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72 dpi - p.machinery

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schen, den dieser kastenförmige Albtraum als nächsten in<br />

den Wahnsinn treiben würde. Nachts träumte ich, dass das<br />

verdammte Ding sich in der Dunkelheit in Schwefel und grünen<br />

Schleim auflöste und sich klammheimlich davonmachte,<br />

sodass ich noch nicht mal mein Geld zurückkriegte.<br />

Aber ich hatte die Rechnung ohne den Wirt gemacht: Dieser<br />

Monsterdrucker hatte noch ganz andere Tricks drauf, und<br />

seine Rache war infam: Canon hat zum Rausheben des Druckers<br />

aus dem Karton eine Art Pappschlaufe in den Karton<br />

eingelegt. Das Rausheben des Druckers mit dieser Schlaufe<br />

ist sehr schwierig, alles ist viel zu eng und ganz offensichtlich<br />

auf Kunden angelegt, die mindestens 1,80 sind und regelmäßig<br />

ihre Muckis trimmen. Beim Versuch, den Drucker wieder<br />

in den Karton zurückzuheben, ist die Pappe gerissen.<br />

Canon selbst betont in seinem (nur per CD zugänglichen)<br />

Handbuch immer wieder, dass dieser Drucker volle 10 kg<br />

wiegt und dass man aufpassen soll, dass er einem nicht auf<br />

den Zeh oder so was fällt. Offensichtlich wurden aber sowohl<br />

die Pappe als auch die Styropor-Verpackung zu schwach für<br />

dieses Gewicht gewählt: Der Drucker ruht im Karton mit seinem<br />

vollen Gewicht auf zwei Styropor-Stegen, die gerademal<br />

so dick wie mein kleiner Finger sind. Die waren schon beschädigt,<br />

als ich alles ausgepackt hatte. Geiz ist geil – sogar<br />

an der Verpackung wird noch gespart! Wie auch immer: Die<br />

Pappe riss, Nachgreifen am Styropor half nicht, denn das zerbrach,<br />

der Drucker krachte auf den Boden, und nun war er<br />

kaputt. Exitus. So wollte die Firma ihn nun auch nicht haben.<br />

Man empfahl mir, ich möge mich schriftlich an die Firma<br />

Canon wenden und mich beschweren. Habe ich getan –<br />

war natürlich völlig sinnlos.<br />

Nach soviel Ärger an der Druckerfront legte ich eine Pause<br />

ein, saß auf meiner Terrasse und lauschte in sentimentaler<br />

Stimmung einem Frosch, der vor sich hin quakte. Vielleicht<br />

auch schon behauptet, war aber nix). Nun, im dritten Versuch<br />

klappte es, ein deutscher Canon-Typ war dran und erklärte<br />

mir eiskalt, dass Canon-Drucker grundsätzlich keinen<br />

Broschürendruck können.<br />

Toll, toller, Tollhaus. Ich stand Kopf vor Freude.<br />

Theoretisch könnte man das sicher mit einem entsprechenden<br />

Programm umgehen. Theoretisch! Open Office z. B.<br />

bietet so was an. Ich habe Open Office. Der versprochene Broschürendruck<br />

funktioniert trotzdem nicht, weil das Aas von<br />

Canon sich a) den Teufel was um Open-Office-Befehle schert<br />

und b) sofort wieder bockt und seine alberne A5-Seite im manuellen<br />

Schacht verlangt. Ich bin drauf und dran, ihm Zähne<br />

anzudichten und ihn zu einem Schlagabtausch aufzufordern,<br />

bei dem ich ihm seinen manuellen Schacht polieren<br />

möchte, dass ihm seine dämliche Duplex-Einheit dorthin<br />

rutscht, wohin ich ihn anschließend zu treten gedenke. Ich<br />

