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Untitled - Staatliche Hochschule für Gestaltung Karlsruhe

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Khrzhanovskij oder Jurij Norsteijn <strong>für</strong> den Zeichentrickfilm, oder Vadim<br />

Kurchevskij, Nikolaj Serebrjakov oder Stanislav Sokolov <strong>für</strong> den Puppentrickfilm,<br />

weisen in Gesprächen und Interviews immer wieder auf diese besondere Stimmung<br />

hin, in der ihre Werke entstanden – Trickfilm, mehr noch als Spielfilm, ist ein<br />

Gemeinschaftswerk mit klar umrissenen, weitgehend unabhängig voneinander<br />

funktionierenden Schaffensprozessen, und die Mitarbeiter und Co-Autoren sind<br />

immer auch ein unentbehrlicher Teil des Produktionsablaufs. In dieser Hinsicht bot<br />

das Sojuzmul’tfil’mstudio in den siebziger und achtziger Jahren eine hervorragende<br />

Grundlage <strong>für</strong> alle seine beteiligten Künstler.<br />

Die Periode der siebziger und achtziger Jahre weist aber noch eine besondere,<br />

paradoxe dritte Eigenschaft auf, auf die man in Gesprächen und beim Lesen von<br />

Artikeln immer wieder stößt: Diese Jahre waren eine Glanzzeit, künstlerisch wie<br />

materiell; man drehte einen Film nach dem anderen und konnte davon ausgehen,<br />

daß man auch nach dem Ende des Projektes, an dem man gerade arbeitete, wieder<br />

einen Platz in einem der vierzig bis fünfzig Filme, die jährlich gedreht wurden, fand.<br />

Obwohl von künstlerischer Freiheit nur eingeschränkt die Rede sein kann (immerhin<br />

blieben theoretisch-didaktische Einschränkungen, die davon ausgingen, daß<br />

Trickfilm nur ein Medium <strong>für</strong> Kinder sei, bestehen, wenn auch in abgeschwächter<br />

Form), bot das System doch eine materielle Sicherheit, von der Studios in der<br />

kapitalistischen Welt nur träumen konnten. In manchen Fällen hängt es sicherlich<br />

auch mit dem Alter der Künstler zusammen, aber es ist doch auffällig, daß mit der<br />

Perestroika, und damit mit der Anwendung marktwirtschaftlicher Prinzipien, viele<br />

bis dahin aktive Mitglieder der Szene in den Ruhestand gingen – der Wettbewerb<br />

wurde härter, und nicht jeder war glücklich darüber, sich nun, nachdem keine<br />

thematischen Einschränkungen mehr gemacht wurden, im Budget einschränken zu<br />

müssen. Die Freiheit war also ein zweischneidiges Schwert, zumindest <strong>für</strong> jene, die<br />

ihr Leben lang da<strong>für</strong> gekämpft hatten, eine eigene Sicht der Dinge an den offiziellen<br />

Stellen vorbeizumanövrieren, und <strong>für</strong> die mit dem Wegfallen der Kontrollen auch<br />

ein Teil des Stimulus wegfiel, der sie bis dahin getrieben hatte.<br />

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