Storys aus dem Deutschen Alltag 1989 - 2008 - Storyal
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Parallelen und Unterschiede<br />
menschen) und weil sie nicht frei in ihren<br />
Entscheidungen sind.<br />
• Die Macht ist anonym. Wenn man sich beschwert<br />
bekommt man die Antwort, die<br />
ich seit 40 Jahren höre: Ich war es nicht.<br />
Ich kann nichts dafür. Ich kann es nicht<br />
ändern.<br />
• Offiziell war auch die DDR wie die Bundesrepublik<br />
eine repräsentative Demokratie.<br />
Ist es wirklich nicht vorstellbar, dass<br />
die Demokratie a la Bundesrepublik unter<br />
<strong>dem</strong> Einfluss rechter oder linker radikaler<br />
Parteien in ähnlicher Weise zu pervertieren<br />
ist?<br />
So wie es erstaunliche und beängstigende Parallelen<br />
gibt, sind aber auch ganz wesentliche Unterschiede<br />
zwischen der Bundesrepublik und der DDR <strong>aus</strong>zumachen:<br />
• Der Pluralismus ist das absolut beste an<br />
dieser Gesellschaft. Es ist für intellektuelle<br />
Menschen eine wirkliche Wohltat, dass sie<br />
nicht gezwungen sind, ständig nur <strong>dem</strong> gerade<br />
Mächtigen nach <strong>dem</strong> Munde zu reden.<br />
Diese Welt ist pluralistisch und komplex,<br />
keiner hat ein Abonnement auf die Wahrheit<br />
und schon gar nicht auf Unfehlbarkeit<br />
(<strong>aus</strong>ser <strong>dem</strong> Papst...). Es gehört Grösse<br />
dazu, diese Tatsache zur Staatsphilosophie<br />
zu machen.<br />
• Im Gegensatz zur DDR besitzt die BRD<br />
keine gesellschaftliche Vision, sie setzt sich<br />
keine moralischen oder ethischen Ziele, sie<br />
besitzt auch keine. Die ehemals christlichen<br />
Werte sind zur Farce verkommen. Die DDR<br />
verfolgte offiziell eine „historische Mission“<br />
die Menschheit zu neuen, besseren Ufern<br />
zu führen. Dass die obersten Genossen sich<br />
schon sehr früh von diesen Idealen verabschiedet<br />
haben, zeigt nur wieder die Konvergenz.<br />
• Der Begriff „Freiheit“ war für mich in der<br />
DDR immer hohl. Ich hatte den Eindruck,<br />
er ist generell gehaltlos. Und genau das<br />
stimmt nicht. In der Bundesrepublik gibt<br />
es an einigen Stellen wirklich Freiheit. Beispielsweise<br />
kann man sich mit Geld wirklich<br />
alles kaufen. Geld und Freiheit sind deshalb<br />
identisch. Aber auch die „Freiheit von Forschung<br />
und Lehre“ an einer Universität ist<br />
wirklich reale Freiheit. Einem berufenen<br />
Professor kann lebenslang keiner mehr vorschreiben,<br />
was er zu tun und zu lassen hat<br />
und wann bzw. ob er zur Arbeit erscheint.<br />
Ob diese Freiheit der Bundesrepublik nutzt<br />
...? Das steht auf einem anderen Blatt. Ich<br />
habe da so meine Zweifel.<br />
• Geld war in der DDR nichts wert, hier ist es<br />
alles. Was Geld eigentlich ist, erkennt man<br />
erst mit einer konvertierbaren Währung. In<br />
der DDR habe ich mehrfach gesagt, auch<br />
wenn ich 500.000 ‚Mark der DDR‘ hätte,<br />
wie sollte ich sie <strong>aus</strong>geben? Ich konnte<br />
mir keinen Hubschrauber, kein Grundstück<br />
und nicht einmal sofort ein Auto kaufen.<br />
Auch auf Reisen konnte ich nur mit Mühe<br />
gehen, dann aber fast umsonst! Das ist jetzt<br />
komplett anders.<br />
• Es gibt grosse soziale und tatsächlich auch<br />
Klassenunterschiede, die es in der DDR<br />
nicht gab. Mehr oder weniger waren alle<br />
gleich reich oder arm. Die Nivellierung ging<br />
bis dahin, dass ich entsetzt darüber war, als<br />
ich nach der Wende sah, in welchem Stil<br />
unsere grossen Führer in Wandlitz gelebt<br />
haben: Nicht besser, als ein Kleinbürger<br />
in Recklingh<strong>aus</strong>en an seinem Feierabend:<br />
Im Plüschsessel mit Schrankwand vor <strong>dem</strong><br />
Fernseher mit „Widschohrekohrdahr“. Erstaunlich<br />
ist auch, nach welch‘ kurzer Zeit<br />
es auch in Neufünfland Obdachlose und<br />
Millionäre gab und gibt.<br />
• Die Kriminalitätsrate ist heute wesentlich<br />
grösser als in der DDR. Das hat sicher<br />
zwei Gründe. Erstens ist das soziale Gefälle<br />
grösser, deshalb ist auch die Not vieler<br />
Menschen so gross, dass sie fast zwangsläufig<br />
kriminell werden. Ausser<strong>dem</strong> kann sich<br />
im Gegensatz zu DDR-Zeiten ein richtiger<br />
Coup wirklich lohnen. Wo war in der DDR<br />
wirklich was zu holen und wo sollte man<br />
seine Beute verjubeln?! Schwer, wenn man<br />
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