Untitled - Staatliche Hochschule für Gestaltung Karlsruhe
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Volksmärchen und Tierfabeln, ihre Umsetzung im unverfänglichen und lebensnahen<br />
Stil des bereits erwähnten Éclair wurde eine kindliche Gegenrealität verordnet, die<br />
belangloser nicht sein könnte.<br />
Dementsprechend zeichnen sich die wenigen aus der Masse herausragenden<br />
Filme, die während der Zeit des Stalinistischen Realismus entstanden, dadurch aus,<br />
daß sie sich sowohl vom Fabelcharakter als auch von der gängigen Stilisierung<br />
soweit als möglich absetzen. Wenn man die oben beschriebenen Einschränkungen<br />
beachtet, aus deren Korsett auch diese Filme nicht komplett ausbrechen konnten,<br />
gibt es eine Reihe von Werken, die sich in erzählerischer und künstlerischer Qualität<br />
vom Großteil der im Éclair-Stil produzierten Filme unterscheiden.<br />
Ein Beispiel ist der von den Brumberg-Schwestern gedrehte Film „Fedja Zaitsev“<br />
(„Федя Зайцев“, 1948, Abb. 43). Die Geschichte des Films ist eher ermüdend: Ein<br />
Schuljunge, Fedja, kritzelt ein Strichmännchen an die Wand des Korridors und sieht<br />
zu, wie ein anderer da<strong>für</strong> bestraft wird. In der Nacht erwacht das Männchen aber<br />
zum Leben, läuft zu Fedja in die Wohnung und quält ihn so lange, bis er am nächsten<br />
Tag vor versammelter Klasse sein Vergehen eingesteht. So weit, so erzieherisch<br />
wertvoll. Was den Film aber interessant macht, ist eben jenes Männchen, das von<br />
allen physikalischen Gesetzen unabhängig durch den Film tollt. Hier kommt hin und<br />
wieder eine Ahnung davon auf, zu was Trickfilm eigentlich fähig wäre – auf der<br />
anderen Seite wird aber auch sichtbar, welche Beschränkungen sich die sowjetischen<br />
Animatoren selbst auferlegen. Felix the Cat oder ein character von Tex Avery z.B. hätte<br />
die Entfernung zwischen Boden und Fedjas Fenster mit einem Sprung bewältigt und<br />
dabei noch Pirouetten geschlagen, ein nüchternes Strichmännchen sowjetischer<br />
Prägung, sich seiner pädagogischen Wirkung immer bewußt, läßt sich zu solchen<br />
Eskapaden aber nicht hinreißen, sondern steigt konservativ eine Treppe hinauf, auch<br />
wenn die nur auf die Hauswand gezeichnet ist.<br />
Auch der Film „Der Waschtisch“ („Мойдодыр“, 1939, Abb. 77) von Ivan<br />
Ivanov-Vano überzeugt durch die Qualität seiner Animation. Als Vorlage dient ein<br />
Gedicht des berühmten Kinderbuchautors Sergej Mikhalkov, das vom Dreckspatzen<br />
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