Untitled - Staatliche Hochschule für Gestaltung Karlsruhe
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Die Disney-Hypnose: Mythos oder Wirklichkeit?<br />
Sowjetischer Trickfilm von den Anfängen bis zum Beginn des „Tauwetters“<br />
„Das staatlich-ästhetische Bewußtsein in der Kultur 2 besteht in<br />
der Erschaffung des Lebens nach den Gesetzen eines Epos. Das Epos<br />
in der Kultur 2 bedeutet die Erschaffung von Volksliedern<br />
nach den Gesetzen der Staatsmacht.“<br />
Vladimir Paperny, Kultura 2 26<br />
Die Emigration Ladislas Starevichs 27 nach Frankreich während des Bürgerkrieges<br />
1919 brachte die russische Trickfilmproduktion, die bis dahin von Filmen aus dem<br />
Studio seines Arbeitgebers, des ebenfalls emigrierten Unternehmers Aleksandr<br />
Khanzhonkov, dominiert worden war, vorerst zum Stillstand. Während der Meister<br />
in seinem Atelier im Dachgeschoß seines Hauses im Pariser Vorort Fontenay-sous-<br />
Bois alleine oder nur mit Hilfe seiner Tochter seine Visionen verwirklichte, wurde in<br />
der Sowjetunion seit Ende der Zwanziger Jahre eine ganze Trickfilmindustrie aus der<br />
Taufe gehoben, die zunächst vor allem kurze Propaganda-Spots produzierte, um so<br />
„learning by doing“ die ersten sowjetischen Trickfilme zu drehen 28 .<br />
Trickfilmabteilungen waren dabei generell großen Spielfilmstudios wie Mosfil’m<br />
oder Mezhrabpomfil’m angeschlossen und produzierten relativ unabhängig<br />
26 Vladimir M. Paperny, Kultura 2, Ann Arbor: Ardis, 1985, p. 243.<br />
27 Zu diesem Pionier des frühen Trickfilms cf. http://en.wikipedia.org/wiki/Starevich<br />
28 Die frühen Pioniere waren in diesem Zusammenhang auch immer bemüht, ihrem Arbeitsfeld die<br />
gebührende Aufmerksamkeit zuteil werden zu lassen, „привлечь внимание и интерес к этому<br />
важному и интересному участку кинематографии“ (Мультипликационный фильм, Москва:<br />
Кинофотоиздат, 1936, S. 3) und ihre ästhetischen Experimente theoretisch zu untermauern. Ein<br />
Beispiel hier<strong>für</strong> ist der Sammelband „Animationsfilm“, der 1936 herauskam und der Aufsätze der<br />
drei wichtigsten Regisseure der Zeit enthält: Nikolaj Khodataev, Ivan Ivanov-Vano und Aleksandr<br />
Ptushko. Zunächst werden theoretische Überlegungen über den Trickfilm angestellt (etwa im<br />
Kapitel „Ритмическая связь между графическим формами и формами движения“), darauf<br />
folgend werden technische Einführungen in die verschiedenen Genres des Trickfilms gegeben, die<br />
die Umsetzung der vorher beschriebenen Probleme veranschaulichen sollen. Das Buch faßt so die<br />
Bemühungen der Studios während des vorangegangenen Jahrzehnts zusammen, eine dem neuen<br />
Medium entsprechende Bildsprache zu finden, und kann gleichzeitig als Nachruf auf die frühen,<br />
experimentellen Jahre betrachtet werden, die mit dem Aufkommen des Sozialistischen Realismus zu<br />
Grabe getragen werden: „Перед нашей мультипликацией стоят те же проблемы, которые<br />
поставленный перед советской искусства в целом: Создание стиля социалистического<br />
реализма,“ schreibt G. Roshal in der Einführung (S.5).<br />
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