Psy<strong>ch</strong>is<strong>ch</strong>e <strong>Gesundheit</strong> 55
Diskussion Der Grossteil der Basler Jugendli<strong>ch</strong>en s<strong>ch</strong>ätzt seine psy<strong>ch</strong>is<strong>ch</strong>e <strong>Gesundheit</strong> – wie au<strong>ch</strong> s<strong>ch</strong>on in der Befragung 2007 – als gut bis sehr gut ein (88%). Unters<strong>ch</strong>iede zeigen si<strong>ch</strong> aber vor allem hinsi<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong> des Ges<strong>ch</strong>le<strong>ch</strong>ts: So geben die Mäd<strong>ch</strong>en an, psy<strong>ch</strong>is<strong>ch</strong> weniger gesund zu sein («mittel» und «s<strong>ch</strong>le<strong>ch</strong>t»: 16%) als die Jungen (8%). Das bedeutet aber ni<strong>ch</strong>t, dass Jungen potentiell weniger von psy<strong>ch</strong>is<strong>ch</strong>en Problemen betroffen sein können. Die Resultate könnten vielmehr darauf hindeuten, dass Mäd<strong>ch</strong>en ihre Probleme einfa<strong>ch</strong>er verbalisieren und si<strong>ch</strong> au<strong>ch</strong> besser mit ihnen auseinandersetzen können. Jungen geben dafür häufiger an, unter körperli<strong>ch</strong>en Bes<strong>ch</strong>werden zu leiden, was sowohl Ausdruck einer somatis<strong>ch</strong>en wie au<strong>ch</strong> psy<strong>ch</strong>is<strong>ch</strong>en Belastung sein kann. Der Förderung der psy<strong>ch</strong>is<strong>ch</strong>en <strong>Gesundheit</strong> der Jugendli<strong>ch</strong>en kommt ein hoher Stellenwert zu. Zwis<strong>ch</strong>enzeitli<strong>ch</strong>e Tiefs gehören zwar zur Entwicklung von Jugendli<strong>ch</strong>en dazu, sol<strong>ch</strong>e Krisen können aber au<strong>ch</strong> der Beginn einer psy<strong>ch</strong>is<strong>ch</strong>en Erkrankung sein, wie zum Beispiel einer Depression mit zum Teil erhebli<strong>ch</strong>er Suizidgefährdung. So ist Suizid gerade bei Jugendli<strong>ch</strong>en na<strong>ch</strong> Verkehrsunfällen die häufigste Todesursa<strong>ch</strong>e, insbesondere bei männli<strong>ch</strong>en Jugendli<strong>ch</strong>en (11). Dispositionen, wie beispielsweise psy<strong>ch</strong>is<strong>ch</strong>e Erkrankungen bei Elternteilen, erhöhen das Risiko, dass Jugendli<strong>ch</strong>e erkranken. Viele Warnsignale von depressiven Verstimmungen sind Merkmale normaler pubertärer Entwicklungen, wie zum Beispiel Gereiztheit, Vers<strong>ch</strong>lossenheit oder Unzufriedenheit mit si<strong>ch</strong> sel<strong>bs</strong>t und der Welt. Es ist daher wi<strong>ch</strong>tig, dass Lehrpersonen und Eltern auf mögli<strong>ch</strong>e Symptome und Erkrankungsbilder sensibilisiert sind und si<strong>ch</strong> re<strong>ch</strong>tzeitig an Fa<strong>ch</strong>personen wenden. Die Unters<strong>ch</strong>iede zwis<strong>ch</strong>en Mäd<strong>ch</strong>en und Jungen erfordern Präventionsmassnahmen, die den unters<strong>ch</strong>iedli<strong>ch</strong>en Bedürfnissen der Ges<strong>ch</strong>le<strong>ch</strong>ter gere<strong>ch</strong>t werden. Um psy<strong>ch</strong>is<strong>ch</strong>en Bes<strong>ch</strong>werden vorzubeugen, muss die <strong>Gesundheit</strong>sförderung mögli<strong>ch</strong>st früh ansetzen und den Fokus beispielsweise auf die Stärkung der Lebenskompetenzen und die Verbesserung der Stressbewältigung setzen. Der S<strong>ch</strong>ule kommt bei der Prävention eine S<strong>ch</strong>lüsselstellung zu, denn sie errei<strong>ch</strong>t alle Jugendli<strong>ch</strong>en in einer wi<strong>ch</strong>tigen Entwicklungsphase und bietet ihnen einen zentralen Lebensraum in einer wi<strong>ch</strong>tigen Entwicklungszeit. Eine Depression ist längst ni<strong>ch</strong>t mehr ein Thema, das nur Erwa<strong>ch</strong>sene betrifft. Die Krankheit wird bei Jugendli<strong>ch</strong>en allerdings no<strong>ch</strong> immer zu selten erkannt, da si<strong>ch</strong> die Krankheit individuell sehr unters<strong>ch</strong>iedli<strong>ch</strong> manifestiert. Ers<strong>ch</strong>werend ist für die Diagnosestellung die häufige Komorbidität mit Angststörungen, Störungen des Sozialverhaltens, Aufmerksamkeits- und Aktivitätsstörungen, Lernstörungen sowie Essstörungen und Su<strong>bs</strong>tanzmissbrau<strong>ch</strong>. Oft verdecken au<strong>ch</strong> auffälligere Probleme wie S<strong>ch</strong>ulversagen, S<strong>ch</strong>ulverweigerung, soziale Isolation oder aggressives und delinquentes Verhalten eine dahinter liegende Depression (12). Auslöser für eine Depression oder andere psy<strong>ch</strong>is<strong>ch</strong>e Erkrankungen im Jugendalter können belastende Lebensumstände wie Trennung der Eltern, längere Trennung von der Mutter, Umzug oder Verlust wi<strong>ch</strong>tiger Bezugspersonen, <strong>ch</strong>ronis<strong>ch</strong>er s<strong>ch</strong>ulis<strong>ch</strong>er Leistungsstress, Überforderung und Ausgrenzung aus der Gruppe der Glei<strong>ch</strong>altrigen sein. Psy<strong>ch</strong>is<strong>ch</strong>e Störungen können aber au<strong>ch</strong> ohne offensi<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong>e Auslöser auftreten. Genetis<strong>ch</strong>e 56