 Pfennigen zu erhöhen. So ware der einzige Stand, von dem man<br />

betr:tchtIiche Zeichnungen erwarten könnte, die Kaufmannschaft. In<strong>des</strong> befindet<br />

sich deren vornehmer und wohlhabender Teil in weitverzweigten Familienverbindungen,<br />

die zu grossem geselligen Aufwande in Gastereien, Klubs<br />

usw. Anlass geben, so <strong>das</strong>s auch diese Klasse sich der Armut nicht so annehmen<br />

wird, wie sie es vermöchte und sollte. Man muss also - und damit<br />

zieht Rodemeyer einen höchst bemerkenswerten Schluss -, um wirklich jedem<br />

Armen helfen zu können, die freiwilligen Beiträge der Bürger durch<br />

öffentliche Abgaben!) ersetzen. Sogar in Hamburg, "wo Wohlthun eines jeden<br />

edeldenkenden Burgers ernster Wille ist", werden zur Deckung von Kassendefekten<br />

der Armenanstalten vom Senate die sogenannten Grabengelder ausgeschrieben,<br />

"und bis jezt hat noch kein patriotisch denkender Bürger jener<br />

Stadt sich dieser Verfugung murrend widersezt". Aber auch in <strong>Braunschweig</strong><br />

selbst fehlt es an einer Art Präzedenzfall nicht. "Fand man im Jahre J 770,<br />

wo Noth-Umst:tnde es erforderten, die Einführung einer Kopf-Steuer <strong>für</strong> <strong>das</strong><br />

Publikum nicht zu druckend, warum sollte die Einführung einer Armen­<br />

Steuer, die die Erfüllung der ersten Pflicht eines jeden rechtschaffenen<br />

Mannes zum Gegenstande hat, härter seyn?" Freilich steht die Verordnung<br />

vom 29. Juli J 742, die besagt, <strong>das</strong>s aus den freiwilligen Beiträgen <strong>für</strong> die<br />

Armen nie eine Steuer oder dergleichen gemacht werden solle, der Einführung<br />

einer Armensteuer durchaus entgegen. Aber damals bezeigte man sich,<br />

wie der Anfang der V (!j ordnung selbst lehrt, höchst liebreich und milde bei<br />

den wöchentlichen Sammlungen, damals bedurfte es also keiner Zwangsmittel,<br />

"jezt aber denkt man so liebreich, so milde gegen die Armen nicht".<br />

Demnach ist der Herzog - so meint Rodemeyer zweifellos, wenn er es auch<br />

nicht ausdrücklich sagt - nicht mehr durch jene Verordnung gebunden.<br />

Dass Rodemeyer mit seiner Bemängelung <strong>des</strong> Leisewitzsehen Voranschlages<br />

den wunden Punkt <strong>des</strong> Planes getroffen hat, wird uns vollends klar, wenn<br />

wir seine Darlegungen durch die hierher gehörigen v. Biels und du Rois ergänzen<br />

und auf <strong>das</strong> richtige Mass zurückführen. v. Biel weist zunächst darauf<br />

1) Als ultima ratio, namentlich in monarchisch regierten Staatswesen, auch schon von Büsch<br />

(a. a. O. S. 402) empfohlen.<br />

http://www.digibib.tu-bs.de/?docid=00042092

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