habe sogar schon überlegt, ob er (wenn er sich nun schon so<br />

fast menschlich albern benimmt), irgendwo eine Stelle hat,<br />

an der man ihn nach Art der Kameltreiber auf Trab bringen<br />

kann – zwei Ziegelsteine, zusammenhauen, das Kamel<br />

macht »Huch« und rennt wie irre los. Aber nach einer solchen<br />

Behandlung würde der Händler den dämlichen Kasten<br />

sicher nicht mehr zurücknehmen!<br />

Wie auch immer: Unsere Wege mussten sich zwangsläufig<br />

wieder trennen. Ich entfernte seine Kabel, suchte ohne jede<br />

Spur von Trennungsschmerz seine Klamotten zusammen<br />

und besorgte eine Rolle doppelt klebendes Teppichband, um<br />

ganz unauffällig den Karton wieder zusammenzukleistern,<br />

aus dem man ihn auf die von Canon vorgesehene Weise<br />

höchstens mit Hilfe von drei bis fünf Tuben Gleitcreme raus<br />

bekäme – die dann aber wieder dem Drucker nicht bekämen.<br />

Die Rücknahme war bereits fest vereinbart und ich bedauerte<br />

schon im voraus den armen, nichts ahnenden Menhätte<br />

ich ihn suchen und küssen sollen – »Puff, in Wirklichkeit<br />

bin ich ein Drucker-Prinz!« (oder eine Prinzen-Rolle).<br />

Trotzdem brauchte ich einen Drucker. Diesmal war ich<br />

schlauer und holte mir einen HP. Mit Duplex und Booklet-<br />

Funktion. Nicht aus dem Internet, sondern aus einem Laden.<br />

Ich stellte ihn auf, installierte ihn, fütterte ihn mit Papier<br />

und einer Datei aus A5-Seiten, und er druckte mir auf A4-<br />

Blättern ein Klasse-Probe-Exemplar von einem Bestandskatalog<br />

aus. Zufrieden begab ich mich zu Bett.<br />

Aber am nächsten Morgen tat mein gerade noch so netter<br />

und folgsamer Drucker plötzlich, als wüsste er überhaupt<br />

nicht mehr, was ich von ihm wollte. Ich nahm die gleichen<br />

Einstellungen vor, verwendete das gleiche Papier, alles war<br />

wie gehabt, aber: Automatischen Duplex verweigerte er und<br />

verkleinerte die Texte auf Mäuseformat. Mit anderen Worten:<br />

Mein Drucker-Problem pflanzte sich erstmal munter fort. Anruf<br />

bei HP (Callcenter in Rumänien oder so ähnlich): kein<br />

Ergebnis. Versprochener Rückruf: kam nicht.<br />

Schließlich habe ich mir jemanden von dem Laden kommen<br />

lassen, bei dem ich das Dingens gekauft habe (ein Sklavenmarkt<br />

für arme unterdrückte elektronische Mitbürger –<br />

vielleicht vermisste er in Wirklichkeit bloß seine Mami und<br />

seine Geschwisterchen? Ich versuchte ihn mir gerade als Drucker-Säugling<br />

vorzustellen – süß, richtig sympathisch. Aber<br />

dazu war er eigentlich nicht da, verflixt noch mal!)<br />

Der Fachmann kam und konnte auch nicht rauskriegen,<br />

was dem Tierchen fehlte, aber er entdeckte immerhin eine<br />

Umleitung: Mein Drucker mag partout keine A5-Vorlagen –<br />

hat er was gegen, kann man nichts machen. Also sagte sich<br />

dieser pfiffige Mensch: »Lass doch dem Kind sein Spielzeug«<br />

und gab ihm A4-Vorlagen. Die verdaut mein Drucker ohne<br />

Magengrimmen, druckt brav zwei Seiten nebeneinander auf<br />

ein A4-Blatt, duplext munter vor sich hin, sortiert auch alles<br />

No. 4 • Januar 2010 andromeda extended magazine www.sfcd.eu • p. 102

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